• 01.08.2008 12:40

Webber: "Ich war regelrecht überrascht!"

Red-Bull-Pilot Mark Webber über den Ausfall beim Rennen in Hockenheim, den Unfall von Timo Glock sowie seine Vorstellungen über die Zukunft

(Motorsport-Total.com) - Mark Webber und sein RB4 waren bislang eine der positivsten Überraschungen der laufenden Saison, konnte sich der Australier doch des Öfteren in die Punkte vorarbeiten und für zufriedene Mienen bei seiner Teamführung sorgen. Die Marschrichtung für den Rest der Saison ist klar vorgegeben - auch wenn das kommende Jahr schon seine, hauptsächlich technisch orientierten, Schatten vorauswirft. 2008 will Red Bull auf dem vierten Rang der Konstrukteurswertung abschließen, was laut Webber durchaus möglich sei.

Titel-Bild zur News: Mark Webber

Mark Webber und Red Bull schielen in dieser Saison auf den vierten WM-Rang...

Frage: "Mark, in Hockenheim hattest du deinen ersten technischen Defekt des Jahres - und dabei hat noch nicht einmal dein Auto versagt. Bist du damit zufrieden?"
Mark Webber: "So weit, so gut. Ich war regelrecht überrascht davon, Rauch am Heck des Autos sehen zu müssen, denn wir haben schon eine ganze Zeit lang nicht mehr auf der Strecke anhalten müssen. Ich habe wohl ein paar Bruchstücke von Timo Glocks Auto mitgenommen, was den Ölkühler sofort beschädigt hat."#w1#

Defekt als Folge des Glock-Unfalls

Frage: "Wie hast du den Unfall miterlebt?"
Webber: "Ich war da nicht näher dabei und bin die ganze Zeit voll auf dem Gas geblieben, denn ich wusste ja, dass er zu meiner Rechten und ein ganzes Stück entfernt war. Bei seinem ersten Einschlag hatte ich dann aber jede Menge Trümmerteile vor mit, denn die lagen auf der ganzen Strecke verstreut und die konnte ich nicht verfehlen."

"Dabei hatte ich wohl etwas Pech, habe mir deswegen allerdings keine Gedanken gemacht. Als ich in Monaco durch die Überreste von Nico Rosbergs Wagen gefahren bin, dachte ich schon, dass ich mir etwas eingefangen hätte, denn da war die Ausgangslage eine ganz andere. Aber egal - wichtig ist doch, dass Timo nichts passiert ist. Die Hauptsache ist ganz klar, keine Verletzungen davonzutragen."

Frage: "Du warst vor allem in Silverstone besonders stark. Der Hungaroring ist dagegen eine vollkommen andere Strecke. Kannst du auf einer langsamen Strecke ebenfalls gut aussehen?"
Webber: "Das will ich doch hoffen. Das Auto war bislang auf jedem Kurs recht schnell, Hockenheim einmal ausgenommen. Dort hatten wir Probleme, vor allem im zweiten Abschnitt. Einiges lag daran, dass es uns etwas an Pferdestärken mangelt. Wir bauen einfach darauf, dass uns die vielen Kurven hier entgegenkommen."

"Monaco halte ich hingegen für das Wochenende, wo wir am wenigsten konkurrenzfähig waren - obwohl ich dort ein gutes Resultat einfahren konnte, weil es ein ganz andersartiges Rennen war. Wir hätten wohl sehr zu kämpfen gehabt, wäre die Strecke trocken gewesen. In Bezug auf diese Art von Strecke haben wir noch eine Reihe von unbeantworteten Fragen. Wir freuen uns schon darauf zu sehen, wie wir am Samstag und Sonntag aussehen werden.

2009 wirft seine Schatten voraus

Frage: "Renault stellt die Flügel gerne etwas flacher ein, was ihnen im Rennen zugute kommen soll. Macht ihr das auch so?"
Webber: "Ja. Man muss schon sicherstellen, dass man im Rennen einen gewissen Schutz hat. Das macht es am Sonntag meistens etwas schwieriger, denn man nimmt die Reifen im Grand Prix deutlich härter ran. Aber Power kann man ohnehin nie genug haben..."

Frage: "Wie sehr hast du dich beim Testen schon mit der Aerodynamik für 2009 auseinandergesetzt?"
Webber: "Ich habe in Jerez einen ganzen Tag lang damit verbracht. Für uns war das sehr produktiv, denn wir konnten sehr viele Erkenntnisse sammeln und viele Runden auf Slicks zurücklegen. Eine Menge Teams zerbrechen sich noch immer ihre Köpfe, wie sie ihre Aerodynamik zurückbauen sollen und wie das ganze dann funktionieren wird."

"Das ist aber vollkommen normal, wenn sich die Regeln ändern. In Melbourne werden alle klar sehen. Bei uns lief es relativ glatt. Wir lernen noch immer über die Slicks dazu, weil wir in diesem Prozess noch am Anfang stehen - sie sind aber komplett nutzbar. Die Entscheidung, die Reifenwärmer zu behalten, war wirklich gut."

