• 23.07.2010 19:40

  • von Dieter Rencken

Whitmarsh: Es wird normaler als erwartet

McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh über die Erkenntnisse des ersten Tages in Hockenheim, die Fortschritte mit dem Auto und den Abflug von Lewis Hamilton

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Martin, wie steht es um euren neuen Diffusor?"
Martin Whitmarsh: "Wenn man sich die Daten so anschaut, dann werden wir ihn wohl weiter nutzen. Heute war das Problem, dass ein Fahrer kaum sagen kann, in welche Richtung es gehen soll, wenn die Fahrzeit dermaßen begrenzt ist. Wir müssen uns dann eben auf die Daten verlassen. Auch wenn es im ersten Training nass war, haben uns die Daten bezüglich Luftfluss, Gasstrom, Temperaturen und Anströmungsleistung genau das gezeigt, was wir erwartet hatten. Wir dürfen also davon ausgehen, dass die Neuteile genau das bringen, was wir von ihnen erwarten."

Titel-Bild zur News: Martin Whitmarsh (Teamchef)

Martin Whitmarsh sieht dem Wochenende in Hockenheim entspannt entgegen

Frage: "Werden da noch neue Varianten eingeflogen?"
Whitmarsh: "Es gab schon einige Updates heute. Ein teil mussten wir früh am Tage schon abschreiben, aber es kommen regelmäßig welche nach. Wir haben im Verlauf des Tages verschiedene Varianten der Aerodynamik und des Unterbodens ausprobiert. Das war alles Teil des geplanten Programmes. So etwas muss man an Freitagen erledigen, wenn man ein Auto entwickeln will."#w1#

Frage: "Waren beide Autos nach dem Abflug von Lewis später identisch?"
Whitmarsh: "Nach dem Unfall haben wir das Auto von Lewis wieder auf den früheren Stand gerüstet. Aber über den Tag gesehen waren die Autos gleich. Manchmal hatten die beiden leicht unterschiedliche Teile dran, aber da ging es dann nur um Vergleichsfahrten. Jenson hat einen Vergleichstest mit Flügeln gefahren, wir haben ihm also in der zweiten Session zwischen durch einen anderen Flügel installiert. Lewis hat Vergleichsfahrten mit unterschiedlichen Aero-Varianten und Unterböden gemacht."

"Das war einfach gemäß unseres Planes. Die grundlegenden Rahmendaten der Flügel, Aerodynamikteile und Unterböden waren aber stets ähnlich - sowohl vor als auch nach dem Crash. Zum Glück haben unsere Jungs genügend Ersatzteile produziert, sodass wir das gewährleisten konnten."

Frage: "Wie schlimm hat euch der Zeitverlust durch den Hamilton-Crash getroffen?"
Whitmarsh: "Schon ein wenig. Auf der anderen Seite war es doch für alle ein bisschen ein nutzloser Tag, oder? Manchmal passieren solche Dinge. Sie passieren nur dann nie, wenn man nicht genügend Druck macht. Selbst wenn es konstant trockene Bedingungen mit konstant progressiven Gripverhältnissen sind, musst du deine Hausaufgaben noch machen. Jenson ist im zweiten Training mit viel Benzin gefahren, Lewis nicht. Er hat auch die weichen reifen nicht ausprobiert."

"Ich muss Lewis eigentlich gratulieren. Er ging raus und ich sagte dem Ingenieur, dass er einen kurzen Test mit harten Reifen fahren soll und danach einen Schuss mit den weichen Pneus bekommt. Aber Lewis ist dermaßen diszipliniert, dass er wegen der begrenzten Fahrzeit wirklich nur einen Stint auf harten Reifen fahren wollte. Ist doch klar, dass er mit der weichen Mischung schneller gewesen wäre. Aber er meinte, das müsste er niemandem beweisen. Ich habe ihm wirklich zu dieser Disziplin gratuliert. Mir hätte es gejuckt, doch eine schnelle Runde auf weichen Reifen zu fahren."

Frage: "Wie stellt sich die Reifensituation an diesem Wochenende dar?"
Whitmarsh: "Ich muss sagen, dass die Situation weniger dramatisch ist, als viele Ingenieure das vorher prophezeit hatten. Der weiche Reifen, der eigentlich ganz schnell hätte abbauen sollen, hat deutlich länger gehalten als erwartet. Ich denke, das war die größte Überraschung des Tages. Man muss bedenken, dass die Strecke sehr grün war. Normalerweise wird es sogar noch besser, wenn erstmal Grip da ist. Manche Autos hatten etwas Probleme mit Graining, aber diesbezüglich war unser Auto wirklich gut."

"Ich schätze also, dass dieses Wochenende einen viel normaleren Verlauf nehmen könnte als wir anfangs gedacht haben. Es gab die Vorhersage, dass die weichen Pneus geradezu auseinander fallen könnten, sodass man sich kaum damit würde qualifizieren können. Wir müssten demnach ganz früh auf die Strecke gehen, denn alle Leute ab Platz zehn werden auf den harten Reifen ins Rennen starten. Wenn man da nicht aufpasst, dann kann man im Qualifying schnell leiden. Mein Eindruck ist, dass wir hier relativ normales Business erleben werden."