Glock: "Jetzt will ich den nächsten Schritt machen"
Timo Glock im ausführlichen Interview über sein Team, seinen Teamkollegen und die Formel 1, nachdem er sich die GP2-Meisterschaft sichern konnte
(Motorsport-Total.com) - Timo Glock feierte in Valencia die GP2-Meisterschaft 2007, und war damit nach Nico Rosberg und Lewis Hamilton der dritte Titelträger und bereits der zweite deutsche Nachwuchspilot, dem dieses Kunststück gelang. Nach dem Rennen gab er seine Gedanken über seine iSport-Zeit preis und sprach auch über seinen Teamkollegen Andi Zuber und die Formel 1.

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Timo Glock ist nach seinem GP2-Meistertitel überglücklich
Frage: "Timo, erzähle uns doch etwas zu deinen Gedanken über Paul und die Jungs von iSport."
Timo Glock: "Es war schon etwas spezielles, als ich zum ersten Mal nach Silverstone kam. Wir fuhren nach Northampton in ein chinesisches Restaurant. Wir hatten ein Abendessen und wir sprachen zum ersten Mal. Danach hatte ich das Gefühl, als hätten wir bereits jahrelang zusammengearbeitet. Das war schon ein spezieller Moment."#w1#
"Als ich dann zum ersten Mal aus den Boxen in Silverstone fuhr und in die erste Kurve eingelenkt habe, wusste ich, dass ich in einem Auto sitze, mit dem ich gewinnen kann. Nun konnte ich jedem zeigen, was ich draufhabe und von diesem Zeitpunkt an gab es viele schöne Momente."
Auch aus Rückschlägen Kraft gesammelt

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Auch Rückschläge machten Timo Glock 2007 nur noch stärker Zoom
"Zum Beispiel der Test in Paul Ricard, wo wir uns förmlich den Hintern aufgerissen haben, damit wir das Auto für eine Renndistanz hinbekommen und es gleichzeitig auf meinen Fahrstil hingetrimmt haben. Als ich von dem Test zurückkam, habe ich sofort gesagt, dass wir das Rennen in Magny-Cours gewinnen werden. Ich hatte ein perfektes Gefühl für das Auto und so kam es auch. Eigentlich bestand vor allem die zweite Saisonhälfte aus vielen tollen Momenten, wie zum Beispiel Hockenheim."
"In dieser Saison begannen wir über den Winter zu arbeiten und ich hatte das Gefühl, dass wirklich jeder diese Meisterschaft wollte. Jeder hat hart gearbeitet. Im Winter habe ich oft mit den Ingenieuren gesprochen, wie wir das Auto feintunen. Es war schon etwas ganz spezielles und ich habe in Sachen Teamarbeit eine ganze Menge gelernt, auch darüber, wie man es fertig bringt, dass das Team hinter dir steht."
"Wir wussten, dass wir die Chance auf den Meistertitel haben. Wir waren bereits 18 Punkte in Front und die Medien sagten, dass es nun leicht wäre, die Meisterschaft zu holen. Aber ich habe immer gesagt: 'Nein, wartet, bis das letzte Rennen vorüber ist', und dann kam alles doch so, wie ich es mir gedacht habe."
"Aber in diesen schlechten Momenten machte das Team noch einen Schritt. Jedes Mal, wenn wir einen Rückschlag erlitten haben, haben wir das Positive mitgenommen, und kamen noch stärker zurück. Die Mechaniker haben in Monza und in Istanbul so hart gearbeitet, um die Autos wieder zurückzubringen."
Der Teamkollege hat viel Druck ausgeübt

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Timo Glock und Andi Zuber in Magny-Cours - das iSport-Bild des Jahres Zoom
"Und ein Punkt, der unser Team ebenfalls stark gemacht hat, war mein Teamkollege Andi Zuber. Er hat die Pace, er ist richtig schnell, aber er hatte zu Saisonbeginn viel Pech. Und ich denke mir, dass er in den letzten Saisonrennen nicht mehr topmotiviert war, weil er es einfach nicht umdrehen konnte."
"Aber er war mein Referenzpunkt, weil er beim Testen so schnell war, aber Testen und Rennen fahren sind für mich zwei verschiedene Dinge. Ich versuche beim Testen meine Arbeit zu erledigen und im Qualifying zählt es dann. Aber wir haben uns jedes Mal gegenseitig gepusht Schritt für Schritt und er hat einen perfekten Job gemacht. Wir haben als Team zusammengearbeitet, und als wir Rennen gefahren sind, hat es immer funktioniert. Nein, nicht jedes Mal. (lacht; Anm. d. Red.). In Magny-Cours hat es nicht funktioniert, aber sonst eigentlich immer."
Frage: "Für einen Rennfahrer hast du eine sehr ungewöhnliche Karriere hinter dir. Stark in der Formel 3, aus verschiedenen Gründen ein etwas bizarrer Formel-1-Einstieg und dann zu den ChampCars. In die GP2 zurückzukommen war ein großes Risiko. Nachdem jetzt 18 Monate vergangen sind, was bedeutet es dir, diese Meisterschaft gewonnen zu haben?"
Glock: "Die Situation war unglaublich schwierig. Ich arbeite nun bereits seit sieben Jahren mit meinem Manager zusammen und viele Leute kennen ihn nicht, weil er sehr im Hintergrund operiert. Das ist auch eine Sache, die das Team stark gemacht hat. Nämlich, dass mein Manager nicht gegen das Team gearbeitet hat. Wir haben gesagt, was wir wollen, wir haben einen Weg gefunden, und das war das Team. Mein Manager, ich und alle anderen Menschen."
Nächster Halt: Formel-1-Einsatzcockpit

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Nach der Testfahrerrolle soll nun ein Formel-1-Einsatzcockpit folgen Zoom
"Vor ein paar Jahren war es einfach nur hart. Ich dachte, dass ich vielleicht in Amerika eine Karriere starte und die Formel 1 vergesse, aber am Ende fanden wir eine Unterstützung, und wir sagten uns: 'Okay, wir müssen einen Weg in die GP2 finden, oder das richtige Team finden und alles auf eine Karte setzen."
"Anfangs sah es so aus, als wäre das die falsche Entscheidung gewesen, aber nach dem Wechsel zu iSport war es doch richtig. Wir sagen nie, das war jetzt eine falsche Entscheidung, oder das war jetzt eine richtige Entscheidung. Aber aus jeder Entscheidung nehmen wir etwas mit. Wir lernen daraus und das nächste Mal machen wir es eben anders oder sogar besser. Und am Ende ist es einfach eine perfekte Kombination."
Frage: "Und natürlich konntest du dir die Rolle eines Testfahrers bei BMW Sauber sichern, und vielleicht sogar noch mehr. Wie wichtig ist es, in der GP2 zu fahren, wenn man in die Formel 1 will?"
Glock: "Ich denke, die letzten Jahre haben gezeigt, was die GP2 ist, und wie stark die Meisterschaft ist. Nico Rosberg, Lewis Hamilton, Heikki Kovalainen, Scott Speed - alle haben es in die Formel 1 geschafft. Für mich ist es eine perfekte Situation, der GP2-Champion zu sein. Natürlich bin ich als Testfahrer bereits in der Formel 1, aber ich will den nächsten Schritt machen und das ist ein Einsatzcockpit. Ich hoffe, das hilft mir ein bisschen."

