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Williams: "Haben einige schwere Lektionen gelernt"
Frank Williams und Sam Michael über eine Saison, die man im Team 2006 am liebsten durch Siege vergessen machen möchte
(Motorsport-Total.com) - Für das erfolgsverwöhnte Williams-Team war die abgelaufene Saison einmal mehr eine Schmach. Eben weil niemand vergessen will und kann, welche Erfolge die Mannschaft von Frank Williams in den letzten Jahrzehnten in der Formel 1 hatte, kann man die anhaltende Formschwäche kaum fassen. 1980 holte das Team seinen ersten WM-Titel, zuletzt hatte man 1992, 1993, 1994, 1996 und 1997 Erfolg.

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Teamchef Williams gibt zu: Die Saison 2005 war eine einzige Enttäuschung
Seitdem ging es mit dem Rennstall stetig bergab. Doch was man von 1998 bis 2004 vielleicht noch mit der enormen Stärke von Ferrari entschuldigen konnte, galt in diesem Jahr nicht mehr, denn Renault und McLaren-Mercedes konnten deutliche Fortschritte erzielen und die "Roten" deutlich hinter sich lassen, wohingegen Williams einmal mehr einen Schritt rückwärts machte. 2003 holte man noch vier Siege und 144 Punkte, 2004 einen Sieg und 88 WM-Zähler, 2005 blieb man sieglos und musste sich mit 66 Punkten zufrieden geben.#w1#
"In den letzten 30 Jahren haben Williams, McLaren und Ferrari alles gewonnen", so Sam Michael, Technischer Direktor des Teams im Interview mit der 'motorsport aktuell'. "Renault kam hin und wieder dazwischen, aber generell gab es immer die großen drei."
Man habe deshalb das Ziel zu siegen, nie aus den Augen verloren: "Denn ansonsten gehörst du auch mental nicht mehr zu den großen Teams dazu. Man darf nie mit weniger zufrieden sein als mit Siegen. Das muss der Anspruch eines Teams wie Williams sein.

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Das Team stieß in der vergangenen Saison auf zu viele Probleme Zoom
"Das Jahr war eine einzige herbe Enttäuschung", gibt Teamchef Frank Williams zu. "Aber wir sind selbst Schuld. Wir müssen es halt noch einmal versuchen. Wir haben dieses Jahr einige schwere Lektionen gelernt. Die Lehren daraus müssen wir jetzt umsetzen."
Auch mit den Fahrern kann der Teamchef nicht 100-prozentig zufrieden sein. Nick Heidfeld fiel in den letzten fünf Rennen sicherlich unverschuldet aus, was den Rennstall viele Punkte kostete, da Antonio Pizzonia den Erwartungen des Teams nicht gerecht wurde.
Webber erfüllt die Erwartungen des Teams noch nicht
Aber auch der vor der Saison hoch gelobte Mark Webber - Williams bezeichnete ihn als eine Mischung aus Alain Prost und Nigel Mansell - wusste seinen 63-Jährigen Chef nicht immer zu überzeugen: "Seine Leistungen in der Qualifikation waren absolut hervorragend. Er holt Dinge aus dem Auto raus, von denen ich nicht weiß, wie er das überhaupt hinkriegt. Aber ob er auch ein guter Rennfahrer ist - das muss er erst noch beweisen."
Sam Michael, Landsmann des Rennfahrers aus Queanbeyan, schließt sich seinem Arbeitgeber an: "Mark hat in der Qualifikation immer wieder bewiesen, dass er über eine sehr hohe Grundschnelligkeit verfügt. Das konnte er in den Rennen nicht immer umsetzen.
Doch der an den Rollstuhl gefesselte Rennsportfanatiker Williams setzt weiterhin auf die Dienste des Australiers, mit dem er sich zuletzt in Suzuka lang unterhalten hat: "Er steht weiter zu uns. Und mit ihm kann man deutlich besser zusammenarbeiten als mit den Primadonnen vom letzten Jahr..." Ein Seitenhieb auf Juan-Pablo Montoya und Ralf Schumacher, die das Team beide Ende vorletzter Saison verlassen hatten.
Die Hauptschwäche war der "Wurm in der Aerodynamik"
Grundsätzlich hatte das Team laut Michael ein Problem mit der Aerodynamik, das auch durch das große Update zum Frankreich-Grand-Prix nicht behoben wurde, aber erst dadurch offensichtlich wurde: "Also mussten wir uns erst daran machen, dieses Problem auszusortieren". Neue Teile wie der doppelstöckige Frontflügel konnten somit erst verspätet bei den letzten beiden Saisonrennen zum Einsatz kommen.

