• 22.05.2005 19:57

Webber: "Habe nicht das Maximum erreicht"

Mark Webber trauerte im PK-Interview dem zweiten Platz nach, sieht Monaco im Nachhinein aber als positives Signal für die Zukunft

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Mark, endlich stehst du erstmals auf dem Podium..."
Mark Webber: "Ja, kein schlechter Tag für das Team! Dass wir beide auf dem Podium stehen, ist ein toller Erfolg für BMW und WilliamsF1, wenn man bedenkt wie die Saison für uns begonnen hat. Wir haben uns sehr ehrgeizige Ziele gesteckt und sind sehr zuversichtlich hierher gekommen. Ich habe vergangene Woche mit Antonio (Pizzonia; Anm. d. Red.) getestet. Dabei dürften wir uns für den richtigen Michelin-Reifen entschieden haben. Wie man heute sehen konnte, haben sich einige Leute bei der Reifenwahl grob vertan!"

Titel-Bild zur News: Mark Webber

Mark Webber fuhr ein starkes Rennen, aber es wäre noch mehr drin gewesen

"Kimi (Räikkönen; Anm. d. Red.) war eine Klasse für sich, aber wir waren nach ihm am schnellsten. Der Start war ein Witz: Ich kam überhaupt nicht weg, weil die Kupplung nicht richtig funktionierte. Dann hing ich hinter Jarno (Trulli; Anm. d. Red.) fest. Als das Safety-Car rauskam, sagte mir das Team, dass ich an die Box kommen sollte, aber da war ich schon wieder bei Start und Ziel, also musste ich noch eine Runde drehen. Hinter Jarno schonte ich die Reifen und sparte Benzin."#w1#

"Wir alle hatten zu wenig Grip im Tunnel"

"Dann wäre ich ein paar Mal beinahe an Fernando (Alonso; Anm. d. Red.) vorbeigekommen. Er hatte massive Temperaturprobleme mit seinen Reifen. Für mich war es schwierig, bei so niedrigen Geschwindigkeiten den Druck aufrechtzuerhalten, weil meine Reifentemperatur absank. Überholen war nicht einfach, denn wir alle hatten zu wenig Grip im Tunnel. Es hätte also für mich besser laufen können, aber für das Team ist es ein toller Tag."

Frage: "Mit Fernando Alonso gab es gegen Ende ein paar spektakuläre Szenen, nicht wahr?"
Webber: "Ja. Es ist schwierig, im Tunnel jemanden zu folgen. Als der Toyota vor uns auftauchte, wollte ich es eigentlich gegen Nick (Heidfeld; Anm. d. Red.) probieren, aber das wäre für Fernando und für uns beide zu riskant gewesen. Nick und ich kamen dann an Fernando vorbei, der natürlich seinen Platz halten wollte, obwohl er um Längen langsamer war als wir. Er hat einen guten Job gemacht, dass er überhaupt Vierter geworden ist."

Frage: "Beim Boxenstopp bist du hinter deinen Teamkollegen zurückgefallen. Bist du frustriert, dass du eine Runde länger fahren musstest?"
Webber: "Überhaupt nicht. Es freut mich, von ihm geschlagen zu werden (lacht). Klar bin ich enttäuscht! Ein Podium ist nicht schlecht, ein großartiger Tag für das Team. Für mich ist es auch ein brauchbarer Tag, aber es hätte besser sein können."

Keine Probleme beim Boxenstopp

Frage: "Hattest du beim Boxenstopp ein Problem?"
Webber: "Nein, der war gut. Die Jungs haben einen guten Job gemacht. Das wahre Problem war, dass die Safety-Car-Tafel gezeigt wurde, aber es gab kein Safety-Car! Darum rätselten die Teams, was da gerade los war. Sam (Michael, Technischer Direktor von WilliamsF1; Anm. d. Red.) sagte, ich solle draußen bleiben, weil es kein Safety-Car gebe, aber da waren überall Safety-Car-Tafeln. Das war verwirrend. BMW, WilliamsF1, die Jungs in Grove, die Aerodynamiker, Michelin - alle haben einen guten Job gemacht. Ich bin sicher, dass wir zurückschlagen können. Wir haben beide Autos auf dem Podium, die Zuverlässigkeit ist gut und es ist ein schöner Tag für uns."

Frage: "Hattest du Probleme mit den Reifen?"
Webber: "Nein, aber ich konnte ehrlich gesagt auch nie frei fahren. Wenn ich freie Fahrt gehabt hätte, wären die Reifen vielleicht mehr strapaziert worden, aber durch den schlechten Start steckte ich hinter Jarno fest. Das war enttäuschend."

