• 24.01.2007 19:19

White: "Nur zehn Prozent der Teile anders"

Renault-Motorenchef Rob White spricht über die Auswirkungen der neuen Motorenregeln und die veränderte Herangehensweise seines Teams

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Rob, die Formel 1 betritt 2007 die Ära der homologierten Motoren. Was hat sich dadurch am Entwicklungsprogramm für euren Motor geändert?"
Rob White: "Das Programm für 2007 war ganz anders als das der vergangenen Jahre. Seit unserer Rückkehr in die Formel 1 im Jahr 2001 hat unser Team in Viry jedes Jahr einen neuen Motor produziert - der letzte davon der weltmeisterliche V8 für 2006. Die Regeln für 2007 schreiben vor, dass der neue Motor darauf basieren muss, was wir in China/Japan 2006 eingesetzt haben - mit einem festgelegten Drehzahllimit von 19.000 Touren. Unsere Arbeit konzentrierte sich darauf, den Motor für diese neuen Bedingungen zu optimieren und die Installation ins Chassis zu verbessern."

Titel-Bild zur News: Rob White

Ex-Cosworth-Mann Rob White baut den V8-Motor für Renault und Red Bull Racing

Frage: "Wie wurde das Entwicklungsprogramm gemanagt?"
White: "Die Verwendung einer homologierten Version des Motors von 2006 wurde am 18. September 2006 beschlossen. Zu jenem Zeitpunkt waren wir mit der Entwicklung unseres 2007er-Motors, die wir Ende 2005 begonnen hatten, schon recht weit. Unsere sofortige Aufgabe war es, das Entwicklungsprogramm den neuen Regeln entsprechend abzuändern. Dies bedeutete zum Beispiel, alle Versuche, die Leistung über mehr Drehzahl zu steigern, zu unterbinden, weil es ja ein Drehzahllimit gibt. Wir untersuchten, welche Veränderungen für die festgesetzten 19.000 Touren optimal sein würden. Dementsprechend stellten wir uns dann um."#w1#

Nur zehn Prozent des RS27-Motors sind neu

Frage: "Kann man die Quantität dieser Veränderungen irgendwie festmachen?"
White: "In den vergangenen Jahren bestand ein neuer Motor zu 95 Prozent aus neuen Komponenten. Der RS26 war aber ein erfolgreicher Motor, also wäre sein Nachfolger sowieso eine Evolution gewesen. Mit der Homologierung sind nur zehn Prozent der Teile anders als 2006. Der Motor heißt zwar RS27, aber die Änderungen sind viel minimaler als in den vergangenen Jahren."

Frage: "Die Regeln erlauben aber weiterhin Änderungen, was den Einbau des Motors ins Chassis angeht, nicht wahr?"
White: "In der Tat. Im September hatten die meisten - wenn nicht alle - Teams den Einbau ins Chassis schon definiert, daher wurde dieser Freiraum geschaffen, um unnötige Komplikationen mit der Einführung der Homologierungsregeln zu eliminieren. Unser Grundsatz war schon immer, dass Rennen und Weltmeisterschaften vom Gesamtpaket gewonnen werden, nicht vom Motor alleine. Wir immer arbeiteten wir sehr eng mit unseren Kollegen in Enstone zusammen, um die Installation des Motors im Chassis zu optimieren und ein bestmöglich integriertes Paket zu erschaffen. Mit dem Resultat sind wir zufrieden."

Frage: "Was bedeutet die Motorenpartnerschaft mit Red Bull für euch?"
White: "Die Vereinbarung bringt zwei unmittelbare Vorteile mit sich: Erstens stärkt sie Renaults Präsenz im Sport und zweitens können wir so die reduzierte Entwicklungsaktivität unter den neuen Homologierungsregeln kompensieren. Die Ausrüstung von zwei Teams bedeutet für unsere Zulieferer und Partner eine gestiegene Herausforderung, die sie bisher mit der gewohnten Professionalität meistern konnten. Unsere Priorität ist jetzt, die Partnerschaft reibungslos beginnen zu lassen - und die Vorteile in der Vorbereitung zu maximieren, speziell was die Testkilometer während der Wintertestphase vor Melbourne angeht."

Frage: "Wie sieht das Entwicklungsprogramm für den RS27-Motor aus?"
White: "Im Vergleich zu den vergangenen Jahren ist das Entwicklungsprogramm eindeutig reduziert. Die Regeln erlauben keine Entwicklung innerhalb des versiegelten Bereichs des Motors während der laufenden Saison - und auch für die Folgejahre. Dadurch beschränkt sich unsere Aufgabe darauf, die Verwendung des Motors im Auto zu optimieren, genau wie auf die Elektronik und die Nebenaggregate. Wir haben unseren Entwicklungsplan entsprechend abgestimmt."

Wechselrhythmus könnte sich ändern

Frage: "Ändert sich durch die neuen Regeln der Wechselrhythmus an den Rennwochenenden?"
White: "Die neuen Regeln werden sich bestimmt auswirken. Durch den reduzierten Grip der 2007er-Reifen verringert sich die Belastung pro Zyklus, aber das wird zum Teil durch die aerodynamischen Fortschritte kompensiert. Deshalb ist das Drehzahllimit wichtig. Weil das Limit unter der bisherigen Maximaldrehzahl konstruiert ist, streben wir an, den Motor künftig für eine längere Zeit auf Maximalleistung laufen zu lassen - und dadurch steigt wiederum die Belastung pro Zyklus. Beim Optimierungsprozess haben wir das in Betracht gezogen. Unser Ziel, das wir bei den Wintertests erreichen wollen, ist, mit einer Nulldefektwahrscheinlichkeit zum ersten Rennen nach Melbourne zu kommen."

Frage: "In den vergangenen Wochen wurden verschiedene Vorschläge für künftige Motorenregeln veröffentlicht. Wie stehst du zu diesen?"
White: "Der im Dezember vom World Council veröffentlichte Vorschlag beinhaltet einige sehr interessante Ideen, die mit den Zielen der großen europäischen Automobilhersteller einhergehen. Für Renault sind die Weiterentwicklung des Verbrennungsmotors und ein Fokus auf CO2-neutrale Kraftstoffe Bereiche, in denen die Hersteller eine gemeinsame Vision haben. In dieser Phase scheint die Zukunft voller technischer Herausforderungen und Perspektiven zu sein, und wir freuen uns darauf, an diesem Prozess teilzunehmen, um die Formel 1 in eine Richtung zu lenken, die für den Rest des Unternehmens von Nutzen ist."