• 17.04.2011 18:07

Webber: "Habe mich voll reingehängt"

Mark Webber erlebte bei seiner Fahrt von Startplatz 18 bis auf das Podium ein unterhaltsames Rennen - Harte Arbeit des Teams hat sich ausgezahlt

(Motorsport-Total.com) - Red-Bull-Pilot Mark Webber zeigte beim Grand Prix von China nach missratenem Qualifying am Renntag eine famose Leistung. Dank guter Strategie des Teams und seines enormen Kampfgeists machte der Australier im Rennen 15 Positionen gut und landete am Schluss knapp hinter Teamkollege Sebastian Vettel auf Rang drei.

Titel-Bild zur News: Mark Webber

Mark Webber hatte am Sonntag in Schanghai endlich Grund zum Strahlen

In der Pressekonferenz nach dem Rennen sprach Webber über sein ereignisreiches Rennen und darüber, woran das Team in den kommenden Wochen noch arbeiten muss. Den Sieg von McLaren-Pilot Lewis Hamilton sieht er mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

Frage: "Mark, nach Platz 18 im Qualifying sagtest du, dass du angesichts deines Glücks am Samstag wahrscheinlich demnächst von einem Lastwagen angefahren wirst. Ganz offensichtlich hast du diesen Lastwagen heute quer durch das Feld bis auf Platz drei gesteuert - eine beeindruckende Performance von dir."
Mark Webber: "Das stimmt, es war ein interessanter Grand Prix. Bezüglich der Reifen haben wir uns entscheiden, mit dem Prime (hart) zu starten, von dem wir wussten, dass er nicht im gesamten Feld die erste Wahl war, da dieser nicht die typischen Charakteristika eines harten Reifens, wie zum Beispiel eine lange Lebensdauer, aufweist. Das war eine ziemliche Herausforderung für uns, speziell im Zweikampf. Nahezu alle Fahrer haben den verstellbaren Heckflügel (Drag-Reduction-System oder kurz DRS; Anm. d. Red.) gleichzeitig eingesetzt, was angesichts der Fahrzeuge vor mir und meiner Startposition allerdings zu erwarten war."

"Vielleicht sollten wir künftig das Qualifying einfach auslassen und dann voll angreifen." Mark Webber

"Es war nicht einfach, sich da durch zu arbeiten. Auf meiner Runde in die Box habe ich dann in Kurve zwei einen Fehler gemacht. Die Reifen waren bereits komplett am Ende, ich habe das Auto aber abfangen können. Von da an ging es für uns richtig vorwärts. Wenn du nach 15 Runden immer noch Platz 17 auf der Boxentafel siehst, fragst du dich natürlich, was los ist. Plötzlich fühlte sich das Auto aber sehr gut an. Ich hatte nach dem Qualifying noch ein paar Reifensätze übrig, was sicherlich geholfen hat. Das sollten wir in Zukunft vielleicht öfter machen: Das Qualifying einfach auslassen und dann voll angreifen. Ganz im Ernst: Die Jungs im Team haben einen unglaublichen Job gemacht. Das waren jetzt zwei Rennen an aufeinanderfolgenden Wochenenden und es war offensichtlich, dass an meinem Auto nicht immer alles problemlos lief. Sie haben jedoch niemals aufgegeben. Das Rennen heute war in erster Linie für sie und die Mitarbeiter in der Fabrik."

"Glückwunsch nochmal an Lewis. Natürlich fährt Seb im selben Team wie ich, aber er hatte zuletzt einfach einen unglaublichen Lauf. Daher war es gut, mal jemand anderen vorn zu sehen. Auf der einen Seite ist es bitter, dass McLaren gewonnen hat, andererseits können wir Seb nicht zu weit davonziehen lassen. Aus sportlicher Sicht und auch in Bezug auf die Punkte für unser Team war es ein guter Tag."


Fotos: Mark Webber, Großer Preis von China


Frage: "Hast du deine Fahrt vom 18. auf den dritten Platz genießen können?"
Webber: "Es war wie schon gesagt ein sehr interessantes Rennen für mich. Wir wollten den harten Reifen gleich zu Beginn aufziehen, da uns klar war, dass wir heute viel im Verkehr unterwegs sein würden. Das hat gut funktioniert. Es war die Entscheidung des Teams, auf dem Prime zu starten. Im Nachhinein war es die beste Wahl. In Kurve eins bin ich einmal etwas zu weit gegangen und dachte: 'Mein Gott, das wird heute ein hartes Stück Arbeit'. Ich habe mich danach einfach wieder voll konzentriert und alles gegeben. Die Mechaniker haben bei den Boxenstopps einen guten Job gemacht. Der erste Stopp war nicht der allerbeste, danach waren sie aber sehr, sehr gut. Ich hatte heute sicherlich auch etwas Glück, nachdem ich gestern nicht sehr viel davon abbekommen habe. Ich nehme es einfach, wie es kommt. Ungeachtet dessen musste ich heute auch noch ein ziemlich hartes Rennen fahren. Vielen Dank an das Team."

