• 17.03.2006 18:25

Willis: "Werden versuchen, überall schnell zu sein"

Der Technische Direktor von Honda über seinen neuen Fahrer Rubens Barrichello, die Freien Freitagstrainings, sowie die Heckflügel-Problematik

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Geoff, ihr habt in Rubens Barrichello dieses Jahr einen neuen Fahrer. Was hat er mit ins Team gebracht?"
Geoff Willis: "Ich denke, er bringt eine Menge Erfahrung mit, wie man gewinnen kann. Er hat neun Rennen gewonnen, glaube ich. Er war für viele Jahre in einem Team, das Meisterschaften gewonnen hat. Er verstärkt unser Fahreraufgebot erheblich, und er bringt diese Erfahrung, dieses Wissen mit, wie es sich anfühlt, zu gewinnen, und er macht uns zu einem stärkeren Team, deshalb arbeiten wir gut zusammen. Wir werden sehen, wie wir dieses Wochenende abschneiden."

Titel-Bild zur News: Geoff Willis

Geoff Willis glaubt, dass es 2006 in jedem Rennen einen Vierkampf geben wird

Frage: "Erzählt er viel über Ferrari?"
Willis: "Er ist es natürlich gewohnt, in einer etwas anderen Umgebung zu arbeiten, wie sie den einen oder anderen technischen Aspekt des Autos umsetzen. Ein Fahrer kann oftmals erklären, wie sich ein Auto anfühlt, wie er denkt, dass es funktioniert und einige andere Kleinigkeiten über das Auto, aber grundsätzlich erzählen die Teams den Fahrern nicht sehr viel über die Autos, was für andere Teams interessant sein könnte, deshalb ist es wirklich einfach seine Erfahrung, wie er sich im Auto fühlt und wie er mit dem Auto arbeiten will."#w1#

Vorteil Dritter Fahrer

Frage: "Ihr habt jetzt wieder einen dritten Fahrer, nachdem ihr vergangenes Jahr keinen hattet, aber dafür im Jahr davor. Bringt das jetzt einen größeren Nutzen als vor zwei Jahren?"
Willis: "Das ist dieses Jahr natürlich sicher sehr nützlich, denn im Gegensatz zu 2004, als ein Motor nur ein Rennwochenende halten musste, haben wir jetzt einen Motor, der zwei Rennwochenenden halten muss, deshalb konzentrieren wir das Fahren am Freitag noch mehr auf den dritten Fahrer. Anthony (Davidson; Anm. d. Red.) ist jetzt schon eine lange Zeit im Team, er ist sehr schnell, sehr konstant, und unsere Stammfahrer haben eine Menge Vertrauen in das, was er über das Auto sagt. Deshalb ist das sicherlich sehr hilfreich für uns."

Frage: "Ihr habt heute sicherlich gute Arbeit mit ihm geleistet, ihn gegen Ende noch einmal rauszuschicken..."
Willis: "Ich bin mir nicht sicher, wie das Auto so schnell zurückkam, aber wir bekamen einen Anruf von Charlie Whiting, der uns sagte, dass wir es zurückbekommen, deshalb waren wir gut vorbereitet."

Frage: "War es irgendwie beschädigt?"
Willis: "Ich glaube, erst nachdem die Streckenposten dazugekommen sind und es in den Kies geschoben haben. Wir mussten eine Menge Kies beseitigen, der noch nicht drin war, als Anthony es verlassen hat."

Offener Trainingsfreitag wäre schwierig

Frage: "Wir sehen an den Freitagen immer weniger Runden von den Fahrern. Glaubst du, dass das ein Argument ist, den Freitag zu einem unlimitierten Testtag zu machen?"
Willis: "Ich denke, es wäre sehr schwierig, ihn zu einem nützlichen Testtag zu machen. Normalerweise hat man an einem Testtag viele Autos auf der Strecke, wir fahren für sechs oder sieben Stunden. Wir können vermutlich mehr als 500 Kilometer erreichen."

"Außerdem ist es schwierig, an eine Rennstrecke zu kommen, auf der üblicherweise für mindestens eine Woche, wenn nicht länger, nichts mehr stattgefunden hat, sodass die Streckenbedingungen am ersten Tag ziemlich bescheiden sind."

"Deshalb denke ich, dass es nicht so viel geben würde, was wir lernen würden, und ein Teil der Begründung, warum viele der Stammpiloten im 1. Freien Training am Freitag nicht rausfahren, ist einfach, dass die Streckenbedingungen nicht sehr brauchbar sind."

