• 10.01.2011 18:31

  • von Pete Fink

De Ferran und Kanaan: Gelingt eine Überraschung?

Mit Gil de Ferran und Tony Kanaan ziehen zwei IndyCar-Haudegen an einem Strang: Was kann das brasilianische Duo in der neuen IndyCar-Saison erreichen?

(Motorsport-Total.com) - Gil de Ferran hat mit der Verpflichtung von IndyCar-Routinier Tony Kanaan sicherlich einen großen Coup gelandet. Der 36-jährige Brasilianer verlor bei Andretti Autosport seinen Hauptsponsor und stand zum Saisonende 2010 auf der Straße. De Ferran zögerte nicht lange, ließ Kanaan in Sebring testen und bestätigte noch vor Weihnachten, dass man in der Saison 2011 gemeinsame Sache machen werde.

Titel-Bild zur News: Tony Kanaan Gil de Ferran

Mischen Tony Kanaan und Gil de Ferran 2011 das IndyCar-Establishment auf?

Aus gutem Grund: "Ganz ehrlich, unsere Resultate haben mich schon enttäuscht", sagte de Ferran gegenüber dem 'Indianapolis Star'. "Aber es war auch nicht gerade verwunderlich, denn wir waren nicht besonders gut vorbereitet." Erst zu Saisonbeginn stieg der Brasilianer in die Mannschaft von Luczo/Dragon Racing als neuer Teilhaber und Teamchef ein.

Eine kurze, aber turbulente Historie. Erst 2006 gründeten Steve Luczo und Jay Penske, der jüngste Sohn von US-Tycoon Roger Penske, das IndyCar-Team. Ryan Briscoe fuhr beim Indy 500 des Jahres 2007 einen von Team Penske vorbereiteten Dallara-Honda auf Rang sieben und empfahl sich dadurch eindrucksvoll für höhere Aufgaben beim "Captain".

2008, nunmehr ohne offiziellen Penske-Support, plagte sich Tomas Scheckter in lediglich sechs IndyCar-Auftritten vergeblich ab. Ein einziges Mal, auf der Belle Isle von Detroit, sah der Südafrikaner die Zielflagge. Auf Rang 21 und mit 31 Runden Rückstand. Für 2009 bekam das Auto einen neuen Sponsor (Hewlett Packard), eine neue Startnummer (2 statt 12) und einen neuen Piloten. Rookie Rafael Matos holte immerhin acht Top-10-Platzierungen in der ersten gemeinsamen und vollen IndyCar-Saison.

Schwach im Qualifying

Raphael Matos

Kein gutes Jahr 2010: Rafael Matos crashte nicht nur beim Indy 500 Zoom

Parallel dazu kündigte de Ferran an, sein ALMS-Team nicht weiterführen zu wollen. Er streckte seine Finger in Richtung IndyCars aus und kokettierte lange mit einer eigenen Mannschaft. Doch als die Zeit immer knapper wurde, und sich kein Hauptsponsor fand, schloss er sich mit Penske und Luczo zusammen. "Dieser Deal kam erst ganz spät zustande", weiß de Ferran.

Insofern ist Matos' guter Saisonauftakt 2010 mit Platz vier in Sao Paulo eher als Zufallstreffer zu bewerten. "Wir haben es speziell in der Qualifikation auf den Rundstrecken nie geschafft, genügend Speed zu finden", weiß de Ferran. "Das hat uns nicht gut getan. Manchmal war unser Auto zwar im Rennen schnell, aber wir starteten ganz einfach zu weit hinten." Eine Situation, die Kanaan aus seinen Andretti-Tagen bestens kennt.

Der negative Höhepunkt war dann das Indy 500. Sowohl Matos, als auch Teilzeitpilot Davey Hamilton erlebten frühe Unfälle. "Eigentlich lief es in Indianapolis für uns ganz gut", analysiert de Ferran, dessen Autos in der Qualifikation die Plätze 12 und 14 holten. "Wir hatten Pech und das war es." In Indianapolis wurde übrigens auch der aktuelle Name des Teams, de Ferran Dragon Racing, vorgestellt.

Kanaan soll es richten

Tony Kanaan

Kann Tony Kanaan auch für Gil de Ferran in der Victory Lane jubeln? Zoom

"Unser Problem lag woanders, denn es ist uns zu keinem Zeitpunkt gelungen, konstant gute Resultate zu erzielen." Dies umzusetzen, ist nun die große Aufgabe von Routinier Tony Kanaan, der mit der Visitenkarte eines IndyCar-Titels 2004 und immerhin 14 Rennsiegen zu de Ferran stößt. Noch ist nicht sicher, ob auch Matos in einem zweiten de Ferran/Dragon-Auto sitzen kann.

"Rafa hat ein bemerkenswertes Talent und wenn wir einen Weg finden, um ihn erneut fahren lassen zu können, dann werden wir es tun", verspricht de Ferran. Mit anderen Worten: Eine Frage des Geldes. Wahrscheinlicher ist hingegen, dass Davey Hamilton in der neuen Saison drei IndyCar-Rennen für das Team bestreiten wird.

"2010 haben wir aus verschiedenen Gründen unser wahres Potenzial nicht abrufen können", lautet die de-Ferran-Analyse. Nach dem Sebring-Test im Dezember äußerte sich Neuzugang Kanaan recht positiv über Auto und Team. Die Frage wird nun sein, ob und wie sich der Brasilianer nach so vielen Andretti-Jahren auf eine völlig neue Rolle im vermutlichen Einwagenteam einlassen kann. Gelingt dies, dann ist dem Duo de Ferran/Kanaan zweifelsohne eine ganze Menge zuzutrauen.