• 28.07.2021 11:42

  • von David Malsher-Lopez, Co-Autor: Andre Wiegold

Romain Grosjean: "Jeder, der glaubt, Ovalrennsport ist einfach, irrt sich!"

Romain Grosjean hat in Illinois seinen ersten IndyCar-Ovaltest absolviert - Für den Ex-Formel-1-Fahrer war sein erstes Oval eine große Herausforderung

(Motorsport-Total.com) - "Jeder, der glaubt, Ovalrennsport ist einfach, irrt sich", stellt Romain Grosjean nach seinem ersten IndyCar-Ovaltest auf dem World Wide Technology Raceway klar. Der ehemalige Formel-1-Rennfahrer nahm es vergangenen Dienstag mit dem 1,25 Meilen (2,01 Kilometer) langen Kurs im US-Bundesstaat Illinois auf. Laut Grosjean war es ein "sehr interessanter" Test, der die Vorfreude auf sein Ovaldebüt im kommenden Monat weiter angeheizt hat.

Titel-Bild zur News: Romain Grosjean

Romain Grosjean hat erstmals auf einem Oval getestet Zoom

Sein erstes Ovalrennen findet am 21. August auf dem World Wide Technology Raceway in Madison statt. Zuvor hatte Grosjean die beiden Läufe auf dem Texas Motor Speedway sowie das Indy 500 ausgelassen. Um sich auf sein Ovaldebüt vorzubereiten, hat der 35-Jährige im Auto von Dale Coyne 166 Runden absolviert. Er drehte sich sogar einmal, schaffte es aber, das Auto nicht zu beschädigen. Am Testtag fuhr Grosjean die achtschnellste Rundenzeit.

"Ich habe das Auto heile gelassen, was gut ist", sagt der Ex-Formel-1-Fahrer gegenüber 'Motorsport-Total.com'. "Natürlich muss ich noch eine Menge lernen, weil es etwas völlig Anderes ist als das, was ich bisher gemacht habe. Ovalrennsport ist sehr kompliziert und man kann eine Menge mit dem Auto machen."

Es geht ja nur links herum

"Ich war einer, der immer gedacht hat, dass man auf Ovalen nur nach links lenkt und Vollgas gibt", gibt Grosjean zu. "Auf dem Kurs kann man nicht Vollgas in die Kurve fahren, da muss man eine Menge arbeiten. Was das Set-up angeht, ist es ebenfalls interessant. Sie sagen, dass das Auto sich selbst fahren sollte, aber ich denke: 'Worüber sprechen die da?' Ich habe sowas in meinem Leben noch nicht gemacht."

Romain Grosjean

Romain Grosjean musste sich massiv umstellen Zoom

Letztlich war Grosjean mit den Fahrzeugeinstellungen, der Pace und dem Resultat zufrieden. Außerdem habe sich sein Auto auch im Verkehr und auf dem Longrun sehr gut verhalten. Jetzt ginge es für den Franzosen noch darum, auf dem Oval das richtige Gefühl für das Fahrzeug und dessen Verhalten zu bekommen.

"Man fühlt die Änderungen am Set-up jedes Mal, wenn man auf die Strecke fährt", analysiert Grosjean. "Du bist vielleicht 2,5 Kilometer pro Stunde zu langsam und denkst, dass eine so kleine Änderung am Auto die Pace nicht verbessern kann. Dazu braucht man das Selbstvertrauen und alles was damit einhergeht."

Lernkurve zeigt steil nach oben

Bis zu 295 Kilometer pro Stunde haben die Fahrzeuge auf dem relativ kleinen Oval mit flachem Banking von bis zu elf Grad drauf. Für Grosjean war es eine Umgewöhnung, seinen Fixpunkt bei diesen Geschwindigkeiten in den Kurven zu setzen. "Das ist ein Bereich, in dem ich mich noch verbessern kann", glaubt der Franzose. "Man muss sehr weit in die Kurve reinschauen, das kann ich noch besser machen."

