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Boston-Veranstalter pleite: Betrug im großen Stil?

Die Boston Absage entwickelt sich zum Skandal: Veranstalter meldet Konkurs an, Staatsanwaltschaft ermittelt, IndyCar stellt Fans fast eine Million Dollar bereit

(Motorsport-Total.com) - Die IndyCar Series ist höchstwahrscheinlich in einen Finanzskandal geschlittert: Der Veranstalter Boston Grand Prix hat Konkurs angemeldet, Tausende Ticketkäufer und zahlreiche Sponsoren müssen entschädigt werden. IndyCar springt mit 925.000 US-Dollar für die Fans ein, die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen BGP-Chef John Casey. An dessen Version, dass das Rennen abgesagt werden musste, weil von der Öffentlichkeit immer wieder Steine in den Weg gelegt worden seien, gibt es mittlerweile immer mehr Zweifel.

Titel-Bild zur News: Boston, Skyline

Das juristische Nachspiel um die Boston-Absage wird ein langes Zoom

Neun Millionen Dollar Verbindlichkeiten stehen 60.000 Dollar in der Kasse gegenüber - so begründet Boston Grand Prix die Konkursanmeldung. Generalstaatsanwalt Maura Healey lässt aber trotz des Bankrotts nicht locker: Wo ist der Erlös der Ticketverkäufe und Sponsorengelder hingegangen? "Wir werden weiterhin alle Informationen von allen involvierten Parteien einholen und werden alles tun, was notwendig ist, um das Geld für diejenigen zurückzuholen, die die Tickets gekauft haben", sagt eine Sprecherin Healeys.

Ticketverkäufe für das Rennen, das auf den 4. September terminiert war und bis 2020 stets am Labour Day hätte stattfinden sollen, waren im März 2016 gestartet und liefen blendend. Auch zahlreiche Sponsoren hatten sich gefunden (s. Liste unten). Ende April erfolgte die Absage des Rennens. Die Veranstalter spielten den Schwarzen Peter Behörden und Bürgerbegehren gegen das Rennen zu. Die Stadt widerspricht dem jedoch vehement und behauptet, dass die Organisatoren völlig unfähig gewesen seien, ein solches Event über Jahre hinweg auf die Beine zu stellen.

Staatsanwaltschaft setzt sich für Zuschauer ein

Die ersten Verlierer sind nun die Zuschauer, die ihr Geld womöglich nicht vollständig zurückerhalten werden. "Seit der Absage hat BGP daran gearbeitet, den Ticketkäufern ihr Geld zu erstatten, was eine sofortige Ausschüttung von 400.000 Dollar beinhaltete", heißt es in einem Statement von Boston Grand Prix. "Dennoch wurde schnell klar, dass eine vollständige Kompensation ohne eine Beteiligung von Dritten nicht möglich ist. Diese sind IndyCar und andere Parteien, die unwillig waren, zu kooperieren."

Zumindest IndyCar schießt nun zu, und das nicht zu knapp: 925.000 Dollar werden an die Fans ausgeschüttet. "Wir haben einige der treusten und hingebungsvollsten Fans in der ganzen Welt des Sports, deshalb freuen wir uns, in Zusammenarbeit mit dem Generalstaatsanwalt die Ticketkäufer zu schützen", bemüht sich IndyCar-Chef Mark Miles um Schadensbegrenzung. Doch auch damit wären noch immer rund 750.000 Dollar offen, auf denen die Fans momentan sitzen bleiben würden.

Bildunterschrift

So hätte das Layout der Strecke ausgesehen Zoom

Sponsoren um Millionenbetrag geprellt

Das ist längst nicht alles. IndyCar verklagte BGP jüngst auf 4,2 Millionen Dollar. Daneben steht der Veranstalter 'ESPN' zufolge noch beim Leitplankenlieferanten George R. Roberts Company mit 645.000 Dollar in der Kreide. Folgende Sponsoren stehen ebenfalls auf der Gläubigerliste:
- LogMeIn (Computer Connectivity) - 390.000 Dollar
- Global Partners (Mineralöl) - 275.000 Dollar
- Firestone (Reifen) - 223.500 Dollar
- MillerCoors (Getränke) - 105.000 Dollar
- Pernaud Ricard (Getränke) - 100.000 Dollar
- Herb Chambers (Autohandel) - 100.000 Dollar
- New Balance (Schuhe) - 50.000 Dollar

Nicht mit Geld aufzuwiegen ist für IndyCar der Imageverlust: Statt mit einem heiteren Spektakel und vollen Tribünen endlich im Nordosten der USA Fuß zu fassen, ist die Rennserie in einem der größten sportlichen Finanzskandale der USA seit Jahren gelandet. Da wird es wenig helfen, dass die Staatsanwaltschaft IndyCar bescheinigt, "weit mehr als nur kooperativ" gewesen zu sein.

Nach Brasilia zu Beginn der Saison 2015 (hier aus gänzlich anderen Gründen) war Boston die zweite Absage in nur etwas mehr als einem Jahr. Pläne, noch 2016 in China fahren zu wollen, sind ebenfalls ad acta gelegt worden. IndyCar flüchtet sich derweil in eine Offensive: Man wolle traditionelle Orte wie Surfers Paradise oder Portland in den Kalender zurückholen. Erst vor zwei Wochen hat die IndyCar Series ein gelungenes Comeback in Elkhart Lake gefeiert. Der Boston-Klotz wird der Rennserie jedoch womöglich noch für Jahre am Bein hängen.