Vettel: Die nächste Krise kommt bestimmt

Nach seinem Überraschungssieg von Monza bleibt Sebastian Vettel auf dem Boden, weil er weiß, dass es nicht immer perfekt läuft

(Motorsport-Total.com) - Die Formel 1 ist ein schnelllebiges Geschäft. Erinnern Sie sich noch an den Saisonbeginn, als Sebastian Vettel viermal hintereinander ausgeschieden ist und dabei gerade mal ein paar Kilometer zurückgelegt hat? Oder an die Zeit des Heppenheimers in der Formel-3-Euroserie, als er vergeblich auf Titeljagd ging? Das ist gar nicht so lange her.

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel

Sebastian Vettel gestern während des Trainings zum Grand Prix von Singapur

Aber seit dem Wunder von Monza ist Vettel für die meisten Beobachter nur noch der jüngste Grand-Prix-Sieger aller Zeiten und nicht mehr das 21-jährige Supertalent, das sich seinen Weg nach oben hart erkämpfen musste. "Es gab auch in meiner Karriere Höhen und Tiefen, auch im Kartsport und in den kleinen Formelklassen", erklärte er gegenüber 'auto motor und sport'. "Insgesamt muss ich allerdings sagen: Es ist mehr richtig gegangen als falsch."#w1#

Die Formel 1 hat ein kurzes Gedächtnis

"Ich weiß, dass es Phasen gibt, in denen alles schief läuft. Denken Sie an den Anfang der Saison!" Sebastian Vettel

"Ich weiß, dass es Phasen gibt, in denen alles schief läuft. Denken Sie an den Anfang der Saison! Da hatte ich vier oder fünf Rennen, wo ich nicht mal die Zielflagge gesehen habe. Da hört man dann Fragen wie: Was ist los mit dir? Ist das Pech oder gibt es Probleme? Sind Sie abergläubisch? Da muss man durch. Ich schaue immer nach vorne", gab Vettel, der eigenen Angaben nach "geerdet genug" ist, um nicht abzuheben, zu Protokoll.

Sein Chef bei Toro Rosso, Gerhard Berger, zählt ihn heute schon zu den Top 5 in der Formel 1. Es liegt in der Natur des Rennfahrers, sich immer selbst für den Besten zu halten, auch wenn es kaum jemand offen zugibt. Vettel ist aber realistisch genug, zu wissen, dass es auch andere Supertalente gibt. Fernando Alonso, Kimi Räikkönen, Lewis Hamilton, Felipe Massa und Robert Kubica sind seiner Meinung nach die derzeit schnellsten Fahrer der Königsklasse.

Mit Räikkönen spielt er in seiner Wahlheimat Schweiz gerne mal Badminton, schließlich fährt man von Walchwil nach Wollerau gerade mal eine gute halbe Stunde. Erkannt wird Vettel auch nach seinem ersten Sieg nur selten - bei seinem Urlaub in Skandinavien wurde er zum Beispiel kein einziges Mal angesprochen! Sympathisch auch, dass er nicht in einem teuren Hotel eincheckte, sondern mit einem Kumpel gemeinsam in einem Van schlief...

Von Glücksmünzen und schwarzen Katzen

"Ab da ging es mit dem Starten bergauf." Sebastian Vettel

Bodenständig ist also ein Wort, das ihn hervorragend beschreibt, ebenso wie abergläubisch: "Das fing damit an, als ich in der Formel 3 unheimlich Schwierigkeiten mit dem Start hatte. Mit der Kupplung war es schwer, den Start perfekt hinzukriegen. Dann habe ich mir den Christophorus in den linken Schuh gelegt, damit es besser klappt. Ich dachte mir: Da hilft jetzt noch einer mit. Ab da ging es mit dem Starten bergauf", erklärte er den Hintergrund seiner immer mitfahrenden Münze im Schuh.

Nächstes Jahr wird Vettel übrigens nicht mehr für Toro Rosso, sondern für Red Bull Racing fahren. Angesichts der jüngsten Resultate fragen sich viele, ob das der richtige Schritt war. Der Youngster sieht das aber weniger dramatisch: "Man darf die letzten Ergebnisse nicht überbewerten. Das Mittelfeld ist eng beieinander. Wenn da nicht alles 100-prozentig passt, kannst du ganz schnell von Platz vier auf sieben abfallen." Und nächstes Jahr könne wieder alles ganz anders sein.

Das Toro-Rosso-Geheimnis liege jedenfalls nicht nur am Ferrari-Motor: "Den starken Motor hatten wir letztes Jahr auch schon", so Vettel. "Hinter unseren guten Ergebnissen steckt auch das Team. Red Bull hat in den letzten paar Rennen vielleicht nicht immer ganz fehlerfrei gearbeitet. Ich gehe davon aus, dass bei denen nicht alles optimal gelaufen ist, das sind gleich mal zwei Zehntel weg, und dann muss sich nur der Fahrer im Auto nicht richtig wohl fühlen, dann verlierst du gleich doppelt soviel."


Fotos: Sebastian Vettel, Großer Preis von Singapur