• 09.06.2005 22:19

Villeneuve: Das Auto ist "einfach langsam"

Wenig Optimismus beim Kanadier: Sein Sauber-Bolide sei zu langsam, in seine eigenen Fähigkeiten setzt er aber nach wie vor viel Vertrauen

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Jacques, hier wären wir also, in deiner Heimat. Eine Sache, die gestern in einer Pressekonferenz erwähnt wurde, ist, du hättest einen Vertrag für das nächste Jahr, womit du noch eineinhalb Jahre unter Vertrag wärst. Kannst du das bitte kurz erklären?"
Jacques Villeneuve: "Das war schon vorher der Fall. Es ist also keine Überraschung. Es ist, was letztes Jahr schon gesagt wurde, was im Winter gesagt wurde und das, was in den vergangenen Monaten gesagt wurde."

Titel-Bild zur News: Jacques Villeneuve

Jacques Villeneuve bereut es nicht, seine Formel-1-Karriere fortgesetzt zu haben

Frage: "Also stimmen die Gerüchte, du würdest eventuell ersetzt werden, nicht?"
Villeneuve: "Gerüchte sind Teil der täglichen Arbeit. Es gab immer eine Menge an Gerüchten. Ich habe keine Ahnung, woher das rührt, aber ich wette, dass es schlichtweg einfach ist, Gerüchte ins Leben zu rufen, weil bereits über Leute gemunkelt wurde, die engeren Kontakt zum Team bekamen. Wer weiß. Die Menschen denken, sie könnten mit Geld jeden ausbezahlen, ich denke, daher entstanden die Gerüchte."#w1#

Frage: "Was brauchst du, um zurück in die Top-Ten zu kommen?"
Villeneuve: "Wir müssen, um in die Top-Ten zu kommen, einfach schneller werden. Es gibt nichts, was wir sonst tun könnten. Wir haben in Imola einen guten Schritt getan, es scheint, dass wir es richtig gemacht haben, während den meisten anderen das nicht gelungen ist, und das war uns angemessen. Die andere Strecke, auf der wir wettbewerbsfähig waren, war Monaco - und das war's. Am Anfang der Saison waren wir nicht wirklich gut. Das Auto ist nicht schwierig zu fahren, es ist ziemlich neutral, aber die Rundenzeiten sind nicht gut genug."

Villeneuve: "Wir stehen, wo wir stehen"

Frage: "Letzte Woche hattest du einen groß angelegten Test in Monza, hat dich das etwas ermutigt?"
Villeneuve: "Nicht wirklich, nein. Das Auto funktionierte gut, war aber wiederum nicht schnell genug."

Frage: "Wie sehen deine Gedanken zu den beiden kommenden Rennen aus?"
Villeneuve: "Ich weiß nicht, was zu erwarten ist. Der Asphalt hier ist neu, was eine Überraschung für jeden garantiert. Es hängt nur davon ab, ob man es richtig macht. Wenn der Asphalt neu ist, muss man sich ein wenig herantasten und das könnte für uns gut funktionieren. Weiterhin sagt es uns zu, wenn, wie in Monaco, die Reifen am Limit sind, weil wir mit unseren Reifen sanft umgehen. Also hoffe ich darauf."

Frage: "Ist das die einzige Sache, auf die du hoffen kannst?"
Villeneuve: "Wenn man nicht besonders schnell ist, kann Regen helfen, weil er alles ins Gleichgewicht bringt."

Frage: "Fehlt deinerseits etwas?"
Villeneuve: "Nein, ganz und gar nicht."

Frage: "Dieser Teil des Ganzen ist perfekt?"
Villeneuve: "Man verbessert sich immer. Es gibt immer Raum für Veränderungen und um zu lernen. Das kommt mit der Arbeit. Aber im Moment können wir mit dem Auto nicht viel anfangen. Wir stehen, wo wir stehen, das ist Fakt."

Frage: "In den Pressemitteilungen und den Statements deines Teams klang nach den Rennen einige Male Kritik mit. Nimmt dich Peter Sauber auch einmal zur Seite und sagt dir etwas Positives oder übt konstruktive Kritik?"
Villeneuve: "Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Ich fahre schon lang genug Rennen, um Kritik als das zu sehen, was sie ist. Wenn sie fair ist, dann muss man sie akzeptieren, wenn sie nicht fair ist, dann geht sie zum einen Ohr rein und zum anderen wieder heraus."

