• 30.11.2023 14:00

Wie ein Radfahrer mit Olympia-Erfahrung weibliche Rennfahrer fördern will

Tom Stanton leitet das Fahrerentwicklungsprogramm von "More Than Equal" und soll helfen, die nächste Generation Rennfahrerinnen im Motorsport zu finden

(Motorsport-Total.com) - Tom Stanton kommt aus dem britischen Radsport, wo er in den vergangenen fünf Jahren Leiter der Abteilung Performance Pathways war. In der Entwicklung von Topsportlern verfügt der Brite über umfassende Erfahrung. In seiner neuen Rolle als Leiter des Fahrerentwicklungsprogramms von More Than Equal wird Stanton allerdings zwei Räder gegen vier tauschen und mit Hintsa Performance zusammenarbeiten.

Titel-Bild zur News: Tom Stanton

Tom Stanton leitet das Fahrerentwicklungsprogramm von "More Than Equal" Zoom

"More Than Equal" hat sich zum Ziel gesetzt, die Teilnahme von Frauen am Motorsport aufzuzeigen, zu fördern und zu unterstützen. Gegründet wurde die Initiative vom 13-maligen Formel-1-Grand-Prix-Sieger David Coulthard. Die Organisation hat bereits umfangreiche Arbeit geleistet, um die Struktur des Programms zu entwerfen. Im Gegensatz zum Großteil der derzeitigen Ausbildung von Spitzensportlern im Motorsport, die sich ausschließlich auf männliche Fahrer konzentriert, soll "More Than Equal" maßgeschneiderte Unterstützung für eine Gruppe junger Rennfahrerinnen bieten.

Stanton, der das Team anführen wird, war 20 Jahre lang Teil des olympischen und paralympischen Systems in Großbritannien. Er war in unterschiedlichen Funktionen tätig, von der praktischen Arbeit vor Ort über die Arbeit als Trainer bis hin zu Führungsaufgaben in der Sportwissenschaft und als Leiter der Akademie beim Britischen Radsportverband. Was reizt ihn an der Welt des Motorsports und an "More Than Equal"? Und wie wird er seine Erfahrungen in seine neue Rolle einfließen lassen?

"Es ist etwas ganz anderes als alles, was ich bisher gemacht habe", sagt Stanton. "Die Möglichkeit, das Wissen, das ich durch meine Arbeit im olympischen und paralympischen System erworben habe, auf ein System anzuwenden, das noch relativ unentwickelt ist, war eine Herausforderung, die ich nicht ignorieren konnte."

"Ob auf zwei Beinen oder auf vier Rädern, die Prinzipien sind die gleichen. Man versucht, das Potenzial der Menschen zu maximieren. Das hier ist eine spannende Gelegenheit, etwas in einem neuen Bereich zu tun. Die Chance, mit 'More Than Equal' zusammenzuarbeiten, die in diesem Bereich Pionierarbeit leisten werden, konnte ich mir einfach nicht entgehen lassen", so der Radsportler.

"Ich glaube, was 'More Than Equal' von anderen unterscheidet, ist, dass wir uns auf die Fahrerinnen selbst konzentrieren werden. Das bedeutet, dass wir das, was außerhalb des Autos passiert, genauso im Auge behalten werden wie das, was im Auto zu tun ist", sagt Stanton und erklärt: "Natürlich werden wir neben der körperlichen Vorbereitung und der physischen Entwicklung auch technisches und taktisches Coaching anbieten. Wir legen aber auch großen Wert darauf, unsere Talente auf andere Weise zu fördern."

More Than Equal mit Kate Beavan, Karel Komarek, David Coulthard, Annastiina Hintsa

"More Than Equal" mit Kate Beavan, Karel Komarek, David Coulthard, Annastiina Hintsa Zoom

"Wir arbeiten in diesem Programm mit vielen ausgezeichneten Leuten zusammen, einschließlich der führenden evidenzbasierten Coaching-Gruppe Hintsa, welche im Top-Motorsport die erste Adresse für Performance und Leistungsentwicklung ist", so Stanton.

In der Tat: Die Hintsa-Gruppe wird eine Schlüsselrolle bei der Verwirklichung der Ziele von "More Than Equal" spielen. Der finnische Performance-Spezialist hat bereits mit mehreren Formel-1-Weltmeistern, darunter Lewis Hamilton, zusammengearbeitet und ist das weltweit führende, evidenzbasierte Coaching-Unternehmen.

