powered by Motorsport.com

Sieger der Herzen: Fernando Alonso plant Rückkehr nach Indy

Ein Schluck Siegermilch für den Sieger der Herzen: Fernando Alonso ist sich sicher, dass er in der Schlussoffensive des Indy 500 eine echte Chance gehabt hätte

(Motorsport-Total.com) - Es ist ihm zwar versagt geblieben, die legendäre Borg-Warner-Trophy (oder zumindest eine originalgroße Replika davon) mit nach Hause zu nehmen, aber Fernando Alonso durfte nach seiner unbelohnten Galavorstellung beim 101. Indy 500 zumindest einen Schluck Siegermilch kosten. Es waren Aktionen wie diese im Rahmen seiner abschließenden Pressekonferenz, mit denen er in den vergangenen beiden Wochen die Herzen der IndyCar-Community erobert hat.

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso, Takuma Sato

Indy-500-Sieger Takuma Sato applaudiert seinem Teamkollegen Fernando Alonso Zoom

"Eine letzte Sache noch", sagte der an siebter Stelle ausgeschiedene Superstar aus der Formel 1, bevor er die große Bühne Indianapolis Motor Speedway zumindest für 2017 verließ. "Ich möchte mich bei allen Medienvertretern bedanken. Ich habe nicht gewonnen, aber ich werde jetzt trotzdem Milch trinken", lachte er und nahm einen Schluck aus einem Karton. Und schickte hinterher: "Ihr habt mich zwei Wochen lang auf Schritt und Tritt begleitet, aber es hat Spaß gemacht. Danke für die Gastfreundschaft. Wir sehen uns in Austin!"

Der 35-Jährige trat in Indianapolis stets bescheiden und demütig auf, äußerst respektvoll den etablierten Haudegen und teils eigenwilligen Traditionen der Szene gegenüber. Gleichzeitig aber auch selbstbewusst. "Ich kam hierher, um mich zu beweisen", erzählt er. "Ich weiß, dass ich in einem Formel-1-Auto so schnell bin wie jeder andere auch. Aber ob ich das auch in einem IndyCar sein kann, das wusste ich nicht."

Mehr Führungsrunden als der Sieger

Jetzt weiß er es. Zwar hatte Alonso beim fliegenden Start, eine für ihn völlig neue Situation, wie im Vorfeld nicht anders erwartet seine Schwierigkeiten. Aber nach einem hervorragenden ersten Boxenstopp und dank einer fantastischen Pace führte er ab Runde 37 plötzlich - aus eigener Kraft - das Rennen an. Insgesamt brachte er es auf 27 Führungsrunden. Sieger Takuma Sato kam nur auf 17.

Dem Japaner, selbst ehemaliger Grand-Prix-Pilot, ringt Alonsos Vorstellung Respekt ab: "Er hat einen unglaublichen Job abgeliefert. Er führte das Indy 500 gleich bei seinem ersten Versuch an. Es zeigt sein Engagement, dass er dafür Monaco hat sausen lassen. Er hatte ständig ein Lächeln im Gesicht. Ich glaube, er hat es genossen, und er ist wahnsinnig professionell gefahren. Er gehört offensichtlich zu den Allerbesten."


Indy 500 2017: Post-Race-PK Fernando Alonso

Fernando Alonso spricht über seine tolle, aber unbelohnte Vorstelung beim Indy 500, und sammelt Sympathien bei den Journalisten. Weitere Formelsport-Videos

Alonso: Skeptiker von seinem Talent überzeugt

"Es lief besser als erwartet", meint Alonso selbst. "Alle haben mir gesagt, dass das Training eine Sache ist, das Rennen aber eine ganz andere Nummer. 'Du wirst sehen, dass da alle viel schneller sind!' Aber wir waren dabei, wir waren konkurrenzfähig! Das freut mich. Gleichzeitig bin ich enttäuscht, nicht ins Ziel gekommen zu sein."

