Aki Ajo im Interview: Pedro Acosta "in Anbetracht seines Alters wirklich gereift"

Pedro Acostas Moto2-Teamchef Aki Ajo spricht ausführlich darüber, was den 19-jährigen Spanier auszeichnet und was ihn mit Marc Marquez und Co. verbindet

(Motorsport-Total.com) - Pedro Acosta gilt nicht erst seit diesem Jahr als potenzieller MotoGP-Star der Zukunft. Der gerade mal 19-jährige Spanier sorgt seit Beginn seiner Karriere als Motorradrennfahrer für Aufsehen.

Titel-Bild zur News: Aki Ajo, Pedro Acosta

Aki Ajo und Pedro Acosta arbeiten seit 2021 in der Motorrad-WM zusammen Zoom

Mit dem überlegenen Titelgewinn im Rookies-Cup in der Saison 2020 legte Acosta den Grundstein für eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit KTM und Red Bull. Seit er zur Saison 2021 in die Motorrad-WM eingestiegen ist, fährt er für das Team Aki Ajo, das seit Jahren gewissermaßen das KTM-Juniorteam ist.

2021 wurde Acosta als Rookie auf Anhieb Moto3-Weltmeister. Aktuell bestreitet er sein zweites Jahr in der Moto2-Klasse und ist bei Halbzeit der Saison der WM-Spitzenreiter. Für 2024 hat man ihm bei KTM bereits einen MotoGP-Platz zugesichert, auch wenn der aufgrund anderer Umstände noch nicht offiziell bestätigt ist.

Im Interview für die englischsprachige Ausgabe unserer Schwesterplattform Motorsport.com spricht Teamchef Aki Ajo über Acostas Entwicklung, seit die beiden zusammenarbeiten. Er spicht darüber, was den jungen Spanier abseits der Rennstrecke auszeichnet, und darüber, was ihn mit MotoGP-Stars wie etwa Marc Marquez verbindet.

Frage: "Herr Ajo, wie hat sich Pedro Acosta in dem Zeitraum, über den Sie in der Motorrad-WM mit ihm zusammenarbeiten, entwickelt?"

Aki Ajo: "Natürlich verändert sich das Leben für die Fahrer, die eine Chance haben, auf dem höchsten Niveau, nämlich der MotoGP-Klasse, zu fahren. Der gesamte Fokus liegt auf der Performance, auf dem Lernen und Verstehen. Der grundlegende Charakter von Pedro ist aber immer noch der gleiche. Ich kenne ihn jetzt seit drei Jahren und anhand dessen, was ich beurteilen kann, ist dieser Kerl in Anbetracht seines Alters sehr gereift."

"Er versteht das Leben ganz gut. Es gibt gewisse Grundregeln in der Erziehung, die nicht nur für den Rennsport, sondern für das Leben generell gelten. Ich pflege immer zu sagen, dass der Rennsport einfach ist, solange man ihn einfach hält. Unser Stil bei Ajo Motorsport, mit den Fahrern zu arbeiten, ist Lifestyle."

"Natürlich geht es auch um technische Dinge, um das Fahren und so weiter. Aber im Grunde genommen ist das ein Teil des Lebens. Ich finde, dass die Regeln des Lebens generell, damit meine ich Beziehungen, andere Aufgaben, einfach das Leben selbst, auch beim Arbeiten gelten sollten."

Keine Vergleiche, aber Ähnlichkeiten mit Marquez & Co.

Frage: "Acostas Talent steht außer Frage. Sie haben in der Vergangenheit bereits mit Fahrern wie Marc Marquez, Jack Miller oder Brad Binder zusammengearbeitet. Wie schlägt sich Acosta im Vergleich?"

Ajo: "Es ist natürlich immer schwierig, Vergleiche anzustellen. Und meiner Meinung nach ist es auch nicht fair, Vergleiche anzustellen. Das Schöne für mich und meine Arbeit ist, dass wir mit vielen unterschiedlichen Talenten und vielen unterschiedlichen Charakteren zu tun haben, die in diesem Sport Karriere machen können."

"Die Fahrer fangen heutzutage immer früher damit an, sich mit ihren Familien auf den Rennsport zu konzentrieren. Wenn ich Gemeinsamkeiten finde, dann die, dass sie im Kopf schon recht reif sind. Genau wie später im Leben hilft einem das auch in jungen Jahren sehr."

"Auf der anderen Seite muss man aber auch immer eine Balance finden, um wirklich Spaß zu haben. Man darf nicht zu ernst an die Sache herangehen. Man muss diesen Enthusiasmus mitbringen und darf nie vergessen, warum man hier ist, nämlich weil es so schön ist, Motorrad zu fahren. Man kann es auch als Erwachsener einfach halten und sich auf die richtigen Dinge konzentrieren."

Aki Ajo

Aki Ajo hat schon den einen oder anderen künftigen Weltmeister entdeckt Zoom

"Ich sehe so oft, dass sich junge Fahrer und ihre Familien zu sehr auf das konzentrieren, was andere Leute haben. Ich hingegen finde es immer wichtig, es simpel zu halten. Wenn man seine Performance verbessern will, muss man sich auf die Punkte konzentrieren, die man beeinflussen kann."

"Man sollte seine Energie nicht mit Dingen verschwenden, die man ohnehin nicht beeinflussen kann. Pedro ist wirklich gut darin. Das hat er mit den anderen Champions gemeinsam. Ich möchte keine Namen nennen, aber ich meine einige andere gute Fahrer, mit denen ich in der Vergangenheit zusammengearbeitet habe. Vielleicht ist das etwas, worin sich die starken Fahrer ähnlich sind."