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Probleme mit dem Windkanal kosteten Williams eine ganze Saison Zoom
Ursache für die Misere war der neue Windkanal, der noch nicht richtig kalibriert war und meist falsche Daten lieferte: "Im Winter lag die Trefferquote bei einer Genauigkeit bei der Übertragung vom Tunnel auf die Strecke noch nur bei 15 Prozent, jetzt liegt die Genauigkeit bei 95 Prozent." Die Zusatzarbeit im Windkanal kostete das Team Ressourcen, die man anderweitig dringend hätte verwenden müssen.
Michael war mit den Fahrern zufrieden
Mit Nick Heidfeld und Mark Webber sei man vergangene Saison "sehr gut gefahren", auch ein anderer Pilot hätte dem Team nicht aus der Patsche helfen können: "Wir können uns mit verantwortlich zeigen, dass wir Nicks Karriere eine Wende zum Besseren gegeben haben. Darauf sind wir ein Stück weit stolz."
Neben Webber wird kommendes Jahr GP2-Pilot Nico Rosberg für das Team aus Grove an den Start gehen: "Nico ist ein sehr intelligenter und kampfstarker Fahrer", lobt Williams den 20-Jährigen. "Ob er gut genug für die Formel 1, werden wir erst herausfinden, wenn er Rennen fährt."
Pizzonia und Davidson waren keine Alternative zu Rosberg

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Antonio Pizzonia wusste das Team nicht zu überzeugen Zoom
Die Option Antonio Pizzonia stellte sich nach den Vorstellungen des Brasilianers in diesem Jahr nicht mehr und auch BAR-Honda-Testfahrer Anthony Davidson traf nicht auf den Gefallen von Williams: "Über den weiß ich überhaupt nichts", so Williams. "Er ist immer nur freitags gefahren. Weil man nie genau weiß, unter welchen Voraussetzungen da gefahren wird, traue ich mir nicht zu, ihm ein Cockpit anzubieten."
Ein Deutscher soll den Williams auf Vordermann bringen
Das Team muss nun hoffen, dass das nächstjährige Auto ein besserer Wurf werden wird. Michael setzt seine Hoffnung in den von BAR abgeworbenen Deutschen Jörg Zander: "Ein guter Mann. Hinter vorgehaltener Hand geben viele von BAR inzwischen zu, dass sein Abgang ein herber Verlust ist. Er arbeitet schon seit etwas Mitte September für uns. Wir haben ihm sofort gesagt, er möge das aktuelle Auto vergessen. Er konzentriert sich im Werk schon voll auf die Entwicklung des FW28 für 2006."
Auch der neue Motorenpartner Cosworth muss seinen Teil dazu beitragen. Michael rechnet damit, dass die Briten zumindest zu Saisonbeginn stark sein werden: "In der zweiten Saisonhälfte kann es dann sein, dass die Ausgaben der Werke zur Kräfteverzerrung führen. Unser Anspruch lautet ganz klar, wieder auf die Siegerstraße zurückzukehren. Das haben wir allen unseren Sponsoren gegenüber klar zum Ausdruck gebracht. Und das war auch genau die Maßgabe, die wir Cosworth mit auf den Weg gegeben haben."