Am Ende war es ironischerweise ein Honda-Motorschaden, der den ganz großen Coup verhinderte. Aber Alonso tritt mit einer Reihe außergewöhnlicher Erinnerungen im Gepäck die Heimreise an: "Als ich in Führung ging, war das ein tolles Gefühl", schwärmt er. "Ich fuhr am Tower vorbei und sah die 29 (seine Startnummer; Anm. d. Red.) ganz oben. In dem Moment dachte ich mir: 'Hoffentlich hat Zak ein Foto davon gemacht, denn das hänge ich mir zu Hause auf!'"

Fernando Alonso

Über weite Strecken des Rennens lag Fernando Alonso vor dem späteren Sieger Zoom

McLaren-Boss Zak Brown ist ebenfalls begeistert: "Wenn wir die letzten 20 Runden mal außen vor lassen, die natürlich eine herbe Enttäuschung waren, dann war der vergangene Monat rückblickend betrachtet ganz erstaunlich. Fernando hat nicht einen Fehler gemacht. Er hat bewiesen, was für ein Weltklasse-Champion er ist. Ich glaube, dass wir eines Tages auf diesen Monat zurückblicken und sehr stolz auf unsere Leistung sein werden."

Reifen geschont: Chance auf den Sieg war da

Aber Alonso wäre nicht Alonso, wenn er nicht innerlich an den Sieg geglaubt hätte. Als er in der 37. und dann noch einmal in der 48. Runde in Führung ging, relativierten viele Beobachter: Die alten Haudegen mit all ihrer Erfahrung würden erst später richtig aufdrehen, wenn es wirklich um was geht. Doch der orangefarbene Dallara-Honda des Andretti-Teams mischte bis zum Ausfall in der Spitzengruppe mit.

"Es war schon okay", analysiert er. "Wenn du Siebter oder Achter bist, weißt du, dass die letzten 20 Runden intensiv werden." Alonso hatte daher noch nicht sein ganzes Pulver verschossen: "In den ersten Runden des Stints habe ich meine Vorderreifen geschont, weil ich wusste, dass das Rennen in den letzten sechs oder sieben Runden entschieden wird. Ich glaube, dass ich noch etwas im Köcher hatte, als der Motor explodierte."

Rein vom Speed her unter den Allerschnellsten

"Es gab gute und schlechte Momente während des Rennens für mich", bilanziert er. "Helio und ein paar andere hatten ziemliches Glück mit der gelben Flagge. Mit einem problemlosen Rennen wären Ryan, Rossi und ich eine halbe Runde vor allen anderen gefahren. Das ist halt die Natur dieses Rennens. Da brauchst du manchmal ein bisschen Glück. Aber auch wenn wir ein paar Mal Pech hatten, waren wir in der Gruppe dabei, die um den Sieg fuhr."

Unterm Strich bleibt stehen: Bei seinem Vorhaben, als erst zweiter Fahrer nach Graham Hill die "Triple-Crown" (Grand Prix von Monaco, 24 Stunden von Le Mans, 500 Meilen von Indianapolis) zu gewinnen, kann Alonso unter dem Indy 500 noch keinen Haken setzen. Die Antwort auf die Frage, ob er nach 2017 hungrig ist, ein weiteres Mal zu kommen, erübrigt sich daher fast: "Definitiv ja!"


Fotostrecke: Indy 500 2017: Horrorcrash von Scott Dixon

"Ich werde auf jeden Fall zurückkommen", kündigt er an, "und beim zweiten Mal weiß ich dann schon, wie alles läuft. Restarts, Boxenstopps, all diese Dinge mache ich dann nicht zum ersten Mal. Das sollte leichter werden. Schauen wir mal, was die nächsten Jahre bringen. Ich werde mich weiter hinter diese Herausforderung klemmen. Denn das Indy 500 ist noch nicht gewonnen ..."

Folgen Sie uns!