KERS ein wichtiges Thema für die kommende Saison

Frage: "Was für ein Gefühl hast du für das kommende Jahr?"
Webber: "Alle werden recht schnell sein, denke ich. Die Autos werden jedenfalls wohl kaum langsamer sein, so viel steht fest. Meiner Meinung nach werden wir schneller sein als 2008, vor allem mit KERS. Ich glaube, dass alle schnellere Autos haben werden."

Frage: "Das kommende Jahr ist also eine Unbekannte?"
Webber: "Keine Ahnung. Da kannst du momentan wohl bloß eine Münze werfen um zu sehen, wo die Teams stehen. So wie es im Moment aussieht, werden acht von zehn Teams in Punkto KERS mit Magneti Marelli zusammenarbeiten, McLaren-Mercedes und BMW werden ihr eigenes Süppchen kochen. Auf der einen Seite gibt es dann KERS, auf der anderen Seite verfolgen manche Teams unterschiedliche Programme um zu sehen, ob ein KERS-Auto in Melbourne siegfähig wäre."

"Natürlich gibt es auch eine Reihe von Leuten, welche die Einführung des Systems gerne um eine Saison verschieben würden - seit der Ankündigung dieser Regeländerung haben sie darauf hingearbeitet. Das sind aber große Worte, zumal wir schon mittendrin in den Vorbereitungen stehen. Einige Teams geben etwa 60 Millionen Euro für KERS aus - und das sind ziemlich große Ausgaben."

Red Bull auch 2009 weit vorne dabei?

Frage: "Wie sehr freust du dich auf das kommende Jahr? Jetzt, da ihr um den vierten Konstrukteursrang mitfahrt - würdest du das gerne so beibehalten?"
Webber: "Für uns wäre es natürlich besser, wenn wir dabei bleiben könnten - aber das wird nicht passieren. Ich bin nicht sonderlich begeistert von KERS. Die Regeländerungen an sich sind schon okay. Um auf die Lage der Teams zu sprechen zu kommen, so haben wir Red Bull in diesem Jahr richtig viel zu verdanken."

"Wir haben durch unsere Zuverlässigkeit schon eine Menge Kritiker verstummen lassen. Wir sind rausgefahren, haben eine solide Leistung gezeigt und müssen uns dafür keinesfalls entschuldigen. Wir haben noch acht Rennen vor uns und müssen damit weitermachen, das Team kann aber schon jetzt sehr zufrieden sein. Wir machen ziemlich viel richtig und die Rennen waren in diesem Jahr offensichtlich recht gut für uns."

"Meiner Meinung nach werden die Grand Prix in der kommenden Saison weitaus unterschiedlicher ablaufen, denn die Leute müssen sich erst noch an die neuen Regeln gewöhnen. Sonderlich spektakulär wird das zunächst wohl nicht sein. Immer, wenn du die Regeln änderst, dann werden das einige Teams falsch und andere wiederum richtig machen."

"Man muss sich nur einmal die vergangenen 30 Rennen ansehen und wie sehr die Startaufstellung auseinander gezogen war. Daran sieht man ganz klar, dass viele gute Entscheidungen getroffen wurden. Vielleicht ist dieser große Einschnitt also eine gute Sache. Ich wünsche den Kommentatoren schon jetzt viel Vergnügen dabei, das alles zu erklären, was in einem Grand Prix des Jahres 2009 so alles vorgeht!"

P4 bei den Konstrukteuren das große Ziel

Frage: "Was erhoffst du dir vom Rest dieser Saison?"
Webber: "Für uns wäre das eine ganz große Sache, wenn wir den vierten Platz zurückerobern und halten könnten. Das ist eine schwierige Aufgabe, aber nicht unmöglich. Wir liegen nur einen Punkt zurück. Wir brauchen dafür aber zwei Autos, nur so kann das klappen. Glock ist schnell unterwegs, wenn er einen guten Tag hat und Nelson (Nelson Piquet; Anm. d. Red.) hat kürzlich acht Punkte geholt."

"David (David Coulthard; Anm.d. Red.) und ich müssen uns an jedem der noch verbleibenden Wochenenden hinter den beiden BMWs positionieren, was die Ränge sieben und acht bedeuteten würde. Können wir das packen, dann wird es klappen. Aber das ist viel leichter gesagt, als getan."

Frage: "Wie hoch ist der Druck dabei, zumal es zwischen dem vierten und dem sechsten Rang bei den Konstrukteuren doch einen finanziellen Unterschied bei den Preisgeldern gibt?"
Webber: "Das hat schon eine große Bedeutung für uns - es wäre schön, das zu erreichen. Dietrich (Dietrich Mateschitz; Red-Bull-Chef; Anm. d. Red.) will das unbedingt erreichen. Druck gibt es immer und uns wurde gesagt, dass das unser Ziel ist, was wir versuchen sollen, zu erreichen. Aber er wird wohl nicht gleich 200 Leute vor die Tür setzen, wenn wir Fünfter werden. Das ist ein Stückweit auch ein Spiel..."