Vorschau auf den Großen Preis von Spanien
Die einen finden Barcelona interessant, die anderen langweilig ? am spanischen Retortenkurs scheiden sich die Geister
(Motorsport-Total.com) - 4,730 Kilometer lang ist der 'Circuit de Catalunya', der vor rund elf Jahren vom 'Royal Automobile Club of Catalunya' gebaut wurde, um der Formel 1 unweit von Barcelona eine moderne Strecke zu schenken. Aufgrund der zeitgemäßen Boxenanlagen und der vorbildlichen Sicherheit nutzen die Teams die Strecke im Winter sehr ausgiebig, um bei milden Temperaturen testen zu können. Aus diesem Grund kennt jedes Team die Piste wie die eigene Westentasche.

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Barcelona gilt immer noch als recht moderne Strecke in der Formel 1
Seit 1991 findet der Große Preis von Spanien nördlich von Barcelona statt, in diesem Jahr jährt er sich zum 12. Mal. Davor fuhr trug man den Großen Preis von Spanien in Jerez aus, wo man sich in den vergangenen Jahren nur noch vereinzelt zu Testfahrten getroffen hat. Besonders die fehlende Nähe zu einer Großstadt wie Barcelona war für den Motorsportweltverband FIA ein Grund, lieber ein Rennen auf der modernen Strecke von Barcelona zu veranstalten und sich aus Jerez zurückzuziehen, wo man jüngst renovierte, um sich für die Königsklasse des Motorsports wieder interessanter zu machen. Pedrables (2x), Montjuich (4x) und Jarama (9x) waren weitere Austragungsorte des Spanien-Grand-Prixs.
Barcelona: Spanischer Flair wohin das Auge schaut
Barcelona ist wohl jene Stadt, die in Spanien am meisten zu bieten hat. Bekannt in erster Linie für die weltberühmte Kirche 'Sagrada Familia' und die vielen anderen, etwas bizarr anmutenden 'Gaudí-Gebäude', bietet die katalanische Millionenstadt dem Touristen allerdings nicht nur schöne historische Gebäude zur Ansicht. Ganz besonders für männliche Besucher hat Barcelona - klingt nicht der Name allein schon wie eine Einladung zum Flirt? - allerhand vorzuweisen. Stolze Spanierinnen mit langen Haaren und noch längeren Beinen - da riskiert selbst der treueste Ehemann schon mal den einen oder anderen Blick.
Tapas, Vino und Musik
Die Auswahl an vorzüglichen Restaurants ist in Barcelona grenzenlos. In den Seitenstraßen rechts und links der bekannten 'Rambla' reiht sich Lokal an 'Tapa Bar' - man hat die Qual der Wahl. Eines der berühmtesten und auch ältesten Lokale ist das 'Los Caracoles' in der 'Escudillers 14'. Die katalanischen Spezialitäten hier sind zwar nicht ganz billig, dafür kann es einem aber durchaus passieren, dass Michael Schumacher am Nebentisch seine 'Gambas' nach Art des Hauses genießt oder sich die McLaren-Mannschaft zu einem ausgedehnten Dinner versammelt hat.
Fotos an den Wänden zeugen davon, dass das "Schnecken", wie die deutsche Übersetzung für 'Caracoles' lautet, schon seit vielen Jahren ein beliebter Treffpunkt für prominente Barcelona-Besucher ist. In der Bar 'Celta' in der 'Carrer de la Merce 16' gibt es vorzügliche Galizische Gerichte, Fischliebhaber sollten sich das 'Antigua Casa Solé' in der 'Carrer Sant Carles 4' oder das 'Cangrejo Loco' am Olympischen Hafen merken. Von hier aus ist es dann auch nicht mehr allzu weit, dass man die soeben verspeisten Kalorien beim Tanzen in einem der zahlreichen Clubs, wie dem 'Octopussy' am 'Moll de la Fusta 4' wieder abarbeiten kann, denn das 'Port Olimpico'-Viertel erwacht eigentlich erst nach Sonnenuntergang so richtig zum Leben, und was sorgt wohl besser für romantische Stimmung als der Mond, der sich im Meer spiegelt?
Spanische Nächte
Feiern kann man in Barcelona jedoch nicht nur am 'Port Olimpico' sondern fast überall in der Stadt. Exklusive Clubs und Bars finden Nachtschwärmer und solche, die es werden wollen, in der Altstadt rund um die 'Plaça Real' und im Distrikt Borne. Zum Anbandeln bestens geeignet ist hier das 'Mirablau', in dem es nicht nur die besten Cocktails der Stadt gibt sondern auch einen wunderschönen Blick über die Dächer Barcelonas. So richtig abtanzen kann man dann später im Dot in der 'Carrer Nou de Sant Francesco 7' oder in der Disco im Keller des Hotel 'Pricess Sophie'.
