Wolff spricht sich deutlich gegen Kundenautos aus

Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff hat kein Interesse an einem durch Kundenautos aufgeblähten Teilnehmerfeld in der Formel 1 - Er fürchtet GP2-Verhältnisse

(Motorsport-Total.com) - In der Formel 1 wird aktuell darüber diskutiert, wie man die Kosten für die Teams effizient senken könnte. Dabei geht es auch um mögliche Kundenautos, die vor allem neuen Teams den Einstieg in die Königsklasse erleichtern würden. Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff spricht sich allerdings klar gegen die Idee aus, andere Teams mit einem Chassis auszustatten.

Titel-Bild zur News: Toto Wolff

Toto Wolff hat kein Interesse an Kundenautos in der Formel 1 Zoom

"Ich habe einen klaren Standpunkt. Es ist die Formel-1-Konstrukteurs-Weltmeisterschaft und nicht die Formel-1-Kunden-Weltmeisterschaft", sagt Wolff und erklärt: "Das Einstiegslevel ist hoch, denn das ist der Gipfel des Motorsports. Wir wollen keine GP2 und wir wollen es nicht einfach machen, in die Formel 1 zu kommen."

"Wenn man an der Formel 1 teilnimmt, braucht man eine Infrastruktur und es ist wie in jedem anderen Business, in dem es ein hohes Einstiegslevel gibt, weil das Feld so konkurrenzfähig ist." Die bis heute letzte große Welle an neuen Teams gab es im Jahr 2010, als mit HRT, Virgin (heute Marussia) und Lotus (heute Caterham) gleich drei Teams den Einstieg in die Formel 1 wagten. Während HRT seine Tore bereits wieder geschlossen hat, warten die beiden letztgenannten noch immer auf ihren ersten WM-Punkt.

Mattiacci findet's gut

"Die Regeln könnten in der Zukunft allerdings etwas gelockert werden", deutet Wolff an und erklärt: "Was man mitbringen muss, um in der Formel 1 anzutreten, ist vielleicht nur noch das Chassis und andere Teile und in diese Richtung bewegen wir uns bereits seit einigen Jahren. Ich denke, dass das ein vernünftiger Schritt ist, um ein konkurrenzfähiges Feld mit genügend Autos zu garantieren."

Claire Williams, stellvertretende Teamchefin des gleichnamigen Rennstalls, sieht es ähnlich: "Jeder kennt die Einstellung von Williams zu Kundenautos. Wir denken, dass es komplett gegen die DNS des Sports geht. Wir unterstützen das nicht und wir denken, dass es andere Wege gibt, um die Kosten in der Formel 1 zu senken, bevor wir diese Diskussion führen."

Doch es gibt innerhalb der Formel 1 auch Fürsprecher für das Kundenmodell. Ferraris neuer Teamchef Marco Mattiacci erklärt beispielsweise: "Ich denke, wenn es einen Weg gibt, ein günstigeres Einstiegslevel zu garantieren, dann ist das ein Kundenauto." 2015 wird mit dem neuen Rennstall des US-Unternehmers Gene Haas wohl erstmals seit einigen Jahren wieder ein komplett neues Team in die Formel 1 kommen, mit Forza Rossa steht ein weiteres Projekt bereits in den Startlöchern.

Marco Mattiacci

Der neue Ferrari-Teamchef Marco Mattiacci sieht Kundenautos deutlich positiver Zoom

Mattiacci erklärt: "Man gibt ihnen die Möglichkeit, zwei oder drei Jahre Erfahrungen und Wissen zu sammeln, damit sie dann konkurrenzfähig werden. Das wäre ein praktikabler Weg." Soll heißen: Kundenautos könnten neue Teams in die Formel 1 locken und diesen eine Art Übergangsphase bieten, bis man selbst ein konkurrenzfähiges Auto bauen kann.

Für Red-Bull-Teamchef Christian Horner ist es trotzdem ein "heikles Thema". Er erklärt: "Sagen wir beispielsweise, dass wir die existierenden Teams vergessen, uns aber die neuen ansehen. Um neue Teams in Formel 1 zu bringen, wäre ein ein Jahr altes Auto sicherlich der günstigste und kosteneffizienteste Weg, um ein Team in die Formel 1 zu bringen, das kein Geld in die Design-, Entwicklungs-, oder Herstellungsabteilung investieren muss."

Kein Unterschied für Motorenhersteller

"Es müsste nicht die ganzen Crash-Tests absolvieren und könnte sich einfach darauf konzentrieren, ein Rennstall zu sein, während sie ihre Infrastruktur aufbauen. Man würde denken, dass es ein logischer Weg wäre, einem kleinen Team und einem Team, das möglicherweise in die Formel 1 kommen möchte, zu helfen."

Remi Taffin von Renault verrät währenddessen, dass es zumindest für die Motorenhersteller keinen großen Unterschied machen würde: "Ich muss gestehen, dass wir darüber bisher nicht nachgedacht haben. Das ist wohl eine Frage für meinen Chef. Aber einfach einmal angenommen, es würde Kundenautos geben, dann würde sich für uns wohl nicht viel ändern. Die Herangehensweise dürfte aus meiner Sicht ähnlich sein."

"Ich glaube nicht, dass Kundenautos die Gesamtsituation für uns einfacher machen würden. Okay, man könnte alles einfach kopieren. Unterm Strich hätte man so gesehen weniger Arbeit. Dennoch würde man es nach wie vor mit verschiedenen Fahrern und verschiedenen Teams zu tun haben. Die Arbeitslast wäre also in etwa gleich."

Remi Taffin

Für Remi Taffin würden Kundenautos keinen großen Unterschied bedeuten Zoom

Wolff bekräftigt seine Kritik an diesem System trotzdem noch einmal: "Wenn wir wirklich in die Situation kommen, in der die Zahl der Autos auf ein kritisches Level sinkt, was auch immer das ist, 20 oder 18 Autos, dann müssen denke ich Maßnahmen getroffen werden. Das könnte ein drittes Auto sein oder Kundenautos."

"Aber dann stellen sich viele neue Fragen: Was ist ein Kundenauto? Sollen die Autos unter den Regeln des vergangenen Jahres antreten? Sollen es wie bei den Sportwagen ein Balance-of-Performance-System geben? Ich denke nicht, dass das die Formel 1 ist. Der Teufel steckt im Detail."

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