Frage: "Du musstest das gesamte Rennen über hart kämpfen und viele Fahrzeuge überholen. Ein paar mehr Ausfälle hätten dir sicherlich in die Karten gespielt?"
Webber: "Absolut. Ich habe ständig darauf gehofft, dass es ein paar Gelbphasen, ein paar Ausfälle oder ein paar McLaren-Fahrzeuge neben der Strecke gibt. Nichts davon ist eingetreten. Es gab keine einzige Gelbphase, ich musste jeden Gegner auf der Strecke überholen. Ich glaube, ich habe es mir heute wirklich verdient. Die DRS-Zone hat sich im Rennen als sehr gut herausgestellt. Man konnte gut überholen."

"Ich habe ständig auf Gelbphasen, Ausfälle oder McLaren-Fahrzeuge neben der Strecke gehofft." Mark Webber

"Damit es sowohl mit viel als auch wenig Sprit im Tank immer gut funktioniert, müssen wir uns die Übersetzung des höchsten Gangs vielleicht noch einmal anschauen, denn manchmal war es schon schwierig. Wir haben zwar DRS, fahren dann aber im Drehzahlbegrenzer. Das DRS hat manchmal einfach nicht den gewünschten Effekt, weil das Getriebe im oberen Bereich falsch übersetzt ist. Die Situation ist jedoch für alle gleich. Alles in allem haben wir heute einiges gelernt und es war mit Platz zwei und drei ein großartiges Ergebnis für das gesamte Team. Noch einmal Glückwunsch an Lewis, er hat den Sieg verdient."

Michael Schumacher, Mark Webber

Bei seiner Aufholjagd ließ Webber unter anderem Michael Schumacher stehen Zoom

Frage: "Das war ein tolles Rennen von dir mit vielen Überholmanövern und einer ganzen Reihe schnellster Rennrunden. Gehört es für dich zu den zehn besten Rennen, die du je gefahren bist?"
Webber: "Das ist heutzutage eine ganz andere Art des Rennfahrens. Ich hatte in der Vergangenheit einige großartige Rennen, auch in kleinen Teams. Heute hat für mich einfach alles gepasst. Ich hatte etwa ab der Halbzeit des Rennens das Gefühl, dass sich die Dinge in unsere Richtung entwickeln. Im Nachhinein ist es einfach, hier zu sitzen und zu sagen, es war phänomenal, eine Fahrt bis auf das Podium, und so weiter. Letzten Endes ist aber doch genau das mein Job, oder etwa nicht? Du musst dich einfach voll reinhängen und angreifen - nichts anderes habe ich getan."

Frage: "Ihr hattet nun im dritten Rennen in diesem Jahr Probleme mit KERS. Das Team muss doch jetzt alles daran setzen, diese Probleme auszusortieren, speziell mit Blick auf den stärker werdenden Druck seitens McLaren?"
Webber: "So ist es. KERS ist heutzutage einer der Schlüsselfaktoren in der Formel 1. Es liegt auf der Hand, dass wir die Probleme so schnell wie möglich angehen wollen. McLaren besitzt auf diesem Gebiet durch die Zusammenarbeit mit Mercedes seit 2009 viel Erfahrung. Diese setzen sie perfekt um, aber das soll keine Entschuldigung sein. Es bedeutet nur, dass wir noch härter, noch cleverer und noch schneller arbeiten müssen. Glücklicherweise haben wir nun eine etwas längere Pause, die uns in Bezug auf die Verbesserung der Haltbarkeit und der Konstanz des Systems zu Gute kommen sollte."

"Es geht nicht nur um die Performance allein. Auch in der Box ist es extrem störend für alle Beteiligten, wenn das Auto so wie meines an diesem Wochenende vier Mal neu aufgebaut werden muss. Da ist die Gefahr, Fehler zu machen, sehr groß. Wenn du ein Fahrzeug ständig zerlegst und danach wieder zusammenbaust, ist das nie einfach. Wir verfügen in diesem Bereich allerdings über fantastische Mechaniker. Wie ich schon sagte, angesichts unserer geringen Erfahrung mit dem System ist die Situation so, wie sie ist. In der Konstrukteurswertung stehen wir trotzdem sehr gut da. Lasst uns also etwas Luft holen und in der Türkei wieder voll angreifen."