Mansell im Interview: "War schon immer ein Mansell"
Greg Mansell spricht im Interview über Le Mans, die Formel Renault, Zukunftspläne und Familienangelegenheiten
(Motorsport-Total.com) - Greg Mansell, der jüngere Sohn des früheren Formel-1-Weltmeisters Nigel, bestreitet in der Formel Renault 3.5 im Rahmen der World Series seine bereits zweite Saison. Der Start in das Jahr verlief durchwachsen, doch im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' zeigte sich der 22-Jährige optimistisch. Der Brite plauderte auch über seine Zukunftspläne, die Formel 1, Langstreckensport und die Rennfahrerfamilie Mansell.

© Markus Miksch
Greg Mansell gefällt die Herausforderung Langstreckensport
Frage: "Du bestreitest nun deine zweite Saison in der World Series by Renault. Wie würdest du deine erste rückblickend betrachten?"
Greg Mansell: "Die erste Saison ist wie immer im Rennsport mit Lernen verbunden. Man muss die Strecken und die Autos kennenlernen. Im zweiten Jahr hat man dann mehr Erfahrung und weiß, wo's lang geht. Bis jetzt hatten wir aber einen durchwachsenen Start in die Saison und kommen nur langsam in Schwung."
Frage: "Du hast aber viel mehr Runden, als etliche andere Fahrer dieser Serie auf dem Buckel. Ist das kein Vorteil?"
Mansell: "Das Feld ist sehr durchgemischt. Es gibt einige Rookies, aber auch einige Fahrer, die schon drei oder vier Jahre dabei sind. Mehr Runden als die anderen Piloten gefahren zu sein hilft dir vielleicht die Probleme, die an einem Rennwochenende auftauchen, leichter zu managen, aber es ist kein allzu großer Vorteil."#w1#
Frage: "Was sind deine Saisonziele?"
Mansell: "Ich möchte ein solides Jahr haben, regelmäßig in die Punkte fahren und vielleicht auch ein paar Rennen gewinnen. Aber im Moment ist die Pace nicht gerade großartig. Wir arbeiten zwar am Auto und es ist schon besser als zum Beginn des Jahres. Zum Saisonende hin sollte es besser laufen."
Frage: "Wo genau liegt das Problem?"
Mansell: "Wenn wir das wüssten, wären wir schneller. Die Testzeiten vor dem Saisonstart waren in Ordnung. Aber unser Renn-Setup passt noch nicht optimal zu den verschiedenen Reifentypen, wir arbeiten daran."
Frage: "Wer wird Champion in der World Series?"
Mansell: "Mikail Aleshin fährt derzeit sehr konstant. Er punktet bei jedem Rennen und macht keine Unfälle. Aber Daniel Ricciardo hat ein gutes Paket und Red Bull hinter sich. Einer von den beiden wird's."
Frage: "Was ist deine Lieblingsrennstrecke?"
Mansell: "Das ist wohl Silverstone, auch der neue Streckenabschnitt gefällt mir sehr gut. Aber mag auch Laguna Seca in den USA."
Frage: "Bist du auch schon über den neuen Streckenteil in Silverstone gefahren?"
Mansell: "Ja, ich habe dort einen Test mit einem LMP1-Auto für Le Mans bestritten, der ist wirklich fein. Ein paar Fahrern fehlen zwar Bridge und Luffield, aber der neue Teil ist wirklich gut gelungen."
Frage: "Welche Strecken gefallen dir besser, die in den USA oder in Europa?"
Mansell: "Die Rennstrecken unterscheiden sich voneinander. Europäische Kurse sind technisch anspruchsvoller, man muss sehr präzise fahren. Aber sie sind sehr weitläufig und sicher, es gibt kaum Mutkurven. In den USA gibt es noch immer viele Betonmauern. Wenn man einen Fehler macht und von der Strecke abkommt, kracht's. Wegen den betonierten Auslaufzonen kann man in Europa mehr ans Limit gehen. Man kommt immer noch um die Kurve herum und verliert nicht einmal viel Zeit. Wenn du so in Amerika fährst, landest du in der Mauer. Und das schmerzt, wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Das sollte man nicht allzu oft machen."