Er glaubt, dass er noch zu sehr auf seine Vorderräder geschaut habe, um zu sehen, ob er in der richtigen Spur ist. Mit der Zeit habe sich Grosjean aber immer wohler gefühlt, weshalb sein Selbstvertrauen im Auto gestiegen sei. "Das ist der Schlüssel", sagt Grosjean. "Je mehr du fährst, desto selbstbewusster wirst du. Für mich war es so, als würde ich ein Puzzle zusammenlegen."

Romain Grosjean

Grosjean setzt sich für sein Ovaldebüt keine hohen Ziele Zoom

Des Weiteren musste sich Grosjean an das Lenkverhalten des Autos auf dem Oval gewöhnen. Auf der Geraden müssen die Fahrer das Lenkrad etwas nach rechts drehen, damit das Auto geradeaus fährt. In den Kurven "macht es dann einfach seinen Job, weil das Set-up für die Linkskurven ausgelegt ist. Das war kein großes Problem, aber anfangs ein bisschen merkwürdig, das Auto dazu zu bringen, geradeaus zu fahren."

Das Oval und seine Tücken

Nach einem Stint aus dem Auto zu steigen, war für Grosjean schwieriger, als er dachte. Dem Franzosen wurde auf der schnellen Strecke mit Höchstgeschwindigkeiten von bis zu 295 Kilometern pro Stunde etwas schwindelig, als er das Auto wieder in der Box parkte.

"Wenn ich fahre, ist es in Ordnung, aber wenn ich aus dem Auto steige, dann habe ich Probleme, aufzustehen", witzelt der erfahrene Rennfahrer. "Ich dachte mir: 'Okay, das ist interessant ...' Mein Team hat mich ausgelacht, weil es damit gerechnet hat. Für neue Ovalfahrer ist das wohl etwas völlig Normales. Ich habe gesagt: 'Das ist nicht lustig, ich habe doch gar nichts getrunken!'"

Obwohl der erste Ovaltest für Grosjean sehr positiv verlaufen ist, setzt er sich für sein erstes Rennen keine großen Ziele. "Das war nur ein Test und ein Rennen ist immer etwas völlig Anderes", sagt der 35-Jährige. "Ich muss noch lernen, auf dem Oval im Pulk zu fahren. Außerdem werden sich die Bedingungen verändern. Ich bin vorbereitet und weiß, wie das Auto sein muss, um schnell zu sein."

Rückendeckung seiner Frau

Eigentlich wollte Grosjean die Ovalkurse in der IndyCar-Serie aus Sicherheitsgründen auslassen, jedoch scheint der Franzose Blut geleckt zu haben. Auf den sozialen Medien hat sich seine Frau Marion bereits zum Umdenken ihres Mannes geäußert, der seine Familie nach dem heftigen Feuerunfall beim Formel-1-Rennen in Bahrain vor einem weiteren heftigen Crash bewahren wollte.

Romain Grosjean

Grosjeans Familie ist für einen Start auf dem Oval Zoom

"Manche glauben, dass er sein Versprechen, uns zu schützen, gebrochen hat, weil er jetzt auf solchen Strecken fährt. Für mich hat es zwischen uns bisher nur ein einziges Versprechen gegeben, nämlich dass wir uns immer gegenseitig unterstützen, egal was passiert!" Laut Grosjean, der mit seiner Familie gerade in einem Wohnwagen die USA entdeckt, ist seine Frau für einen Start auf dem Oval in Illinois.

Der Franzose ist nicht der einzige Fahrer, der die Ovalrennen wegen Sicherheitsbedenken erst einmal ausgeschlossen hat. Der siebenmalige NASCAR-Champion Jimmie Johnson verzichtete bisher ebenfalls auf Starts auf den Highspeed-Strecken. Der 45-jährige Kalifornier liebäugelt aber bereits wie Grosjean mit einem Versuch, sich doch auf dem Oval zu versuchen. Anders als Grosjean hat Johnson in seiner Karriere eine Menge Erfahrung auf diesem Streckentyp gesammelt.

Neueste Kommentare