• 25.09.2009 17:33

  • von Stefan Ziegler

Soucek: "Perfekte Mischung aus Kopf und Herz"

Der neue Formel-2-Champion Andy Soucek im exklusiven Interview über den Titelgewinn, den Reifeprozess als Fahrer und die Chancen in der Formel 1

(Motorsport-Total.com) - Andy Soucek kann sich nun voll auf die mögliche Zukunft in der Formel 1 stürzen. Der Austro-Spanier, der sich am vergangenen Wochenende in Imola vorzeitig den Titel in der neuen Formel 2 sicherte, ist seinem Traum auf jeden Fall nun deutlich näher gekommen. Als Lohn für den Titelgewinn steht am Ende des Jahres ein Formel-1-Test mit Williams an. Dies könnte der erste wichtige Schritt sein, verrät Soucek im Interview mit 'Motorsport-Total.com'.

Titel-Bild zur News: Andy Soucek

Andy Soucek hat ein klares Ziel für 2010: Ein Cockpit in der Formel 1

Frage: "Andy, du hast es nun endlich geschafft. Herzlichen Glückwunsch zum Meistertitel in der Formel 2. Was bedeutet dir dieser Erfolg?"
Andy Soucek: "Das bedeutet mir sehr viel. Der Tag des Titelgewinns war wohl einer der glücklichsten Tage meines Lebens. Ich hätte nie erwartet, dass ich den Sack schon im ersten Rennen in Imola zumachen könnte, weil ich von der sechsten Position losfahren musste. Dann noch Dritter zu werden ist gut, denn hier kann man nicht gerade gut überholen. Das war ein super Rennen, vielleicht sogar das beste des Jahres. Es ist zwar kein Sieg, aber es fühlt sich für mich wie ein Sieg an."#w1#

"Jetzt bekomme ich einen Test mit Williams und das alles kann für meine Zukunft nur hilfreich sein. Jetzt ist für mich der Moment gekommen. Nun werde ich anfangen, wirklich mit Formel-1-Teams zu verhandeln. Ich bin in der Formel 3 Meister geworden, in der Renault-World-Series nur knapp daran gescheitert, ich war in der GP2 auf dem Podium und in der Formel 2 habe ich den Titel nun mit fünf Siegen und sieben Podestplätzen gewonnen. Das ist der helle Wahnsinn. Ich bin sehr, sehr glücklich."

Frage: "Ist es ein besonderes Gefühl, den Titel ausgerechnet auf einer solchen Traditionsstrecke wie Imola geholt zu haben?"
Soucek: "Ich hatte vorher sehr viel über die Strecke gehört, aber ich muss nun sagen, dass sie einfach zu alt ist. Sie hat sehr viele Bodenwellen und mit einem Formelauto ist das nicht ganz einfach, weil das Heck in jeder Bremszone wegen der Schläge unglaublich instabil wird. Das Streckenlayout ist aber eigentlich sehr nett. Ich freue mich trotzdem nun auf Barcelona. Das ist mein Heimrennen, dort möchte ich sehr gern nochmal gewinnen."

Frage: "Wenn du mal auf den bisherigen Saisonverlauf zurückblickst: Welches waren die entscheidenden Punkte, die dir den Titel gesichert haben?"
Soucek: "Da gab es mehrere Faktoren. Aber habe ich immer sehr viel Selbstvertrauen gehabt. In der GP2 musst du unbedingt in einem guten Auto sitzen, um eine Chance zu haben, aber in der Formel 2 sind wirklich alle Boliden gleich. Und mir war bewusst, dass ich beim Kampf mit gleichen Waffen durchaus der Bessere sein kann."

Andy Soucek

Der von Williams entwickelte Bolide wird von einem 450-PS-Audi-Motor geschoben Zoom

Frage: "Würdest du die Formel 2 als Nachwuchsserie empfehlen?"
Soucek: "Ja, auf jeden Fall. Ich sage das wirklich nicht nur, weil ich gerade Champion geworden bin. Es ist aus meiner Sicht die professionellste Serie, in welcher ich jemals gefahren bin. Die Organisation ist absolut top. Logischerweise kann es im ersten Jahr einer solchen Serie auch mal technische Probleme geben. Ich habe diesbezüglich mehr Glück gehabt als zum Beispiel Robert Wickens. Jonathan Palmer und die anderen Leute haben tolle Arbeit geleistet. Ich kann mich wirklich nicht beschweren."

"Da alle Autos wirklich gleich sind, hat ein Nachwuchsfahrer eine echte Chance. Ein Fahrer bekommt hier niemals besseres, aber auch niemals schlechteres Material als die anderen Piloten. Die Ingenieure kommen eigentlich alle von der Formel 2, aber man kann auch seinen eigenen Techniker mitbringen. Ich habe das so gemacht. Du hast eigentlich kein Team, aber du kannst dir eines um dich herum aufbauen."

Frage: "Was hast du in diesem Jahr gelernt?"
Soucek: "Ich habe in meiner Qualität als Fahrer einen Sprung gemacht. Ich war vorher vielleicht manchmal zu aggressiv und habe zu viele Fehler gemacht. In diesem Jahr habe ich die perfekte Mischung aus Herz und Kopf gefunden. Das habe ich gut ausbalanciert, es hat sich auf jeden Fall gelohnt."

Frage: "Nun bekommst du als zusätzlichen Lohn einen Test im Formel-1-Auto von Williams. Was versprichst du dir davon?"
Soucek: "Ich hoffe, dass ich einen guten Test abliefern kann. Wichtig wird sein, dass ich schnell bin, gut mit den Ingenieuren zusammenarbeite und sie erkennen, dass ich ein gutes Potenzial mitbringe. Wenn das so klappt, dann wird es mit Sicherheit Gespräche bezüglich des kommenden Jahres geben. Ich weiß nicht genau, wie der Markt in der Formel 1 ausschaut, aber ich glaube schon, dass sich eine Möglichkeit ergeben könnte. Mein Jahr war gut und ich habe auch zuvor fast überall gewonnen, wo ich angetreten bin. Als Formel-1-Fahrer muss du komplett sein und ich bin gerade auf dem Höhepunkt meiner Reife."

"Ich habe in meiner Qualität als Fahrer einen Sprung gemacht."

Frage: "Eventuell gibt es in der kommenden Formel-1-Saison sogar 14 Teams. Wo siehst du Chancen für dich?"
Soucek: "Auf jeden Fall sehe ich eher Chancen bei den neuen Teams, denn die bestehenden Teams haben im Grunde einen festen Markt für Piloten. Williams ist natürlich aber auch eine Möglichkeit, ich würde es natürlich am liebsten mit diesem Team machen."

Frage: "Da Nico Hülkenberg wohl zum Stammfahrer aufsteigt, wird bei Williams die Position des Testfahrers frei. Wäre das auch eine Option für dich?"
Soucek: "Könnte sein, aber ich würde lieber Rennen fahren."