Frage: "Als Sohn eines Formel-1-Weltmeisters stehst du natürlich mehr im Rampenlicht. Wie gehst du damit um?"
Mansell: "Das ist nichts Neues für mich. Ich war schon immer ein Mansell. An schlechten Tagen bekommt man oft mehr Aufmerksamkeit als an manchen guten. Das kann natürlich schwer sein, aber ich kann damit umgehen."
Frage: "Was ist die Frage, die dir im Zusammenhang mit deinem Vater am meisten gestellt worden ist?
Mansell: "Die letzte (lacht)."
Frage: "Und dein Bruder fährt nun in der Le Mans Series?"
Mansell: "Ja. Zu Beginn unserer Karriere sind wir noch gemeinsam in jeder Serie angetreten. Aber er ist schon im letzten Jahr in der Le Mans Series gefahren und nun waren wir in Le Mans wieder vereint."
Frage: "Wie würdest du dein Verhältnis zu deinem Bruder beschreiben?"
Mansell: "Es ist schon ein Unterschied zwischen meinem Bruder und einem normalen Teamkollegen. Man ist zwar befreundet, aber man würde mit einem gewöhnlichen Kollegen nie die selben Geheimnisse teilen, zum Beispiel, wieso man in einer Kurve schneller ist. Dem eigenen Bruder hilft man, wo es nur geht. Speziell wenn man wie wir nun in Le Mans mit dem selben Auto unterwegs sind. Alles was ihn schneller macht, macht mich auch schneller. Da gibt es viel mehr Hilfe und Ehrlichkeit, das macht es besonders."
Frage: "Telefonierst du nach den Rennen mit deinem Bruder?"
Mansell: "Meistens schicken wir uns SMS. Da schreiben wir dann kurz "es lief beschissen" oder "es lief gut". Wir sind also ständig in Kontakt und wissen, was beim anderen passiert."
Frage: "Wie sehen deine Zukunftspläne aus?"
Mansell: "Im Rennsport kann man nie Pläne für die Zukunft schmieden. Im letzten Jahr dachte ich, ich werde in dieser Saison wieder in den USA Rennen fahren. Aber Comtec unterbreitete mir ein fantastisches Angebot, das ist ein gutes Team, also unterschrieb ich. Und noch dazu bin ich in diesem Jahr in Le Mans gestartet und lernte die Le Mans Series kennen. Im nächsten Jahr werde ich vermutlich entweder weiter im Formel-Sport bleiben oder bei den Prototypen starten."
Frage: "Welche Serie ist für dich spannender? Formel 1 oder Indycars?"
Mansell: "Die Formel 1, wegen der Technik und der Entwicklung. Jedes Auto wird von Rennen zu Rennen um ein paar Zehntel schneller. Das Rennen in der Box, das Auto richtig hinzubekommen, ist fast genauso wichtig, wie das auf der Strecke. Ich finde, aus fahrerischer Sicht ist die Le Mans Series sehr interessant. Man fährt an einem Tag so viel wie in fünf Rennen. Aus mentaler Sicht und wegen des taktischen Elements ist diese Serie sehr interessant."
Frage: "Kommen Langstreckenrennen deinem Fahrstil mehr entgegen?"
Mansell: "Ich musste mich auch erst an die weichere Fahrweise gewöhnen, wie man mit den Bremsen, den Reifen und dem Auto über eine lange Distanz umgeht. Die Balance des Autos verändert sich ständig während des Rennens, man muss in der Box die richtigen Entscheidungen treffen. Es ist wie ein Schachspiel, das macht es so hart. Aus taktischer Sicht machen diese Rennen mehr Spaß. Im Formel-Sport muss man in jeder Runde, in jeder Kurve 110 Prozent geben. Die Bremsen lassen nicht nach und die Reifen bauen erst zum Ende des Rennens ab. Da gibt es nur Vollgas."