Villeneuve bedauert Comeback nicht

Frage: "Du hast einige Male erklärt, dass an der gegenseitigen Beziehung zwischen dir und Sauber alles in Ordnung. Nach den jüngsten Äußerungen von Peter Sauber könnte man das Gegenteil vermuten. Als du zu Sauber kamst, sah alles rosig aus: Ferrari-Motoren, ein neuer Windkanal, du schienst glücklich mit dem Team zu sein. Bedauerst du jetzt, hier unterschrieben zu haben?"
Villeneuve: "Es ist einfach, etwas zu bedauern. Wir sind alle davon enttäuscht, wie wenig konkurrenzfähig wir sind, denn sobald wir Ende des vergangenen Jahres die Michelin-Reifen auf das Auto schnallten, war es extrem schnell. Das neue Auto war nie wirklich schnell und niemand scheint zu wissen warum. Es ist gut ausbalanciert, nicht schwierig zu fahren, es ist einfach langsam. Wir können da wenig tun, wir haben nicht das Budget, einfach verschiedene Aufhängungen zu bauen und Teile einfach neu zu entwickeln. Wir sind an das, was wir haben, gebunden - bis an das Ende der Saison. Solange für das kommende Jahr aktiv gearbeitet wird, ist es gut."

Frage: "Also kein Bedauern?"
Villeneuve: "Nein, überhaupt nicht. Ich bin viel glücklicher damit, Rennen zu fahren als sie zu Hause im Fernsehen anzuschauen."

Frage: "Nach dem Rennen am Nürburgring gab es einige Vorwürfe in Richtung des McLaren-Mercedes-Teams, sie würden das Leben der Fahrer aufs Spiel setzen. Denkst du, dass sich die Reifensituation langsam einem gefährlichen Stadium nährt?"
Villeneuve: "In der Vergangenheit gab es Rennen mit nur einem Boxenstop. Jemand in Kimis Position hätte damals einfach versucht, das Ziel zu erreichen, sodass die Regeln da nichts geändert hätten. Man wäre nicht weniger Runden (mit einem beschädigten Reifen; d. Red.) gefahren."

Frage: "Ist es für euch schwerer als gedacht, die Reifen während einer gesamten Renndistanz zu schonen? Drehen sich die Gedanken neben der regulären Abnutzung auch immer um Bremsplatten oder ähnliches?"
Villeneuve: "Ich genieße es schon immer, wenn ich meine Reifen schonen muss, weil man dann am Setup und am Fahrstil arbeiten kann. In diesem Jahr passt es uns jedes Mal sehr gut, wenn die Reifen zu weich sind, weil wir besonders sorgsam mit unseren Reifen umgehen und deshalb einen Nutzen daraus ziehen können. "

"... dafür können sie auch in ein Museum gehen"

Frage: "Du warst in den letzten drei Saisonrennen des Vorjahres der Teamkollege von Fernando Alonso. Was ist deine Meinung über ihn als Person und als Fahrer? Wird er in diesem Jahr den Titel holen? Und wenn ja, würdest du dich für ihn freuen?"
Villeneuve: "Er ist ein sehr starker Rennfahrer. Im Rennen ist er sogar stärker als im Qualifying, das ist gut, wenn man an der Meisterschaft arbeitet. Er ist auch eine sehr zurückhaltende Person, man muss also Zeit mit ihm verbringen, um ihn ein wenig zu kennen. Er war sehr nett, sehr positiv und auch sehr hilfreich. Derzeit schwebt er auf einer Wolke, das gesamte Team steht hinter ihm. Solange das so weitergeht, wird es schwierig für Kimi Räikkönen sein, in den Kampf einzugreifen. Aber ich bin sicher, dass er noch unter Druck geraten wird. Das passiert allen, und es würde die Formel 1 in der Saison noch interessanter machen."

Frage: "Überall in Europa sind die Einschaltquoten seit zwei Jahren extrem gesunken und sogar in der Presse ist die Formel 1 weniger oft vertreten. Wer ist daran schuld?"
Villeneuve: "Keine Ahnung, es liegt sicher daran, wie man es vorantreibt. Viel hängt auch davon ab, was die Journalisten schreiben. Ich beschuldige da niemanden. Alle arbeiten hier zusammen und die Leute wollen sicher auch gute Rennen sehen, aber auch Helden. Aber irgendwann - und ich weiß nicht, ob die Teambesitzer, die Medien oder andere Leute daran schuld waren - waren Helden nicht mehr erwünscht. Man wollte nur noch Roboter, die die Autos fahren. Wenn dann einer den Mund aufmachte, dann wurde es sofort vertuscht und diejenige Person war böse. Langfristig verloren die Leute dann ihr Interesse. Natürlich wollen sie auch schöne Autos sehen, aber dafür können sie auch in ein Museum gehen."