Allied-Racing: Wie das Selfmade-Team ins ADAC GT Masters kam

Jan Kasperlik brachte es in nur wenigen Jahren fertig, vom Amateursportler zu einem der größten Rennstallbesitzer Europas zu werden - Doch jetzt wird es hart wie nie

(Motorsport-Total.com) - Die Geschwindigkeit, mit der sich Allied-Racing entwickelt hat, kann teilweise beängstigend wirken. Erst 2016 fasste Jan Kasperlik den Entschluss, aus seinem Hobby den Hauptberuf zu machen. Schon 2022 umfasst sein Fuhrpark 15 Fahrzeuge, davon zwei GT3-Boliden. Acht Meisterschaften stehen für das Team auf dem Programm - das Königsengagement im ADAC GT Masters.

Titel-Bild zur News: Joel Sturm und Sven Müller werden die erste Saison von Allied-Racing im ADAC GT Masters bestreiten

Joel Sturm und Sven Müller werden die erste Saison von Allied-Racing im ADAC GT Masters bestreiten Zoom

Er ist eher Helmut Marko als Toto Wolff. Lieber zwei Schritte auf einmal gehen als jede einzelne Stufe komplett abgrasen. Wenn sich eine Gelegenheit ergibt, wird sie sofort wahrgenommen. Das zieht sich wie ein roter Faden durch Kasperliks Aufstieg in den 2010er-Jahren.

"Eigentlich sollte es ein Hobby bleiben", sagt er im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. Doch eine Mischung aus Gelegenheiten, persönlichem Anspruch und harter Arbeit machte aus dem Hobby den unkonventionellen Beruf Rennstallbesitzer.

"Wenn schon, dann richtig" - diese Philosophie zieht sich durch die ganze Geschichte von Allied-Racing. Der Name leitet sich daraus ab, dass ursprünglich drei Männer aus drei Nationen das Team gegründet haben - Marco Hürbin aus der Schweiz, Dietmar Lackinger aus Österreich und Kasperlik aus Deutschland.

Kasperlik, Ingenieur mit Schwerpunkt Elektrotechnik, arbeitete erst im Ausland, genauer im Nahen Osten. Erst mit 31 gründete er ein Ingenieurbüro - und wurde von der Karstadt-Insolvenz kalt erwischt. Doch schon hier biss er sich durch und fand einen Weg heraus.

Rasanter Aufstieg in der GT4-Welt

Als seine Firma endlich lief, war Geld für das übrig, was er schon immer machen wollte: Motorsport. Im Jahr 2013 begann alles mit einem BMW 325i im Histo-Cup. Doch die Ansprüche wuchsen so schnell, dass man irgendwann mit Datenaufzeichnung anfing. Weil dies über den Amateursport-Anspruch des Histo-Cups hinausging, musste sich Kasperlik ein neues Betätigungsfeld suchen.

Und wieder nutzte er Gelegenheiten. Eine damals schlecht laufende GT4-Europaserie, die 2012 sogar eine Pause eingelegt hatte, lockte mit geringen Einschreibegebühren. Gleichzeitig ergab sich die Möglichkeit, für wenig Geld einen BMW M3 GT4 zu erwerben, der beim 24-Stunden-Rennen verunfallt war. Wie so oft packte Kasperlik die Gelegenheit beim Schopf.

In der GT4-Szene gehört Allied-Racing zum Establishment

In der GT4-Szene gehört Allied-Racing zum Establishment Zoom

Von da an kam eines zu anderen: Hürbin und Lackinger stiegen 2015 aus, weil sie ihren bisherigen Berufen weiter nachgehen wollten. Kasperlik machte weiter - als Teambesitzer und Fahrer in Personalunion.

Die große Entscheidung fiel 2016, als Porsche Kasperlik einlud, um den Cayman GT4 zu fahren. "Ich bin auf den ältesten Trick der Welt reingefallen", lacht er. Er war an seine persönliche Bestzeit mit dem M3 GT4 auf dem Salzburgring sofort herangekommen. Was er übersah: Der Cayman stand auf Michelin-Reifen, während er seine BMW-Zeit auf Pirelli-Gummis gefahren hatte.

Der Wechsel des Fahrzeugs mitten in der Saison auf den Porsche Cayman kostete ihn letztlich die Meisterschaft um einen Punkt. Doch rückblickend betrachtet war es ein Segen. "Damit war die Tür zu Porsche geöffnet", sagt Kasperlik. Außerdem war der "Point of no return" erreicht. Von jetzt an war Kasperlik klar: Motorsport als Beruf ohne wenn und aber. Es gab kein zurück mehr.

Carrera-Cup und GT3-Sport

In Rekordzeit baute er das Team aus. Eine Werkstatthalle, die er im Winter 2016/17 eigens als Basis für die Rennwagen errichtete, war schon beim Einzug wieder zu klein. Der Fuhrpark wuchs mit jedem Jahr an. 2019 kamen die ersten Junioren ins Team, gleichzeitig erfolgte der Einstieg in den Porsche-Carrera-Cup.

Eigentlich wollte Kasperlik das Programm im Markenpokal auf solide Füße stellen, doch wieder gab es eine Gelegenheit, die er nicht auslassen konnte: Ein Porsche 911 GT3 R mit geringer Laufleistung war Ende 2020 im Angebot. Auf dem äußerst angespannten GT3-Markt eine wahre Rarität. Kasperlik schlug sofort zu, ohne ein Programm für das Auto zu haben.

"Der Porsche GT3 R ist fast wie ein Formelauto konstruiert." Jan Kasperlik

Wieder gelang es ihm, ein solches in kürzester Zeit auf die Beine zu stellen. Im Endurance-Cup der GT-World-Challenge (GTWC) Europe stand man allerdings zunächst auf verlorenem Posten. "Der Porsche GT3 R ist fast wie ein Formelauto konstruiert", staunt Kasperlik. Ingenieursseitig war man dafür nicht gut genug aufgestellt.

Einige experimentelle Sprintrennen mit Klaus Bachler und eine Umstrukturierung auf Ingenieursseite später steht Allied-Racing nun bestens vorbereitet für das ADAC GT Masters da. Sven Müller und Joel Sturm werden sich das Fahrzeug teilen. Kasperlik bezeichnet Sturm als seinen "Vorzeigejunior", da er als Erster die komplette Leiter des Teams durchlaufen hat.

"Es ist unglaublich, wie er sich entwickelt, mit welcher Akribie er sich vorbereitet", sagt Kasperlik. "Natürlich hat er beim ersten Test in Portimao von Sven noch ein bisschen eine serviert bekommen. Aber in den letzten drei Tests hat er sauber aufgeschlossen. Er versteht das Auto und kann es auch technisch analysieren. Mit ihm wird zu rechnen sein."

Das ADAC GT Masters ist die größte Herausforderung, der sich Allied-Racing bisher gestellt hat. Doch Kasperlik, der für das Engagement den Helm als Fahrer zunächst an den Nagel hängen wird, ist es mittlerweile gewohnt, ins kalte Wasser zu springen. Wenn das Team das Entwicklungstempo der vergangenen Jahre beibehält, sollte es bis zum Erfolg auch nicht allzu dauern.

Ein ausführliches Interview mit Jan Kasperlik lesen Sie in den kommenden Tagen auf Motorsport-Total.com.