Der Mann in Bradls Box: Crewchief Bourguignon

(Motorsport-Total.com) - Als Stefan Bradl in der Saison 2012 sein Rookie-Jahr in der MotoGP bestritt, lieferte der Deutsche konstant gute Leistungen ab und mischte munter im Mittelfeld mit. In der zweiten MotoGP-Saison fuhr Bradl in Laguna Seca seine erste Pole-Position heraus und fuhr im Rennen erstmals aufs Podium. Großen Anteil an Bradls Leistungen hat Crewchief Christophe Bourguignon, der von seinen Freunden einfach nur "Beefy" gennant wird.

Seit sechs Jahren gehört Bourguignon zum LCR-Team von Lucio Cecchinello. Im Fahrerlager ist "Beefy" ein beliebter Gesprächspartner. Der Belgier ist seit vielen Jahren ein fester Bestandteil des MotoGP-Paddocks. Doch welche Aufgaben hat ein Crewchief in der MotoGP überhaupt? Was muss Bourguignon an einem Rennwochenende wann und wie organisieren? Den Kollegen von 'MotoGP.com' hat er seine Tätigkeit genauer erklärt.

"Der Mittwoch ist der Tag, an dem die Boxeneinrichtung aufgebaut wird. Ich helfe dann den anderen Jungs", berichtet Bourguignon. "Am Donnerstagmorgen treffe ich die anderen Ingenieure, unter anderem die von HRC, Öhlins oder Bridgestone. Wir versuchen, Informationen über die Strecke auszutauschen und einen Plan aufzustellen. Am Donnerstagnachmittag treffe ich Stefan. Dann werten wir das vergangene Wochenende kurz aus. Ich versuche, ihm zu erklären, welche Bereiche wir verbessern sollten und welche gut waren - einfach eine kurze Zusammenfassung, um das Wochenende abzuhaken."

Bourguignon benötigt exakte Aussagen

"Danach sprechen wir über das bevorstehende Wochenende. Ich erinnere ihn an die Stellen, an denen er die Gänge wechseln muss. Wir sprechen dann auch über das Wetter. Wir müssen für alles vorbereitet sein. Am Freitagmorgen geht dann wie gewohnt das Rennwochenende los", erklärt der LCR-Crewchief, der bei den Stints am Kommandostand die Übersicht behält und den anderen Teammitgliedern Anweisungen gibt.

"Über die Boxentafel signalisieren wir Stefan, wie viele Runden wir in diesem Stint fahren. In beinahe jedem Stint muss Stefan unterschiedliche Mappings testen. Ich erinnere ihn, wann er die Mappings umstellen soll", berichtet Bourguignon. "Wenn er wieder an die Box kommt, besprechen wir die Eindrücke mit ihm. Zudem gebe ich den Mechanikern Anweisungen, mit welchem Motorrad wir weitermachen, wie viel Benzin aufgefüllt werden soll und ob Reifen gewechselt werden. Ich spreche parallel mit dem Reifenspezialisten, der die Reifen vorbereitet und auf den richtigen Druck achtet."

Bei der Suche nach dem perfekten Setup ist Bourguignon auf genaue Aussagen seines Fahrers angewiesen. "Der Fahrer muss exakt berichten, wie es sich auf der Strecke anfühlt", betont "Beefy". "Er muss uns nicht sagen, welche Feder wir verwenden sollen, wie lang die Schwinge sein muss oder wo sich der Schwerpunkt befinden soll. Wir fragen den Fahrer nach seinem Gefühl. Wenn wir unterschiedliche Teile am Motorrad vergleichen, erfragen wir das Feedback des Fahrers."

Setup muss im Qualifying stimmen

Am Samstag richtet sich der Blick auf das Qualifying. Um unnötigen Stress zu vermeiden, sollte Bradl in den ersten drei Freien Trainings in den Top 10 liegen. Nur dann erspart er sich die Qualifikation über das Q1. "Man sucht im Qualifying nach dem perfekten Paket. Nach dem ersten Versuch teilen wir dem Fahrer mit, wo er sich befindet und in welcher Sektion er sich verbessern muss", erklärt Bourguignon seine Aufgabe am Samstagnachmittag. "Während des Qualifyings kann man eigentlich keine Änderungen mehr am Motorrad vornehmen."

Sonntag wird es dann ernst. Vor dem Rennen sind die Reifen das wichtigste Thema. Selbst in der Startaufstellung kann sich die Wahl noch ändern. "Wir besprechen noch einmal die Reifenwahl. In der Startaufstellung wissen wir, welche Reifen die anderen Fahrer benutzen werden. Wenn ein Fahrer einen anderen Reifen verwendet, lasse ich das Stefan wissen", erläutert Crewchief Bourguignon. "Ich erinnere ihn zudem an die Strategie mit den unterschiedlichen Mappings im Rennen für die Traktionskontrolle oder auch die Motorbremse."