• 26.10.2006 14:20

Zanardi steigt wieder ins Formel-1-Auto

Dem Italiener, der sich bereits freut "wie ein kleines Kind", konnte BMW Motorsport Direktor Mario Theissen den Wunsch nicht abschlagen

(Motorsport-Total.com/sid) - Der beinamputierte Italiener Alessandro Zanardi will wieder Formel 1 fahren. Der 40-Jährige, der für BMW in der Tourenwagen-WM (WTCC) unterwegs ist und in dieser Saison seinen zweiten Sieg feierte, soll am 25. und 26. November in Valencia im Rahmen des Formel BMW Weltfinales einen Boliden des BMW Sauber F1 Teams fahren.

Titel-Bild zur News: Alessandro Zanardi

Alessandro Zanardi kann seinen Formel-1-Test kaum noch erwarten

"Ich freue mich wie ein kleines Kind, noch einmal die neue Generation von Formel-1-Autos fahren zu dürfen", sagte Zanardi in München dem 'Sport-Informations-Dienst' (sid). "Alex hat schon vor längerer Zeit angefragt, einmal ein Formel-1-Auto zu fahren. Diesen Wunsch erfüllen wir ihm gerne", meinte BMW Motorsport Direktor Mario Theissen.#w1#

Die Sitzprobe in dem Auto hat Zanardi bereits hinter sich. Der Wagen wurde speziell für den Italiener modifiziert. Ein Kupplungshebel am Lenkrad wurde zum Gashebel umfunktioniert, das Bremspedal verbreitert und in die Mitte des schmalen Fußraums verlegt, damit Zanardi mit seiner Prothese bremsen kann.

Nach sieben Jahren wieder im Formel-1-Auto

Geklärt werden muss noch die Reifenfrage. Der Vertrag des BMW Sauber F1 Teams mit Michelin ist am vorigen Sonntag mit dem Saisonende in São Paulo ausgelaufen. Die Details der Zusammenarbeit mit dem künftigen Formel-1-Alleinausrüster Bridgestone müssen noch fixiert werden.

Zanardi hat in seiner Karriere zwischen 1991 und 1994 sowie 1999 in der Formel 1 insgesamt 41 Grands Prix absolviert. Am 15. September 2001 verlor der zweimalige Gesamtsieger der CART-Serie bei einem Unfall während des Rennens auf dem EuroSpeedway Lausitz beide Beine.

Trotz seiner Behinderung hat er in der Tourenwagen-WM ein sensationelles Comeback gefeiert und am 28. August 2005 in Oschersleben als erster körperbehinderter Fahrer dieser Serie ein Rennen gewonnen. In diesem Jahr ließ er einen weiteren Sieg in Istanbul folgen, der ihm selbst noch mehr bedeutet als der erste, weil er ihn im direkten Kampf mit den Top-Fahrern holte.

Zum letzten Mal in einem Formel-Auto saß Zanardi vor drei Jahren. 2003 absolvierte er in einem ChampCar-Boliden in der Lausitz genau die 13 Runden, die ihm in seinem Schicksalsrennen 2001 noch bis ins Ziel fehlten.

"Zwischen einem Heiligen und einem Showgirl"

Der Horrorunfall hat dem ehemaligen Formel-1-Fahrer eine besondere Popularität beschert. Mit einer Mischung aus Neugier, Mitleid und Respekt wird er von vielen Außenstehenden betrachtet. "Viele Gesunde wissen nicht, wie sie mit einem Behinderten umgehen sollen, ob sie die Tür aufhalten sollen oder nicht. Das ist oft peinlich für sie", so Zanardi: "Ich mache dann einen Witz, und die Situation entspannt sich."

Seine Erfahrungen im Kampf gegen seine Behinderung will Zanardi auch für andere Kranke und Behinderte einsetzen. "Neulich traf ich einen Mann, der seine dreijährige Tochter auf dem Arm trug, die ohne Beine geboren wurde", erzählte Zanardi vor einigen Monaten: "Er meinte, meine Geschichte hätte ihm gezeigt, dass auch seine Tochter ein lebenswertes Leben führen kann."

Mit einer Stiftung unterstützt er ein Kinderkrankenhaus in Apulien, wo in einem historischen Gästehaus die Familien der kleinen Herzpatienten untergebracht werden. "Mein Schicksal ist nichts im Vergleich zu dem, was diese Kinder durchmachen", sagte er. Seinen "Ruf irgendwo zwischen einem Heiligen und einem Showgirl" (Zanardi) nutzt er daher ständig, um Geld zu sammeln.