• 30.10.2013 21:59

  • von Christian Schrader

Villeneuve: "Vettel ist jetzt ein vollkommener Racer"

Der Kanadier spricht plötzlich in den höchsten Tönen vom frischgebackenen Vierfach-Weltmeister - Weitere Titelträger glauben an Vettels erfolgreiche Rekordjagd

(Motorsport-Total.com) - Der ehemalige Formel-1-Weltmeister Jacques Villeneuve sagt seine Meinung stets geradeheraus - und diese war über Sebastian Vettel nicht immer positiv, um es mal vorsichtig auszudrücken. Nachdem sich der Heppenheimer in Indien seinen vierten Titel in Folge sichern könnte, klingen die Worte des Kanadiers plötzlich ganz anders. Der Weltmeister von 1997 erklärt, warum sich seine Meinung über den Deutschen geändert hat - und andere Titelträger sprechen über den möglichen Rekordmann Vettel.

Titel-Bild zur News: Jacques Villeneuve

Jacques Villeneuve hat seine Meinung zu Sebastian Vettel grundlegend geändert Zoom

"Sebastian war immer schon sehr schnell, aber jetzt hat er sich in seiner Persönlichkeit auch noch extrem weiterentwickelt", betont Villeneuve gegenüber 'Sport Bild' und fügt hinzu: "Er ist zu einem richtigen Champion herangereift. Er ist sehr selbstbewusst, gleichzeitig ist er trotz seines Mega-Erfolges mit den Füßen auf dem Boden geblieben."

Doch wie kam es zum Meinungsumschwung bei Villeneuve, der Vettel noch im Juli als "ein kleines Kind" bezeichnete? "In den letzten Jahren hatte ich manchmal den Eindruck, er sei etwas abgehoben", versucht sich der Kanadier in einer Erklärung. "Diese Arroganz ist jetzt komplett verschwunden. Das spiegelt sich auch in den Resultaten wieder. Er hat sich ganz auf die Arbeit mit dem Team und auf seine Rennen konzentriert."

Villeneuve wünscht sich weitere Sprüche

"Er ist jetzt ein vollkommener Racer", legt Villeneuve eine Lobes-Hymne nach und macht es vor allem daran fest, in welcher dominanten Art und Weise "er seinen Teamkollegen zerstört hat", den Australier Mark Webber. "Das zeigt, wie gut Vettel wirklich ist. Und dass seine Erfolge auch nicht am Auto liegen, sondern an ihm", betont der Kanadier.

"Vettel ist jetzt ein vollkommener Racer." Jacques Villeneuve

Die Pfiffe, die Vettel in dieser Saison des Öfteren einstecken musste, bezeichnet Villeneuve als "lächerlich und nicht akzeptabel". Der Heppenheimer "ist so viel besser als alle anderen. Dafür hat er Applaus verdient", so Villeneuve, der auch Vettels Umgang mit den Buh-Rufen huldigt.

Den Eier-Spruch ("Während die anderen ihre Eier in den Pool hängen, arbeiten wir noch am Auto"; Anm. d. Red.), für den Vettel von Fahrerkollegen kritisiert wurde, findet Villeneuve "großartig", wie er betont, "und wenn sich die anderen darüber aufregen, ist wahrscheinlich sogar was Wahres dran". Wenn es nach dem ehemaligen Williams-Piloten geht, könnte Vettel "mehr solche Dinge rauslassen".

Schumacher: Vettel längst auf eigenem Level

"Das brauchen wir in der Formel 1! Und auch das zeigt, dass aus dem kleinen Jungen Seb ein echter Mann geworden ist. Er hat keine Angst auch mal die Wahrheit zu sagen", revidiert Villeneuve seine Juli-Aussagen.

"Aus dem kleinen Jungen Seb ist ein echter Mann geworden." Jacques Villeneuve

Einer, der von Vettel schon seit dem ersten Aufeinandertreffen eine hohe Meinung hat, ist Rekord-Weltmeister Michael Schumacher, Villeneuves ehemaliger Erzfeind. Sieht der gebürtige Kerpener Parallelen in der Arbeitsweise zwischen ihm und Vettel? "Ich habe leider nie mit Sebastian gearbeitet, aber wir sind uns in Herangehensweise und Einstellung sehr ähnlich", entgegnet Schumacher. "Mag sein, dass er sich früher von mir einiges abgeschaut hat, aber er ist längst auf seinem eigenen Level. Es macht Spaß, ihm zuzuschauen", betont er.


Fotostrecke: Stimmen zu Vettels viertem Titel

Ob es dem ehemaligen Ferrari- und Mercedes-Piloten auch Spaß machen wird, wenn Vettel seine Bestmarken in der Königsklasse überbietet? "Rekorde sind da, um gebrochen zu werden. Darum geht es im Sport", ist Schumachers klare Antwort. "Ich finde es toll, dass sie jemand brechen kann, den ich seit vielen Jahren gut kenne und mag. Insofern bin ich da ganz entspannt."

"Rekorde sind da, um gebrochen zu werden. Darum geht es im Sport." Michael Schumacher

Häkkinen und Prost glauben an Vettel-Rekorde

Ähnlich sieht es Doppel-Weltmeister Mika Häkkinen. "Vier WM-Titel für einen 26-Jährigen, das ist schier unglaublich. Vettel steht die ganze Welt offen", so der "fliegende Finne". Es laste kein Druck mehr auf seinen Schultern, so Häkkinen, und er müsse nichts mehr beweisen. "Ich frage mich, wie viele Titel in den nächsten Jahren noch folgen werden. Mit seinen Rekorden kann Vettel Geschichte schreiben", ist er sich sicher.

Mit seinem nun vierten Titel konnte Vettel mit Alain Prost gleichziehen. "Als ich meinen vierten WM-Titel gewann, war nur Juan Manuel Fangio (fünf; Anm. d. Red.) besser als ich. Dann kam Michael Schumacher und überholte uns beide", so der Franzose, der dabei nur "tatenlos" zuschauen konnte. "Jetzt kommt Sebastian. Und ich kann wieder nichts tun", klagt er. "Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass Sebastian nun auch Michaels Rekorde knacken will. Und er wird es schaffen", ist sich Prost sicher.