• 24.11.2009 11:42

  • von Pete Fink

Warum Wolff bei Williams eingestiegen ist

Der Österreicher Christian "Toto" Wolff spricht über seinen Einstieg beim Williams-Team: "Frank ist eine unglaubliche Persönlichkeit"

(Motorsport-Total.com) - Frank Williams und Patrick Head haben seit einigen Tagen in Christian 'Toto' Wolff einen österreichischen Teilhaber. Der 37-jährige gebürtige Wiener, der nun am Bodensee lebt, nimmt beim britischen Formel-1-Traditionsteam damit eine Rolle ein, die zuvor weder BMW noch Investoren aus dem Mittleren Osten vergönnt war.

Titel-Bild zur News: Christian "Toto" Wolff

Christian "Toto" Wolff ist der neuen Anteilseigner im Team von Frank Williams

Gegenüber der österreichischen 'Sportwoche' begründete Wolff seinen auf dem gesamten Globus mit Interesse verfolgten Schritt: "Williams ist wirtschaftlich gut aufgestellt, es ist nicht verschuldet und es hat viele interessante Assets", erklärte der Chef der Investmentgruppe Marchsixteen. Zudem erwartet Wolff in Zukunft eine Renaissance der privaten Formel-1-Teams.#w1#

So bezeichnete er sein Investment als "pragmatischen Schritt": "Wie es scheint, werden die Kosten sinken, der Einnahmen-Topf wird aber größer, auch weil Ecclestone immer noch gutes Geld aufstellt. Dazu kommt, dass Williams ein sehr gutes Management hat, mit Jungen wie Sam Michael und Adam Parr und mit der Erfahrung von Frank Williams und Patrick Head."

Eine starke Triebfeder hinter dem Deal war übrigens der 67-jährige Williams selbst, der seit seinem Unfall 1986 an einen Rollstuhl gefesselt ist. "Frank ist eine unglaubliche Persönlichkeit", beschreibt Wolff. "Das Schicksal wollte es, dass er nur mehr im Kopf Bewegungsfreiheit hat - und deshalb denkt er einfach mehr und weiter als andere."

Erst als der Berater abnickte...

"Früher hat er renommierte Gesellschafter abgelehnt - BMW wollte Anteile haben, Araber tauchen regelmäßig auf und ich weiß, dass dieses Jahr russische Oligarchen oder isländische Investoren Interesse signalisierten. Aber Frank wollte Leute mit Racing-Spirit, Williams steht für Racing."

Gerhard Berger

Auch Gerhard Berger spielte eine Rolle bei der Entscheidung pro Williams Zoom

Ex-Rennfahrer Wolff hat ohne Zweifel dieses Benzin im Blut und passt daher perfekt in das Williams-eigene Anforderungsprofil. Umgekehrt wusste er mit Gerhard Berger ("Gerhard ist ein wichtiger Ratgeber, den ich sehr schätze") und Alexander Wurz ("Alex ist ein langjähriger Freund, seine Frau ist Patentante meiner Tochter") auch zwei langjährige Williams-Insider in beratender Funktion an seiner Seite.

Doch letztlich war sein durchaus emotional bedingter Formel-1-Einstieg eine rein rationale Entscheidung, wie Wolff betont: "Ich habe in meinem Beraterstab Anwälte und Wirtschaftsleute, denen der Motorsport egal ist. Besonders mein wichtigster Mann hat so gar nichts mit der Rennfahrerei am Hut. Erst als auch er genickt hat, habe ich mich in dieses Abenteuer hineingewagt."

Damit geht für den 37-Jährigen ein Traum in Erfülllung: "Vor 15 Jahren habe ich Büroartikel verkauft und bin mit dem Zug an Orten wie Grove oder Woking vorbeigefahren. Damals schien mein Rennfahrertraum am Ende und ich hatte Wehmut. Umso glücklicher bin ich jetzt."

Cosworth hochmotiviert - Fahrermix gut

So richtet sich sein Blick bereits in die Zukunft. Zum Beispiel um den Cosworth-Motor, mit dem Williams 2010 ausrücken wird. Seine Hoffnung lautet: "Williams hat sich alleine nie leicht getan, war meist mit Werkspartnern wie Honda, Renault oder BMW besser. So klar muss man das sehen. Aber Cosworth ist hochmotiviert und während die anderen Motorenbauer einen Ausbaustopp haben, kann unser Partner entwickeln."

Rubens Barrichello

Vom erfahrenen Williams-Neuzugang Rubens Barrichello hält Wolff viel Zoom

Und weil "alle neuen Teams Cosworth verwenden und wir das einzig etablierte Team sind, können wir damit rechnen, dass sie alles daran setzen, dass wir gut aussehen. Wir sind der Gradmesser für die anderen Kunden." Auch die Fahrerbesetzung gefällt dem neuen Anteilseigner: "Ein guter Mix. Barrichello war 2009 topmotiviert. Und Nico Hülkenberg wird von GP2-Teamchef Vasseur, der beide als Piloten hatte, auf eine Stufe mit Lewis Hamilton gestellt."

An ein Comeback von Michael Schumacher glaubt Wolff übrigens nicht: "Danach hat mich Frank Williams gestern auch gefragt. Ich glaube es nicht, auch wenn es ein Zurück zu den Wurzeln wäre - zu Mercedes und zu Brawn. Aber bei Michael weiß man nie so ganz, was kommt."

Der bekennende Rallye-Fan Wolff hätte als neuer Anteilseigner nun natürlich auch die Gelegenheit, einmal selbst in einen Formel-1-Boliden zu klettern, doch davon möchte der 37-Jährige keinen Gebrauch machen: "Ich möchte eher vermeiden, dass ich mich lächerlich mache. In den Simulator werde ich mich mal hineinwagen und wahrscheinlich staunen, wie viel schneller die Kids sind."