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DPi-Analyse 24h Daytona 2022: Wenn ehrlich gefahren wird

Analyse der DPi bei den 24h Daytona: Warum Acura gewinnen konnte, obwohl man nicht am schnellsten war und wie es aussieht, wenn kein Sandbagging im Spiel ist

(Motorsport-Total.com) - Natürlich überlagerte der gigantische GTD-Pro-Kampf bei den 24 Stunden von Daytona 2022 alles. Doch auch die DPi-Kategorie wurde in einem engen Duell entschieden. Im Schlussspurt lagen die beiden Acuras von Wayne Taylor Racing und den Siegern von Meyer Shank Racing dicht zusammen. Bis Ricky Taylor im Verkehr hängen blieb und drei Sekunden verlor, die er nie wieder aufholen konnte.

Titel-Bild zur News: Oliver Jarvis, Tom Blomqvist, Simon Pagenaud

Die DPi-Teams spielten bei den 24h Daytona mit offenen Karten Zoom

Dass die zwei Acura ARX-05 um den Sieg gekämpft haben, erstaunt beim ersten Blick auf die Zeiten. Im Durchschnitt der 40 Prozent der besten Rundenzeiten tauchen sie nur auf den Plätzen vier und sechs auf. Die schnellsten drei Fahrzeuge waren Cadillac DPi V.R, von denen sich aber nur noch einer am Ende in der Führungsrunde befand.

Dass WTR nur auf der sechsten Position landet, zeigt, wie gut Wayne Taylor die 24 Stunden von Daytona versteht. Der Acura war da, als es drauf ankam, und verfehlte den fünften Sieg in sechs Ausgaben nur knapp.

Insgesamt zeigt sich ein sehr ausgeglichenes Bild im letzten DPi-Jahr. Selbst der Action-Express-Cadillac #48 (Rockenfeller/Kobayashi/Johnson/Lopez), der ein wenig nach hinten abfällt, ist im Rundendurchschnitt lediglich 0,428 Sekunden langsamer als der Ganassi-Cadillac #01 (van der Zande/Bourdais/Dixon/Palou), der die Liste anführt.

Zum Vergleich: Innerhalb dieses Zeitfensters liegen in der GTD Pro lediglich Ferrari, Porsche und Lexus. Das Delta vom Ersten zum Letzten beträgt dort 1,906 Sekunden. Selbst ohne Betrachtung der Ausreißer von BMW wären es 0,839 Sekunden vom Ersten zum Letzten. Oder, weil dieser früh ausgeschieden ist, 0,688 Sekunden bis zum Fahrzeug davor.

Analyse 40 Prozent schnellste Runden: Ganassi verspielte möglicherweise einen Sieg

Analyse 40 Prozent schnellste Runden: Ganassi verspielte möglicherweise einen Sieg Zoom

Acura geradeaus nicht zu schlagen

In ihrem letzten Jahr ist die DPi-Klasse also gut aussortiert gewesen. Das gilt aber nur auf den ersten Blick, denn der Teufel steckt im Detail. Die ganze Wahrheit verkündet nämlich erst die Sektoranalyse. Und diese spricht ein deutliches Bild.

Die Caddys dominieren fast geschlossen in den ersten beiden Sektoren, die eher kurvig sind. Wieder sind es die Ganassi-Boliden, die herausstechen. Sie waren die schnellsten DPi, verloren aber schon in der Nacht durch Defekte alle Chancen durch technische Defekte. Ob Ganassi hier wirklich einen Sieg verspielt hat, ist dennoch schwer zu sagen.

Denn im dritten Sektor, in dem schiere Motorleistung zählt, liegen die Acuras deutlich vorn. Eine volle Zehntelsekunde nimmt WTR hier allen Cadillacs ab - in einem Sektor von nicht einmal 30 Sekunden, in dem bis auf die Le-Mans-Schikane nur Vollgas geradeaus gefahren wird.

Analyse 40 beste Prozent Sektor 1: Ganassi war wirklich stark

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Das heißt: Die Acuras waren auf der Geraden nicht zu knacken. Und da die 24 Stunden von Daytona traditionell in Sprints entschieden werden und im Zweikampf Straightline-Performance Trumpfkarte ist, ist der Acura-Doppelsieg keine Überraschung.

In diesem Fall machten es die Caddys den Acuras besonders einfach: Beim letzten Boxenstopp kamen sowohl Action Express als auch JDC-Miller noch einmal rein, um ein paar Tropfen Sprit nachzutanken, und gaben damit Track-Position auf. Allerdings zogen sie damit die Gelbphase so in die Länge, dass sie von ihrer Extrafüllung nicht mehr profitieren konnten. Auch die Acuras konnten voll durchfahren.

Schließlich bekämpften sich beide Cadillacs auch noch nach dem Restart und Loic Duval wurde von Pipo Derani leicht von der Strecke gedrängt. Damit waren die Acuras allein auf weiter Flur und brauchten ihren Topspeed-Vorteil nicht einmal mehr ausspielen.