Frage: "Eine Frage zur Übereinkunft bei der Testbeschränkung: Ist diese jetzt von allen Teams unterschrieben? Und was genau enthält diese Beschränkung?"
Willis: "Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich sagen kann, wie viele Teams unterschrieben haben, oder ob es komplett unterschrieben ist. Aber es ist sehr ähnlich zu der Übereinkunft, auf die sich vergangenes Jahr neun Teams geeinigt hatten. Die Anzahl der Tage ist ein bisschen höher, und es sind einige kleine Details in Ordnung gebracht worden, bezüglich der Anwendung."

"Man kann jetzt seine Heimstrecke benennen, und unter diesen Bedingungen kann man dann halbe Autotage zählen, wenn man nur ein einzelnes Auto auf dieser Strecke einsetzt. Weil einige Teams Strecken haben, auf denen sie nur ein Auto nutzen können, sind wir übereingekommen, dass wir alle eine Strecke benennen dürfen, auf der man - wenn man nur ein Auto auf der Strecke hat - halbe Tage zählen kann."

"Alles in allem ist es also sehr konstant, wie ich finde. Es gibt uns eine realistische Vorgabe der Distanz, die pro Tag zurückgelegt wird, und die Anzahl der Tage pro Jahr, deshalb denke ich, dass es so verstanden wird, dass es uns beim Testen auf einer vernünftigen Position halten wird.

Diskussion um Heckflügeltests

Frage: "Eine Frage zu den Heckflügeln: Gibt es noch eine andere Methode zum Messen der Heckflügel bezüglich der Flexibilität, die auftreten könnte, die du gerne sehen würdest und mit der du glücklich wärst?"
Willis: "Das Problem mit der Flexibilität der Heckflügel ist schwierig, weil sich natürlich alle technischen Strukturen biegen. Die Frage ist, ob man daraus leistungsmäßig einen Nutzen ziehen darf. Die FIA - Charlie Whiting - hat bei zahlreichen Gelegenheiten klargestellt, dass man das nicht darf. Die Schwierigkeit ist, mit welcher Art von Test man dies unter Parc-Fermé-Bedingungen sicher überprüfen kann, weil die Heckflügel bedeutende Lasten tragen können, die man vermutlich nicht im Parc Fermé auf dem Auto platzieren möchte, da diese runterfallen und jemanden verletzen könnten."

"Das Design der Flügel, das man früher verwendet hat, erlaubte das, was wir das 'slot gap' nennen - den Zwischenraum zwischen dem ersten Element und dem zweiten Element des Flügels, den man vergrößern und verkleinern konnte. Infolgedessen konnte man den Abtrieb und die Gegenkraft des Autos beeinflussen, und man kann sehen, dass einige Teams in der Vergangenheit auf diese Weise eine höhere Höchstgeschwindigkeit erreicht haben. Dieser wurde durch die Regeländerungen im vergangenen Jahr ein bestimmtes Stück verengt. Oder man bräuchte eine strengere Anwendung von Steifigkeit-Tests."

"Ich denke, dass wir in dieser Sache vermutlich immer noch eine Regeländerung brauchen, um sicherzustellen, dass die Geometrie während dem ganzen Geschwindigkeitsbereich konstant bleiben muss. Ein Weg, um das zu erreichen, ist, dass man festlegt, dass die physikalische Anordnung, aus der ein Heckflügel besteht, fest sein muss und sich dieser Zwischenraum nicht verändern darf."

Aufregendes neues Qualifying

Frage: "Was ist deine Meinung zum neuen Qualifying-Format?"
Willis: "Also ich denke, dass es großen Spaß gemacht hat, es war etwas, das wir in vielen Details vorher durchgegangen sind und einstudiert haben. Und wir haben spezielle Vorbereitungen für den Umgang mit den Autos getroffen, vor allem im letzten Abschnitt, in dem wir versucht haben, den Reifenwechsel der Autos gleichzeitig vorzunehmen."

"Wenn ich sage, dass wir das alles trainiert und einstudiert haben, will ich damit zum Ausdruck bringen, dass der erste Teil gezeigt hat, dass man schnell auf dem falschen Fuß erwischt werden kann, wenn man auf der Kippe steht. Deshalb denke ich, dass man während des ersten Wochenendes viel gelernt hat."

"Es wird interessant sein zu beobachten, wie das Qualifying dieses Wochenende verlaufen wird. Ich bin mir sicher, dass jeder in einigen weiteren Rennen immer mehr lernen wird, bis sich das setzt. Aber es herrscht jede Menge Betrieb, und es gibt keinen Raum für Fehler. Und genau das ist sicherlich eine Herausforderung, eine Herausforderung, die uns Spaß bereiten wird.