Heiße Nächte mit gar nicht so kühlen Leuten kann man auch ein Stück außerhalb Barcelonas erleben, man braucht allerdings ein Auto und sollte am besten schon bevor es losgeht einen Fahrer bestimmen. Etwa 40 Minuten nördlich von Barcelona steppt in den Gassen von 'Calella' allabendlich der Bär. Während die Fischer am Strand geduldig darauf warten, dass ein Fisch anbeißt, brauchen die Angler in den Straßen bei weitem nicht so viel Geduld haben. Eine gewisse Vorsicht ist hier aber geboten, denn Spanier sind in 'Calella' am Grand Prix Wochenende Mangelware und da kann es einem schon passieren, dass man ganz plötzlich und unerwartet seinem Nachbarn gegenübersteht...
Retortenstrecke mit Tücken
65 Mal (Gesamtdistanz 307,323 Kilometer) drehen die Piloten im Rennen ihre Runden um den katalanischen Kurs, der aus einer guten Kombination von schnellen, mittelschnellen und langsamen Kurven besteht. Die Durchschnittsgeschwindigkeit beträgt rund 210 km/h. Die Strecke ist bekannt dafür, dass sie sich im Laufe des Wochenendes ständig verändert. Dies liegt zum einen daran, dass häufig kräftiger Wind Staub auf die Strecke weht, der im Laufe des Wochenendes durch den griffigen Gummiabrieb der Reifen ersetzt wird. Hinzu kommen ständig wechselnde Windstärken und Windrichtungen sowie die Tatsache, dass sich die raue Charakteristik des Asphalts durch Temperaturschwankungen oder nächtlichen Regen stark verändert.
Die lange Start- und Zielgerade ist mit knapp über 800 Metern Länge eine der längsten der Formel 1 und führt in eine enge Rechts-Links-Kurvenkombination, die nach dem Start oftmals für die 22 Autos zu eng ist. An dieser Stelle kann dank dem Windschatten am besten überholt werden. Anschließend geht es in einer lang gezogenen Rechtskurve bergauf, hier sind eine gute Balance des Autos sowie viel PS sehr wichtig. Nach einer Rechtskurve folgt eine schwierige Linkskurve, die stark nach unten abfällt, weswegen die Autos im Eingang zum Untersteuern neigen und im Ausgang nervös sind. Zahlreiche Kurven winden sich nach oben oder unten, weswegen es für die Fahrer ein Leichtes ist, den Bremspunkt zu verpassen und sich einen Bremsplatten einzuhandeln.
Prozessionsgefahr
Aufgrund der mangelnden Überholmöglichkeiten ist es wichtig, sich im Qualifying eine gute Startposition herauszufahren. Oftmals endet das Rennen am Sonntag tatsächlich in einer Prozessionsfahrt, die ihre Spannung nur durch die Boxenstopps bezieht. Die Fahrer werden wegen der hohen Kurvengeschwindigkeiten und der teilweise kraftraubenden Bergauf- und Bergab-Schikanen stark gefordert. Von den Autos selbst ist besonders die Belastung der Reifen zu erwähnen, im speziellen der linke Vorderreifen wird stark belastet.
Beste Erfahrungen ? sieht man einmal vom letzten Jahr ab - hat Mika Häkkinen an das Rennen in Barcelona, der in den letzten vier Jahren drei Mal siegen konnte. Davor sammelte der Finne jedoch nur zwei magere WM-Pünktchen und fiel vier Mal aus. Ex-Teamkollege David Coulthard wurde in den letzten vier Jahren drei Mal Zweiter und ein Mal Fünfter und sorgte so für eine erfolgreiche Bilanz des McLaren-Mercedes-Teams mit drei Doppelsiegen von 1998 bis 2000. Wer in Barcelona die beste Aerodynamik sein eigen nennen kann, der hat bereits den wichtigsten Trumpf in der Hand.
Schumacher der erfolgreichste Barcelona-Pilot
Auch in Barcelona ist die Bilanz von Michael Schumacher beeindruckend, der neben Jackie Stewart, Nigel Mansell, Alain Prost und Mika Häkkinen der einzige Fahrer ist, der den Großen Preis von Spanien drei Mal gewinnen konnte. Elf Mal startete der Deutsche in Barcelona, elf Mal kam er in den Punkten ins Ziel und holte zudem drei Siege (1995,1996 und 2001). Mit 60 WM-Punkten ist Schumacher in Barcelona wie auf den meisten anderen Strecken auch der erfolgreichste aktive Formel-1-Fahrer.