Analyse 40 Prozent beste Runden Sektor 2: Acura tut sich in den Kurven schwer

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Keine Performance verschleiert

Es zeigt sich auch, dass im Kampf um den Gesamtsieg kein Sandbagging betrieben wurde. Alle sieben DPi-Boliden blieben in den allermeisten Runden über ihrer jeweils schnellsten Rundenzeit aus dem Qualifikationsrennen. Selbst der siegreiche MSR-Acura fuhr in lediglich 13 Prozent seiner Runden im Rennen schneller als in seiner Schnellsten im Qualifikationsrennen.

Auch hier der Vergleich zur GTD Pro: Im Prozentsatz würden alle DPi-Boliden zwischen dem vorletzten und letzten GTD Pro landen, nur die #48 würde sich mit 3,5 Prozent sogar noch hinter dem Aston Martin von Heart of Racing einsortieren. Und dieser schied im Rennen sehr früh aus.

Auch der Durchschnittswert ist deutlich geringer. So waren die DPi durchschnittlich in 7,8 Prozent ihrer Runden schneller als in ihrer persönlichen Bestzeit im Qualifikationsrennen. In der GTD Pro liegt der Durchschnitt bei 31 Prozent!

Analyse 40 Prozent beste Runden Sektor 3: Acura hängt Cadillac geradeaus ab

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Wer ganz genau hinschaut, könnte den Siegern von Meyer Shank Racing geringfügiges Sandbagging vorwerfen. Schließlich fuhr der Acura #60 nicht nur die meisten Runden unter der persönlichen Bestzeit vom Qualifikationsrennen, sondern klettert auch bei der Auswertung der besten zehn Prozent aller Runden einen Platz nach oben (Auswertung siehe Ende des Artikels).

Allerdings ist der Bolide seine schnellsten Zeiten gar nicht in der absoluten Schlussphase gefahren, sondern überwiegend zwischen der 500. und 600. Runde am Sonntagvormittag. In dieser Zeit fuhr Tom Blomqvist einen herausragenden Stint, der letztlich für die Verschiebung verantwortlich sein dürfte. Der Vorwurf des Sandbaggings ist eher nicht gerechtfertigt.

Auch hier bleibt die Feststellung: Im letzten Jahr der DPi-Kategorie sind alle Parameter bekannt. Sandbagging hätte wohl nichts gebracht. 2023 wird die DPi durch die GTP-Kategorie abgelöst. Es kommen weitere Hersteller und der Einsatz wird steigen. Und damit natürlich auch das Risiko, dass Performance im Vorfeld verschleiert wird.

Meyer-Shank war in knapp 13 Prozent seiner Runden schneller als in seiner Schnellsten im Qualirennen

Meyer-Shank war in knapp 13 Prozent seiner Runden schneller als in seiner Schnellsten im Qualirennen Zoom

Weitere Auswertungsdaten (nicht aus Grafiken ersichtlich)

Top 10 Prozent schnellste Runden
1. Ganassi-Cadillac #01 - 1:34.514
2. Ganassi-Cadillac #02 - 1:34.572
3. Meyer-Shank-Acura #60 - 1:34.685
4. JDC-Miller-Cadillac #5 - 1:34.691
5. Action-Express-Cadillac #31 - 1:34.706
6. Wayne-Taylor-Acura #10 - 1:34.749
7. Action-Express-Cadillac #48 - 1:34.918

Top 10 Prozent Sektor 1
1. Ganassi-Cadillac #01 - 22,628
2. Ganassi-Cadillac #02 - 22,629
3. JDC-Miller-Cadillac #5 - 22,700
4. Action-Express-Cadillac #48 - 22,732
5. Meyer-Shank-Acura #60 - 22,745
6. Action-Express-Cadillac #31 - 22,762
7. Wayne-Taylor-Acura #10 - 22,837

Top 10 Prozent Sektor 2
1. Ganassi-Cadillac #01 - 44,146
2. Ganassi-Cadillac #02 - 44,210
3. JDC-Miller-Cadillac #5 - 44,220
4. Action-Express-Cadillac #31 - 44,228
5. Meyer-Shank-Acura #60 - 44,287
6. Wayne-Taylor-Acura #10 - 44,303
7. Action-Express-Cadillac #48 - 44,383

Top 10 Prozent Sektor 3
1. Wayne-Taylor-Acura #10 - 27,351
2. Meyer-Shank-Acura #60 - 27,411
3. Ganassi-Cadillac #02 - 27,416
4. JDC-Miller-Cadillac #5 - 27,428
5. Ganassi-Cadillac #01 - 27,470
6. Action-Express-Cadillac #31 - 27,499
7. Action-Express-Cadillac #48 - 27,540

Runden Schneller als schnellste Runde Qualirennen
1. Meyer-Shank-Acura #60 - 98 von 761 Runden schneller als 1:35.158
2. JDC-Miller-Cadillac #5 - 76 von 761 Runden schneller als 1:34.934
3. Action-Express-Cadillac #31 - 66 von 761 Runden schneller als 1:34.949
4. Ganassi-Cadillac #01 - 60 von 722 Runden schneller als 1:34.734
5. Wayne-Taylor-Acura #10 - 50 von 761 Runden schneller als 1:34.890
6. Ganassi-Cadillac #02 - 35 von 734 Runden schneller als 1:34.628
7. Action-Express-Cadillac #48 - 25 von 739 Runden schneller als 1:34.831