Webber musste gegen Alonso kompromisslos sein

Frage: "Hattest du Angst wegen einer möglichen Strafe, als du an Fernando Alonso vorbeigegangen bist und die Schikane abgekürzt hast?"
Webber: "Beim ersten Mal habe ich die Schikane nicht erwischt, aber Fernando fuhr auch geradeaus. Fernando hatte Probleme, überhaupt rechtzeitig zu bremsen. Beim nächsten Mal war ich nur ein wenig auf dem Randstein, aber er konnte wieder nicht bremsen. Es ist so schwierig, jemandem im Tunnel zu folgen, aber beim zweiten Versuch bin ich an ihm vorbeigekommen. Wegen einer Strafe habe ich mich nicht gekümmert. Ich war ganz klar innen. Es war kein blitzsauberes Überholmanöver, aber es ist auf dieser Strecke ja schon schwierig, überhaupt jemanden zu überholen!"

Frage: "In welchen Streckenabschnitten war er besonders langsam?"
Webber: "Naja, wenn die Reifen abbauen, verliert man überall. Fernando hatte nach der Safety-Car-Phase ein paar massive Momente, denn wenn sich die Lauffläche auflöst, bekommt man keine Temperatur mehr in die Reifen. Ein paar Mal wäre er beinahe verunfallt, aber er hat das gut gemacht und das Auto jedes Mal abgefangen. Wenn man in der Formel 1 kaputte Hinterreifen hat, kann man nichts mehr machen. Das war bei Fernando der Fall."

"Es wäre früher oder später sowieso passiert"

Frage: "Du wärst natürlich gerne Zweiter geworden, aber es ist immerhin dein erstes Podium. Wie fühlt es sich an?"
Webber: "Ziemlich gut! Es wäre früher oder später sowieso passiert, schätze ich, aber es ist schön, dass es in Monaco geklappt hat. Diese Strecke war in der Vergangenheit ein gutes Pflaster für mich, aber heute habe ich nicht das Maximum erreicht, daher bin ich enttäuscht."

Frage: "Wieso hast du den Start so verpatzt?"
Webber: "Ich kam schon in der Formationsrunde nicht gut weg. Ich habe das den Jungs gleich am Funk gemeldet, dass mit der Kupplung etwas nicht stimmt. Wir haben eine kleine Anpassung vorgenommen, aber das war bei weitem nicht ausreichend. Der Start hängt zu 90 Prozent vom Auto ab, daher ist das umso enttäuschender. Man kann hier nicht überholen. Monaco ist nicht Monza..."

Frage: "Wie groß war der Leistungsvorsprung von McLaren-Mercedes und wie schnell wärst du bei freier Fahrt gewesen?"
Webber: "Der Reifen von McLaren war heute um einiges weicher als unserer. Es geht also in erster Linie darum, welche Reifenmischungen wir verwenden können. Kimi (Räikkönen; Anm. d. Red.) war im Qualifying außergewöhnlich schnell, wenn man bedenkt, dass die Strecke nach dem Abbruch am Samstag noch alles andere als ideal war."

"Konnten unseren Speed nicht unter Beweis stellen"

"Wir hatten sicher ein schnelles Auto, aber wegen Jarno und Fernando konnten wir unseren Speed nicht unter Beweis stellen. Wir wären näher an Kimi dran gewesen, aber er hätte eine Zigarre rauchen können und hätte trotzdem noch gewonnen. Wir hatten heute für unsere Verhältnisse den richtigen Reifen und hätten nicht besser abschneiden können. Wenn Kimi ausgeschieden wäre, wäre es sogar ein Doppelsieg geworden, aber die Plätze zwei und drei sind ja auch nicht schlecht."

Frage: "Als du mit Nick Heidfeld hinter Fernando Alonso lagst, war das kritisch, denn ihr hättet dabei auch kollidieren können. Hättest du dich dann überhaupt zu deinem Teamchef Frank Williams getraut nach dem Rennen?"
Webber: "Über Frank habe ich mir keine Gedanken gemacht, eher über Patrick (Head; Anm. d. Red.)! Ich wollte an beiden vorbeigehen, aber es ist hier so unglaublich schwierig. Nick war hinter Fernando frustriert, ich war hinter beiden frustriert - und noch mehr wegen der Geschichte beim Boxenstopp. Aber so ist der Rennsport. Manchmal läuft es für einen, manchmal weniger. Die Plätze zwei und drei sind ein fantastisches Resultat für das Team, wenn man an den Saisonbeginn zurückdenkt. Es ist gut, dass Patrick jetzt ruhig schlafen kann!"

Frage: "Normalerweise ist es ein Vorteil, später an die Box zu müssen, heute wegen Fernando Alonso natürlich nicht. Wer hat das Timing eurer Boxenstopps bestimmt?"
Webber: "Nach dem ersten Stopp habe ich mich beim Team erkundigt, ob ich länger draußen bleiben kann als Nick, und das Team sagte ja. Ich denke, das haben die Jungs am Kommandostand entschieden. Als Nick an der Box war, hatten Fernando und ich einen langsamen Jordan vor uns. Das war einfach Pech. Und was das Überholmanöver angeht, fuhr Fernando bei mir schon viel mehr in der Mitte als bei Nick, denn er wollte sich nicht ein zweites Mal austricksen lassen."