Was Pedro Acosta abseits der Strecke auszeichnet

Frage: "Hat Acosta deshalb schon so viel erreicht, weil er verstanden hat, dass der wichtigste Teil seines Lebens der Rennsport, nicht der Lifestyle, ist?"

Ajo: "Ich habe früher zu einigen Fahrern gesagt, dass wir Glückspilze sind. Wenn man sich jeden Morgen beim Aufstehen daran erinnert, dass man genau das ist, nämlich ein Glückspilz, dann ist es viel einfacher, sich zu konzentrieren und den Tag zu genießen. Er weiß, was für ein Glück er hat, dass er hier ist, dass er das Talent hat und dass er die Möglichkeiten hat."

"Sein Vater ist Fischer und besitzt ein Fischerboot. Als Pedro jung war, erinnerte ihn sein Vater ein paar Mal daran, dass 'du diesen Job [des Rennfahrers] besser gut machen solltest, denn sonst wartet das Boot auf dem Meer auf dich'. Pedro sagt, Fischerei sei kein schlechter Beruf, aber dass 'ich Glück habe, hier zu sein, denn das macht mir mehr Spaß'. Mit den Füßen auf dem Boden bleiben, das ist wichtig. Und das tut er."

Aki Ajo, Pedro Acosta

Aki Ajo und Pedro Acosta feiern einen Rennsieg gemeinsam Zoom

Frage: "Ich erinnere mich, dass Sie vor ein paar Jahren erzählten, wie Pedro bei seinem ersten Sieg die SIM-Karte aus seinem Handy genommen hat, weil er zu viele Nachrichten bekam. Das ist eine bemerkenswerte Eigenschaft für einen so jungen Fahrer, nicht wahr?"

Ajo: "Ja, das ist ein gutes Beispiel dafür, mit den Füßen auf dem Boden zu bleiben. Verstehe, dass du Glück hast, aber verstehe auch, dass du gleichzeitig ein normaler Mensch bist und kein Superstar. Bleibe mit den Füßen auf dem Boden."

Frage: "Sein Talent wird Pedro Acosta sicherlich weit bringen. Aber glauben Sie, dass es vor allem seine Herangehensweise ist, die ihn, wenn es eines Tages soweit ist, zu einem wirklich guten MotoGP-Piloten machen wird?"

Ajo: "Das ist ein guter Tipp für uns alle im Leben."

Frage: "Wie arbeitet Acosta mit den Ingenieuren im Team zusammen?"

Ajo: "Zum einen hilft sein Charakter sehr dabei. Zum anderen hat er dieses Talent, diese Gabe, sich wirklich auf das zu konzentrieren, was er tut, eben weil er so talentiert ist und einen guten Charakter hat. Das hilft ihm auch, zu verstehen, was auf dem Motorrad passiert. Wenn man das auf die richtige Art und Weise erklären kann und man richtig mit seinen Teammitgliedern kommunizieren kann, dann hilft das noch mehr."

Wird Pedro Acosta ein echter MotoGP-Superstar?

Frage: "Es könnte schwierig für ihn gewesen sein, dass die Aufmerksamkeit der Medien um ihn größer und größer geworden ist. Zeigt er das manchmal, stört ihn das manchmal?"

Ajo: "Ich glaube, alle Fahrer wissen, dass das zum Job gehört. Das muss man verstehen. Man kann nicht dagegen ankämpfen. Ich glaube nicht, dass es vielen von ihnen Spaß macht, so viel Zeit damit zu verbringen, wenn man anderes zu tun hat und sich wirklich konzentrieren muss."

"Dieser Sport ist eine der schwierigsten Sportarten der Welt und in vielerlei Hinsicht ein ganz besonderer Sport. Da ist es die Aufgabe des Managements und des Teams, den Fahrer zu schützen, sodass man sich auf die richtigen Dinge konzentrieren kann und die Situation unter Kontrolle bleibt."

"Zuerst aber muss man akzeptieren, dass dies ein Teil des Jobs ist. Man muss es gemeinsam mit den Leuten im Team unter Kontrolle halten. Ohne die Zuschauer haben wir nichts. Das ist einfach der Service für sie."

Pedro Acosta

In der Moto2-WM ist Acosta auf der Kalex des Ajo-Teams der aktuelle Tabellenführer Zoom

Frage: "Sind Sie stolz darauf, mit Pedro Acosta gearbeitet zu haben und ihn zu einem zukünftigen MotoGP-Piloten entwickelt zu haben?"

Ajo: "Ich würde einfach sagen, dass es vielleicht auch an meinem Charakter liegt, dass ich mit einer bestimmten Art von Fahrern gut zusammengearbeitet habe - zum Beispiel Jack [Miller] oder Pedro, die wirklich mit beiden Füßen auf dem Boden stehen. Auch mit Brad [Binder] hatte ich das Glück. Ich hatte einfach das Glück, mit der letzten Generation von Fahrern der alten Schule zu arbeiten."

"Pedro ist meiner Meinung nach einer der letzten Verbliebenen in diesem Paddock, die zur alten Schule gehören - zusammen mit Jack, Brad und auch Miguel [Oliveira]. Ich mag das sehr und vielleicht fehlt das einigen jüngeren Fahrern noch. Ich finde, wir brauchen einfach Typen der alten Schule und nicht nur welche, die nur Instagram-Models sind. Irgendwie glaube ich, dass das in gewisser Weise auch ihrer Stärke ist."

Frage: "Werden wir in 15 Jahren auf Pedro Acosta als einen echten MotoGP-Superstar zurückblicken?"

Ajo: "Ich glaube, Pedro ist einer dieser jungen Kerle, und zwar einer der wenigen von ihnen, die eine wirklich schöne Zukunft haben werden."

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