• 25.11.2006 11:34

  • von Hammer / Hust

Zanardi: "Soll ich meinen Fuß schmaler machen?"

Alessandro Zanardi über seine Ausfahrt im Formel-1-Boliden, die trotz seiner Behinderung reibungslos vonstatten ging

(Motorsport-Total.com) - Heute (Samstag) ist es soweit. Alessandro Zanardi darf in Valencia einige Runden im BMW Sauber F1.06 abspulen, nachdem er am Donnerstag lediglich einen kurzen Funktionstest absolviert hat. Begonnen hatte alles mit einem Scherz, als der beinamputierte Rennfahrer BMW Motorsport Direktor Mario Theissen bei der Weihnachtsfeier ansprach.

Titel-Bild zur News: Alessandro Zanardi

Alessandro Zanardi darf heute (Samstag) erneut im Formel-1-Auto Platz nehmen

"Bist du daran interessiert zu wissen, wie schnell dein Auto sein kann?", fragte der Italiener. Doch obwohl diese Frage eher als Scherz gedacht war, klingelte eines Tages das Telefon. Am an anderen Ende der Leitung war Mario Theissen. Der Deutsche wollte seinem WTCC-Fahrer die Chance geben, ein paar Runden im Formel-1-Boliden zu fahren. "Wir haben dann hart gearbeitet, um das Auto an meine Bedürfnisse anzupassen", erinnert sich Zanardi. "Und nun bin ich hier und fahre das Auto."#w1#

Als Zanardi am Mittwoch an der Strecke ankam, da wusste er noch gar nicht, dass er schon am Donnerstag ein paar Runden fahren kann: "Ich sah ein paar sehr glückliche Gesichter, jeder war überrascht, dass das alles so gut und reibungslos funktionierte."

"Ich muss hinzufügen, dass mich BMW immer maximal unterstützt hat, besonders in der WTCC, wo wir schon zwei Siege geholt haben", so der 40-Jährige. "Den Formel-1-Boliden zu fahren ist ein weiterer Schritt. Der Glaube von BMW ist es, dass Technologie dem Menschen dienen muss und nicht umgekehrt. Ich bin sehr, sehr stolz, dass ich dies tun darf."

Alessandro Zanardi

Alessandro Zanardi schaltet, gibt Gas und kuppelt mit dem Lenkrad Zoom

Seinen Test verbindet der ehemalige Formel-1-Pilot "mit gemischten Gefühlen". "Einige von ihnen könnten gegen dich arbeiten. Zum Beispiel der Wille, es gut zu machen, könnte dazu führen, dass du zu viel versuchst und abfliegst. Aber ich bin kein Neuling. Am Donnerstag habe ich aus diesem Grund genossen, was ich getan habe."

"Das Auto war fantastisch. Alles ist so präzise, ich war wirklich überrascht, denn normalerweise hast du nicht die Zeit, an allen Details des Autos zu arbeiten. Kein Wunder, dass dieses Auto von einem Schweizer Team gebaut wird - es arbeitet wie eine Schweizer Uhr. Und so fühlt sich das Auto auch an. Es ist unglaublich präzise. Ein besseres Wort habe ich nicht dafür. So sollte es auch sein, aber für gewöhnlich ist das nicht der Fall. Es ist ein Auto, das sich anfühlt wie die wunderschöne 7er-Serie, nicht wie ein Formel-1-Auto!"

Damit Zanardi mit seiner Behinderung den BMW Sauber F1.06 fahren konnte, musste einiges umgebaut werden: "Vor allem die Bremse. Das Pedal wurde von der linken auf die rechte Seite verlegt. Denn an der rechten Seite habe ich mein stärkeres Glied. Ich kann mit meinem rechten Bein mehr Druck erzeugen."

"Ich drücke mit meiner Hüfte nach unten und erzeuge dadurch den Druck. Mein Fuß ist mit einem Klettband am Pedal fixiert. Wenn ich schnell aussteigen muss, dann garantiere ich euch, dass mein Bein abfallen würde!"

"Das Auto ist für kleinere Fahrer entwickelt worden, ich habe gehört, dass das neue Auto, das BMW für die Saison 2007 entwickelt, viel größer ist. Ich hoffe, dass ich im Verlauf der Zeit auch dieses Auto testen darf", fügt Zanardi mit einem Lachen an.

Alessandro Zanardi

Das BMW Sauber F1 Team fertigte ein spezielles Bremspedal an Zoom

Die Probleme bei der Anpassung nahm Zanardi mit seinem üblichen schwarzen Humor gelassen: "Da der Platz sehr begrenzt ist, habe ich zu den Mechanikern gesagt: 'Nun, ich kann meine Füße schmaler machen. Ich bin der einzige Fahrer auf der Welt, der das tun kann'. Meine Füße haben nun Größe 36. Normalerweise habe ich Größe 43. Meine Füße sind nun schmaler als jene meines Sohnes, der acht Jahre alt ist. Er hat schon Größe 37."

"Ich habe auch gehört, dass Jacques Villeneuve nur den rechten Teil des Lenkrads verwendet hat, um rauf und runter zu schalten. Ich habe darum gebeten, mir sein Lenkrad anschauen zu dürfen, und so mache ich das nun auch. Auf der linken Seite habe ich das Gas, auf der rechten Seite schalte ich. Am unteren Ende des Lenkrades habe ich die Kupplung."

Und was sagt seine Familie zu dem Test? "Gestern war meine Frau Daniella so zuversichtlich, dass sie tatsächlich Fernsehen schaute, als ich los fuhr. Als sie hörte, wie schnell ich fahre, war sie schockiert. Da eilte sie schnell herbei, um sich das anzuschauen. Aber als sie an der Strecke ankam, war mein Test schon vorbei. Also hat sie ihn verpasst. Und was meinen Sohn betrifft - er hat keinerlei Interesse am Motorsport."