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  • 15.07.2008 21:32

  • von Pete Fink

Paul Tracy - der ewige Kämpfer ist zurück

Kaum ein US-Rennfahrer polarisiert die Massen wie Paul Tracy - nun haben die IndyCars nach Danica Patrick und Helio Castroneves ihren dritten Superstar

(Motorsport-Total.com) - Paul Tracy hat es geschafft. Die kanadische Rennikone war wohl das prominenteste Opfer der Wiedervereinigung zwischen ChampCars und IndyCars, als sein damaliger Teamchef Gerald Forsythe seinen Rennstall lieber dicht gemacht hätte, als für den so lange verhassten Tony George und die IRL zu fahren.

Titel-Bild zur News: Paul Tracy

Paul Tracy ist wieder da - in Edmonton gibt der Kanadier sein IndyCar-Comeback

Tracy sagte damals im Februar 2008, er würde sich vorkommen, als stünde er "im Smoking auf dem Bahnsteig" und würde zusehen, wie der IndyCar-Zug ohne ihn abfahren würde. Wohl wahr, denn er war vertraglich an Forsythe gebunden und große Namen waren bis auf Danica Patrick und Helio Castroneves bei den Formelleuten Mangelware. Tracy ist wieder da, und alleine diese Tatsache wird der IndyCar-Serie immense Publicity bringen.#w1#

Die Ursache, warum der Kanadier eine der umstrittensten Figuren im US-amerikanischen Formelsport ist, ist simpel. Tracy polarisiert wie kein anderer Fahrer und das Motto ist ein ganz einfaches: Man mag ihn, oder man mag ihn eben nicht. Seine Fans nennen ihn jedenfalls liebevoll "The Thrill from West Hill" in Anspielung auf seinen Geburtsort Scarborough, der heute ein Ortsteil von Toronto ist.

Gründe dafür, ihn nicht zu mögen, gibt es sehr viele. Tracy ist einer der letzten Typen Rennfahrer, die keinem Zwist aus dem Weg gehen und die immer ein offenes Ohr für eine kleine Fehde mit den Konkurrenten haben. In einer Zeit, in der repräsentative Funktionen für große Konzerne im Leben eines Rennfahrers immer wichtiger werden, wäre er wahrscheinlich der personifizierte Alptraum für Ron Dennis und Co.

Die "French-Helmet-Controversy"

Insofern ist Tracy wohl eine Art Relikt aus einer vergangenen Zeit und wollte man die Kollisionen aufzählen, in die er im Laufe seiner bisherigen Karriere verwickelt war, würde man bald aufgeben müssen. Doch eine der unvergessenen geschah 1993 in Phoenix, als der Kanadier klar in Führung lag und aus Versehen den ahnungslosen Jimmy Vasser abräumte.

Paul Tracy Alex Tagliani

Die "French-Helmet-Controversy" ist in Kanada eine absolute Legende Zoom

Heute sind die beiden gute Freunde und leben in unmittelbarer Nachbarschaft in Las Vegas. Vasser sagt über Tracy, er sei einfach ein Showman und das Montréal-Rennen 2006 untermauert diese Vermutung. In die ChampCar-Historie ging diese Episode als die berühmte "French-Helmet-Controversy" ein.

Diese begann in San José, als Tracy seinen Landsmann Alex Tagliani traf und sich nach einem heftigen Disput im Anschluss darüber beschwerte, dass Tagliani bei der Rangelei seinen Helm aufbehielt. Gleich beim nächsten Rennen in Denver geschah ähnliches - nur war es dieses Mal Sébastien Bourdais, der Tracy in die Quere kam.

Bei der anschließenden Pressekonferenz sagte Tracy: "Zu schade, dass er seinen Helm aufbehielt, denn sonst hätten wir die Dinge gleich an Ort und Stelle regeln können. Aber die französischen Jungs lassen offenbar immer ihre Helme lieber an." Der Franco-Kanadier Tagliani und auch Bourdais waren zutiefst beleidigt und animierten daraufhin einige Wochen später die Fans in Montréal, Tracy bei dessen Erscheinen kräftig auszubuhen.

So geschah es und Tracy war zwei Tage lang der absolute Buhmann. Doch womit die Kollegen nicht rechneten war, dass der Kanadier bei der Fahrerparade am Sonntag mit einer blauen Gesichtsmaske und einem Cape in den Farben der Provinz Quebec auftrat, und sich selbstironisch als professioneller Wrestler zu erkennen gab. Tracy traf den Geschmack der Zuschauer und als er neben Bourdais als Zweiter auf dem Podium stand, jubelte ihm die Masse zu.

Bourdais als persönlicher Intimfeind

Die Fehde zwischen "PT", wie ihn seine Landsleute auch nennen, und Bourdais wurde eine mit einer großen Historie. Sie begann mit einer Kollision in Miami 2003 und wurde gleich zwei Wochen später im australischen Surfers Paradise fortgesetzt. "Wir hatten auch 2004 und 2005 einige Zwischenfälle, aber das macht mir nichts", sagte Bourdais vor einigen Jahren einmal. "Ich werde nicht zurückstecken" - und Tracy sicher auch nicht.