Freitagstester als Bonus für Verfolger

Frage: "Die Regel mit dem dritten Auto ist vor kurzem in Frage gestellt worden. Würdest du eine Prüfung dieser befürworten?"
Willis: "Es ist sicherlich ein großer Vorteil für uns, aber vielleicht ist es auch einfach eine Möglichkeit, die dazu beiträgt, die Startaufstellung ein bisschen durcheinander zu bringen. Somit ist es also eine kleine Strafe für die vier besten Teams, und ein kleiner Bonus für die Verfolger, um sicherzustellen, dass nicht ein Team einfach auf und davon fährt. Es bringt einen dazu, weiterhin hart arbeiten zu müssen."

Frage: "Was denkst du ganz offen und ehrlich über die Standard-Elektronik?"
Willis: "Das ist eigentlich nicht das Gebiet, zu dem ich so viel sagen kann, abgesehen von der Tatsache, dass im Straßenmotorenbau genauso wie im Rennmotorenbau jeweils die Hardware des Motors und der zugehörige Controller ein enges Paket sind."

"Deshalb ist das ein Bereich, in dem ein Motorenhersteller beziehungsweise ein Autohersteller normalerweise immer Motor und Elektronik zusammen entwickeln will. Deshalb würden wir das gerne so beibehalten und uns damit nicht an einen unabhängigen Dritten wenden."

"Das andere Problem dabei ist auf der Teamseite, dass ein Wechsel der Elektronik, und damit auch der Wechsel der gesamten integrierten Codes und Software, die vom Team verwendet werden, eine große Herausforderung wäre."

"Und es ist keine so lange Zeit bis zu Anfang 2008, und keiner von uns würde gerne am ersten Januar 2008 mit einem neuen System anfangen. Wir möchten versuchen, schon früher zu testen, deshalb denke ich, dass das ein sehr enger Zeitplan ist."

Honda will von Rennen zu Rennen kämpfen

Frage: "Geoff, im Vorfeld der Saison sah es zwischen euch, Renault, Ferrari und McLaren sehr knapp aus. Siehst du jetzt, wo ein Grand-Prix-Wochenende vorbei ist, einige Schemata in der Leistungsfähigkeit, die sich davon unterscheiden?"
Willis: "Man sieht, dass die Teams, von denen wir dachten, dass sie stark sein würden, auch im ersten Rennen sehr stark waren, es war sehr eng zwischen uns selbst und diesen drei Teams."

"Ich denke, wir haben ein wirklich ausgeglichenes Feld dieses Jahr. Es wird noch einige Rennen dauern, glaube ich, bis man ein detaillierteres Schema bekommt, aber auf jeden Fall denke ich, dass wir alle wissen, welches die starken Teams sind."

"Was man bei einem so engen Feld beachten muss, ist, dass man während der ganzen Saison, in jedem Rennen, alles richtig machen muss und sich keine Fehler leisten kann, egal ob es die Zuverlässigkeit oder die Strategie betrifft. Man muss es einfach immer hinbekommen, und am Ende wird dieses Jahr derjenige gewinnen, der die größte Zuverlässigkeit, die größte Konstanz aufweisen kann."

Frage: "Was meinst du, von dem ausgehend, was du bisher weißt, auf welcher Strecke euer Auto und euer Team dieses Jahr die größten Chancen hat, einen Grand Prix zu gewinnen?"
Willis: "Man baut ein Auto niemals, um nur auf einem Typ Strecke schnell zu sein, man will überall schnell sein. Und sicherlich blicken wir nach starken Testleistungen im Vorfeld mit dem Wissen auf die Saison, dass es da einige Teams gibt, die ähnlich leistungsfähig aussehen."

"Wir müssen wirklich einfach zu jedem einzelnen Rennen fahren und versuchen, uns in jedem Rennen so gut wie möglich zu schlagen, einfach jedes nacheinander zu nehmen. Deshalb entwickeln wir das Auto nicht spezifisch für irgendeine Art von Strecke, und ich glaube nicht, dass irgendeine Strecke wichtiger ist, als eine andere."

"Auch wenn es natürlich einige Rennen gibt, die man als Heimrennen bezeichnet, und andere, die das nicht sind. Und es gibt andere Strecken, die einem in der Vergangenheit vielleicht besser gelegen haben. Aber ich denke wir werden versuchen, überall schnell zu sein."