Neben Michael Schumacher ist nach dem Rücktritt von Mika Häkkinen BAR-Honda-Pilot Jacques Villeneuve der einzige weitere aktive Fahrer, der in Barcelona ein Rennen gewinnen konnte. 1997 holte sich der Kanadier im Williams-Renault den Sieg und wurde Weltmeister. Barcelona gilt als Gradmesser, wer ein gutes Auto hat und wer nicht, was sich immer wieder bestätigt und der Grund ist, weswegen die Teams auch gerne in Spanien testen.
So lief es in den vergangenen Jahren in Barcelona:
2001
Seinen letzten Spanien-Grand-Prix sollte Mika Häkkinen zum vierten Mal in Folge gewinnen, doch wenige Meter vor dem Ziel verabschiedet sich die Kupplung und der Silberpfeilpilot muss sein Auto abstellen, während Michael Schumacher trotz seiner 40 Sekunden Rückstand auf den Finnen den Sieg erbte. Häkkinens Teamgefährte David Coulthard blieb beim Vorstart mit Elektronikproblemen stehen und musste das Feld von hinten aufrollen und wurde nur Fünfter. Auf Platz zwei kam Juan-Pablo Montoya im BMW-Williams vor Jacques Villeneuve als Überraschungsgast im BAR-Honda.
2000:
Mika Häkkinen beendete eine Serie von vier Rennen ohne Sieg mit dem dritten Triumph in Barcelona in Folge. Gerade einmal fünf Tage nach einem Flugzeugabsturz überquerte David Coulthard die Ziellinie als Zweiter und machte damit den dritten Doppelsieg in Barcelona für das McLaren-Mercedes-Team in Folge perfekt. Auf den dritten Platz kam Ferrari-Pilot Rubens Barrichello, während Teamkollege Michael Schumacher sich nach einer Reihe von Zwischenfällen nur mit dem fünften Platz hinter Bruder Ralf zufrieden geben musste. Die beiden hatten sich zuvor bei einem Überholmanöver berührt, wobei Rubens Barrichello als lachender Dritter profitierte. Bei einem Boxenstopp verletzte Michael Schumacher beim Wegfahren Nigel Stepney am Knöchel.
1999:
Formel-1-Weltmeister Mika Häkkinen holte seine fünfte Pole Position in Folge vor Eddie Irvine im Ferrari. Michael Schumacher wurde im Rennen lange Zeit von BAR-Honda-Pilot Jacques Villeneuve aufgehalten, der sensationell auf dem dritten Platz fuhr, dann aber mit technischen Problemen ausfiel. Erneut siegte Mika Häkkinen vor David Coulthard, Michael Schumacher wurde Dritter. Rubens Barrichello wurde wegen eines illegalen Autos nach dem Rennen disqualifiziert.
1998:
Mika Häkkinen siegte, Michael Schumacher rappelte sich nach einem schlechten Start wieder auf und sah noch als Dritter die Zielflagge. Eddie Irvine und Giancarlo Fisichella räumten sich gegenseitig von der Strecke, woraufhin die beiden sich verbal in die Haare gerieten.
1997:
Jacques Villeneuve holte sich mit einem Start-Ziel-Sieg die WM-Führung zurück, nachdem er zuvor mit seinem Williams-Renault zwei Mal nicht die Zielflagge gesehen hatte. Für eine Überraschung sorgte Prost-Pilot Olivier Panis, der als 12. gestartet bis auf den zweiten Platz nach vorne fuhr und vor Jean Alesi im Benetton ins Ziel kam. Eddie Irvine kassierte wegen Blockierens von Olivier Panis und Ignorierens der blauen Flagge eine 10-Sekunden-Strafe.
1996:
In einer wahren Regenschlacht deklassierte Michael Schumacher in einer eindrucksvollen Fahrt die komplette Konkurrenz und holte sich trotz eines Motorenproblems überlegen den ersten Sieg für Ferrari. Der spätere Weltmeister Damon Hill startete von der Pole Position, drehte sich dann aber zwei Mal von der Strecke, bevor er nach einem dritten Dreher endgültig ausfiel. Jean Alesi wurde im Benetton Zweiter vor Jacques Villeneuve im Williams. Nur sechs Autos sahen die Zielflagge.