Paul Tracy Robert Doornbos

Paul Tracy und Robert Doornbos - auch zwischen ihnen knirschte es 2007 Zoom

Umso gelegener kam dem Kanadier ein Verbalausrutscher von Bourdais im Sommer 2007, als sich der Franzose über ein angebliches Blocking von Robert Doornbos in Mont-Tremblant lautstark beschwerte. "Was in aller Welt ist nur in Sébastien Bourdais gefahren", fragte sich Tracy in seiner ChampCar-Kolumne. "Will er wirklich, dass ihn sogar die Leute in Quebec hassen?"

Die Reaktion sei typisch für Bourdais, der jedes Mal, wenn aus irgendeiner Ecke heraus ernsthafte Konkurrenz erwachse, sofort damit anfangen würde, denjenigen zu beschimpfen. "Das kann doch keiner mehr hören, nicht die Besitzer der ChampCarSerie, die Teambesitzer nicht und auch nicht die Fahrer und die Fans", zündelte Tracy hinterher.

Nun haben sich die Wege der beiden getrennt, denn bekanntlicherweise fährt Bourdais seit Saisonbeginn 2008 für die Scuderia Toro Rosso in der Formel 1. Übrigens: Auch Doornbos bekam sein Fett weg. O-Ton Tracy vor dessen Heimrennen in Assen und Zolder: "Ich hoffe nur, dass wir unser Auto bis zu den europäischen Rennen aussortiert haben, damit ich für Herrn Doornbos dann ein 'Pain in the Assen' sein kann."

Nur einmal Meister

Einmal, im Jahr 2003, hat er die ChampCar-Serie gewinnen können und mit 31 Siegen ist er trotz des vierfachen Champions Bourdais der erfolgreichste aktive ChampCar-Pilot. In der Saison 2003 zeigte er auch die möglicherweise beste Leistung seiner gesamten Karriere, als er in Toronto alle 112 Runden in Führung lag und sein Vorsprung vor der gesamten Konkurrenz so deutlich war, dass er während der ersten Gelbphase in aller Ruhe an die Box zum Service fahren konnte und bereits wieder auf der Strecke war, noch bevor der Zweitplatzierte den Boxeneingang passiert hatte.

Paul Tracy

Kein Konkurrent verfügt über so eine große Erfahrung wie Paul Tracy Zoom

Seit der Saison 1991 fuhr Paul Tracy in der CART-Serie, sein Debüt feierte er - wie so viele US-Piloten - im Rennstall von Dale Coyne. Doch Roger Penske nahm schnell Witterung auf und verpflichtete Tracy als Testfahrer. Als sich Rick Mears 1992 am Handgelenk verletzte, sollte die Stunde Tracys schlagen, denn die Beförderung zum Stammpiloten winkte.

1993 gewann er genauso viele Rennen wie Nigel Mansell und wurde, wie auch 1994, Gesamtdritter. Als er bei Penske seinen Hut nahm und erst zu Newman/Haas und später zu Team Green wechselte, war in der Folge kein Kraut gegen die Target-Ganassis von Jimmy Vasser, Alex Zanardi und Juan Pablo Montoya gewachsen. Dario Franchitti hieß damals sein Langzeit-Teamkollege.

Ausgerechnet Tony George...

Ein Grund, warum sich Tracy so schwer damit tat, jetzt ausgerechnet für Tony George an den Start zu gehen, liegt im Jahr 2002 verborgen und fand im Finale des Indy 500 seinen Auslöser. Mitten in dem bitteren Duell ChampCars versus der IRL von George war ChampCar-Pilot und Gaststarter Tracy drauf und dran, das größte US-amerikanische Formelrennen für sich zu entscheiden.

Derrick Walker Paul Tracy Tony George

Derrick Walker, Paul Tracy und Tony George bei der heutigen Pressekonferenz Zoom

Er zog in der letzten Runde an Helio Castroneves vorbei und wäre eigentlich in Führung gelegen. Doch dann kam eine Gelbe Flagge, das Rennen war zu Ende und Castroneves zum Sieger erklärt. Die Begründung: Zum Zeitpunkt als die Gelbe Flagge kam, habe der Penske-Pilot noch die Nase vorne gehabt. Leider konnte kein TV-Bild die Situation auflösen und in den USA streitet man diesbezüglich noch heute. Das Tischtuch zwischen Tracy und George war zerissen, wenn es je existiert hatte.

Ab 2003 fuhr Tracy dann im Forsythe-Team, doch bis auf seine Debütsaison hatte er regelmäßig das Nachsehen gegen Serienmeister Bourdais. In Cleveland gab es 2007 den bisher letzten Tracy-Sieg. Zwei Kollisionen und zwei neue Frontflügel hielten den "Thrill from West Hill" nicht davon ab, das Rennen in einem Forsythe-Panoz zu gewinnen, der mit Sicherheit nicht das schnellste Auto auf der Strecke war.

Und genau das ist es, was seine zahlreichen kanadischen Fans an dem 39-Jährigen so mögen: Er gibt einfach niemals auf und nun hat er es tatsächlich wieder in die IndyCar-Serie geschafft. Edmonton wird am 26. Juli ein volles Haus erleben und ein Paul Tracy in einem einigermaßen konkurrenzfähigen Auto stellt für Tony George und Co. natürlich eine gewaltige Aufwertung der IndyCars dar.

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