• 27.09.2008 22:34

  • von Dieter Rencken

Vettel: "Das ist unsere Pole-Position"

Nach dem Wunder von Monza kann sich Sebastian Vettel auch über den sechsten Startplatz in Singapur wie über eine Pole-Position freuen

(Motorsport-Total.com) - Zwei Wochen nach dem Wunder von Monza sicherte sich Sebastian Vettel heute dank der Rückversetzung von Nick Heidfeld mit der siebentbesten Zeit im Qualifying den sechsten Startplatz für den Grand Prix von Singapur. Ein weiterer Sieg liegt damit natürlich nicht in Reichweite, aber für den Toro-Rosso-Piloten bedeutet die dritte Reihe dennoch das zweitbeste Saisonresultat an einem Samstag.

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel und Tanja Bauer

Sebastian Vettel im Gespräch mit TV-Kollegin Tanja Bauer von 'Premiere'

Frage: "Sebastian, siebentschnellste Zeit im Qualifying - bist du zufrieden mit deinem Ergebnis?"
Sebastian Vettel: "Ja, sehr zufrieden, gerade nach dem gestrigen Tag. Das war nämlich kein einfacher Tag für uns: Ich habe mich auf der Strecke nicht hundertprozentig wohl gefühlt, obwohl sie mir gefällt, und das Auto hat noch nicht ganz gepasst. Ich hatte Schwierigkeiten damit, über die Bodenwellen zu fahren, ohne dass das Auto zu sehr versetzt."#w1#

Ein Reifensatz gespart

"Heute war das von Anfang an besser, weil wir über Nacht ein bisschen was gefunden haben. Wir konnten in die richtige Richtung entwickeln, von daher bin ich sehr zufrieden mit dem siebenten Platz. Vor allem freut mich, dass wir in Q2 nur einen Run gebraucht haben. Dadurch konnte ich einen Reifensatz sparen. Mehr als die siebente Zeit war nicht drin, daher bin ich sehr glücklich."

Frage: "Gerhard Berger hat gesagt, dass die Ingenieure die ganze Nacht arbeiten mussten..."
Vettel: "Ich bin froh, dass wir das so gut hinbekommen haben. Ich habe mich gestern wie gesagt auch selbst noch nicht wohl gefühlt, aber das ist hier der Schlüssel: Man braucht einfach das gewisse Vertrauen, um ans Limit zu gehen und die Kiste fliegen zu lassen."

"Die Strecke war von Anfang an in einem brauchbaren Zustand." Sebastian Vettel

Frage: "Haben sich die Streckenbedingungen von gestern auf heute sehr verändert?"
Vettel: "Nicht wirklich. Die Strecke war von Anfang an in einem brauchbaren Zustand. Im Qualifying hat es natürlich am meisten Grip, wenn alle gleichzeitig draußen sind, aber insgesamt waren die Bedingungen recht stabil."

Frage: "Wie wichtig ist Selbstvertrauen auf dieser Strecke?"
Vettel: "Sehr wichtig. Wenn du durch den Leitplankenkanal fährst, wenn überall Mauern neben dir sind, dann klebst du mit dem kleinsten Fehler schon in der Mauer. Da musst du volles Vertrauen haben, sonst verlierst du Zeit. Ich würde sogar sagen, dass Vertrauen auf einem Stadtkurs das Allerwichtigste ist."

Frage: "Deine Runden sahen sehr spektakulär aus. Wie viel Platz war noch zwischen den Mauern und deinem Auto?"
Vettel: "Nicht so viel - ich würde mich nicht freiwillig hinstellen! Man muss schon alles rausholen, aber das macht unheimlich viel Spaß. Es ist ein wahrer Tanz durch die Leitplanken, die Mauern und die Kerbs. Das Auto neigt dazu, zu versetzen und zu springen, aber es macht trotzdem Spaß."

Keine Chance gegen die Topautos

Frage: "Du hast vom zweiten auf das dritte Qualifying mit am meisten Zeit verloren. Kann man daraus schließen, dass du viel Benzin an Bord hast?"
Vettel: "Man kann ohnehin sagen, dass die Topautos auch mit mehr Benzin im Tank noch gut funktionieren. Nach hinten vergrößert sich der Abstand mit dem Gewicht dann sehr. Ein Ferrari oder McLaren fährt auch mit viel Gewicht noch 44er- oder tiefe 45er-Zeiten, während wir uns dann schon schwer tun, in die 46er zu kommen."