Stantons Team für das Fahrerentwicklungsprogramm, zu dem auch interne Coaches gehören, die noch bekanntgegeben werden, und Hintsa werden zusammenarbeiten, um den Pool weiblicher Talente zu identifizieren. Anschließend werden sie die Fahrerinnen bei der Suche nach Renncockpits, technischem und taktischem Coaching, körperlicher und kognitiver Vorbereitung, kommerziellen Möglichkeiten und der Entwicklung der persönlichen Marke unterstützen.

Stanton gibt einen kurzen Überblick über die Kernprinzipien des Programms: "Ziel des Programms ist es, mithilfe von Daten und Erkenntnissen junge, talentierte Fahrerinnen weltweit zu identifizieren und ihnen die Werkzeuge und Ressourcen zur Verfügung zu stellen, die sie benötigen, um sich zu Spitzenrennfahrern zu entwickeln."

"In den ersten drei Jahren geht es vor allem darum, den Fahrerinnen die hochwertigen Fähigkeiten zu vermitteln, die sie brauchen. Wir wollen ihnen dabei helfen, so gut wie möglich zu lernen, damit sie, wenn sich ihnen Chancen bieten, diese mit beiden Händen ergreifen und erfolgreich sein können. Wir wollen ein Programm entwickeln, das speziell auf junge Fahrerinnen zugeschnitten ist, die zwar Potenzial haben, aber Unterstützung benötigen, um die nächste Stufe zu erreichen", so Stanton.

Tom Stanton

Stanton ist überzeugt, dass sich "More Than Equal" von anderen Programmen abhebt Zoom

"Es gibt viele Förderprogramme und Initiativen zur Unterstützung von Fahrerinnen, aber was die Arbeit mit dieser jüngeren Altersgruppe und ihre alters- und geschlechtsspezifische Förderung mit unabhängiger Finanzierung angeht, glauben wir, dass es so etwas bisher noch nicht gegeben hat", sagt Stanton.

"Wir sind wirklich begeistert von der Aussicht, all die Erkenntnisse, die wir darüber haben, wie, wann und womit wir Rennfahrerinnen fördern können, in ein Programm einfließen zu lassen, das nur für sie bestimmt ist. Wir werden mit Hintsa zusammenarbeiten, sodass deren technisches Wissen über Performance und Entwicklung zusammen mit unserem Wissen über die Entwicklung von Fahrerinnen ein Paket bilden wird, das zugänglich ist und das Leistung und Vorbereitung beschleunigen kann."

Ein Teil des Fahrerentwicklungsprogramms von "More Than Equal" zielt darauf ab, die Performance-Lücke zwischen den Geschlechtern zu schließen. Ein kürzlich veröffentlichter Bericht von "More Than Equal" untersuchte die Daten über Frauen und Mädchen im Motorsport und stellte zwei zentrale Herausforderungen für Fahrerinnen fest: die Teilnahme- und die Leistungslücke.

Die Untersuchung ergab, dass Frauen derzeit in allen Wettbewerbskategorien des Motorsports nur zehn Prozent ausmachen, wobei der Anteil im Kartsport noch am höchsten ist - einer Kategorie, die 40 Prozent der weltweit antretenden Rennfahrerinnen aufweist.

Zwar nehmen die aktuell im Einsatz befindlichen Rennfahrerinnen an Rennen teil. Sie steigen aber nicht in gleichem Maße wie ihre männlichen Kollegen in die Topklassen auf. Im Spitzenmotorsport nämlich machen Frauen nur einen winzigen Prozentsatz aus - derzeit gerade mal vier Prozent.

Stanton betont, dass das Programm von "More Than Equal" diese Lücke schließen kann, indem es "unsere Fahrerinnen zu den bestmöglichen Lernenden macht". Er erklärt: "Wir werden sie körperlich fit machen, wir werden sie mental vorbereiten, aber wir werden auch sicherstellen, dass sie technisch und taktisch die Besten der Welt sein können."

"Unsere Vision ist, dass wir im Laufe der Zeit ein System entwickelt haben, das die besten Voraussetzungen für die Entwicklung junger Rennfahrerinnen bietet", so Stanton. "More Than Equal" führt derzeit eine datengestützte globale Talentsuche für die erste Gruppe von Fahrerinnen durch. Die öffentliche Bewerbungsphase soll Anfang des Jahres 2024 beginnen.

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