Frage: "Du glaubst also nicht, dass die leichter sind als du?"
Vettel: "Natürlich glaube ich, dass man da vorne um die Pole-Position kämpft, denn hier ist es sehr schwierig, jemanden zu überholen. Die Startposition ist also sehr wichtig. Ob man da vorne so viel leichter ist als in der Mitte und ganz hinten? Das glaube ich nicht. Die Autos da vorne sind in einer ganz anderen Liga als wir, unabhängig von der Spritmenge."

"Es ist alles möglich - ein Stopp, zwei Stopps, drei Stopps." Sebastian Vettel

Frage: "Erwartest du alle auf einer Zweistoppstrategie?"
Vettel: "Es ist alles möglich - ein Stopp, zwei Stopps, drei Stopps."

Frage: "Hoffst du auf eine Safety-Car-Phase oder ist dir das egal?"
Vettel: "Das ist mir eigentlich egal, denn man kann das Rennen ja nicht mit einer Safety-Car-Phase berechnen."

Frage: "Aber ist man mit zwei Stopps flexibler oder doch eher mit einem Stopp?"
Vettel: "Im Falle eines Safety-Cars ist ein Stopp immer besser. Es kommt halt drauf an, wann das Safety-Car kommt. Das Optimale ist hier sicher eine Zweistoppstrategie - und wenn jemand wirklich leicht ist, dann macht er vielleicht drei Stopps."

Frage: "Ist der Unterschied zwischen den beiden Reifentypen bei euch auch so gering wie bei manchen anderen?"
Vettel: "Man kann ja sehen, was uns besser liegt. Wir haben hier aber in der Tat die einzigartige Situation, dass die beiden Reifentypen in der Performance sehr ähnlich sind. Man kann das nicht verallgemeinern, sondern es variiert wohl von Team zu Team. Bei manchen beträgt der Unterschied eine Zehntel, bei anderen eine halbe Sekunde, wieder bei anderen sind sie vielleicht sogar gleich. Das kann man nicht generell sagen. Aber es stimmt, dass es hier nicht so ein klares Bild gibt wie auf den meisten anderen Strecken."

Langes Rennen bei großer Hitze

Frage: "Es wird ein sehr langes Rennen bei großer Hitze. Wie bist du körperlich beisammen?"
Vettel: "Das stimmt, es wird ein langes Rennen bei großer Hitze. Vor allem die Hitze ist entscheidend. Wir werden viel schwitzen, auch wegen der hohen Luftfeuchtigkeit. Mal schauen. Es könnte schwierig werden, die Konzentration aufrecht zu erhalten, aber ich denke, ich bin gut in Form."

Frage: "Wie gefällt dir die Strecke hier? Gibt es auch Kritikpunkte?"
Vettel: "Sehr gut! Das habe ich ja auch schon ein paar Mal gesagt. Was gestern nicht ganz ideal war, war die Boxeneinfahrt, aber das haben sie jetzt ein bisschen angepasst. Vielleicht kann man das für nächstes Jahr noch einmal ändern. Es gibt auch noch ein paar andere Dinge, über die man für 2009 reden muss, zum Beispiel die Bodenwellen. Die sind wirklich extrem. Auch einige Kerbs sind diskussionswürdig. Aber insgesamt haben sie einen guten Job gemacht."


Fotos: Sebastian Vettel, Großer Preis von Singapur, Samstag


Frage: "Denkst du nach dem Sieg in Monza wieder an ein Podium?"
Vettel: "Das war auch vor Monza schon so, sonst müsste ich ja gar nicht antreten! Realistisch gesehen wäre es aber schon ein sehr gutes Ergebnis, dort anzukommen, wo wir losfahren. Der siebente Platz ist unsere Pole-Position, denn gestern sah es nicht einmal so aus, als würden wir in die Top 10 kommen. Aber wir werden natürlich angreifen. Mit ein paar Punkten wären wir sehr, sehr zufrieden."

Frage: "Was hat der Sieg in Monza für dich geändert?"
Vettel: "Nicht viel. Es war ein fantastisches Rennen mit einem fantastischen Resultat und ich bin sehr stolz darauf, aber hier fängt wieder alles von vorne an. Es gibt kein Geschenk für den, der das letzte Rennen gewonnen hat. Man muss alles geben - und genau das werden wir versuchen! Natürlich müssen wir uns nicht verstecken, aber es ist auch nicht so, dass ich jetzt sagen kann, weil ich in Monza gewonnen habe, läuft alles von selbst und ich kann mich zurücklehnen. Ich stehe mit beiden Füßen auf den Boden und beginne hier wieder von vorne."