Trulli: "Die Servolenkung funktioniert jetzt"

Mit einer neuen Servolenkung hat Jarno Trulli endlich ein Gefühl für den Lotus bekommen - Der Entwicklungsprozess war langwierig

(Motorsport-Total.com) - Nach einem Rennen Pause sitzt Jarno Trulli in Ungarn wieder in seinem Lotus-Cockpit. Nach dem ersten Trainingstag war der Routinier sehr glücklich, denn die Probleme mit der Servolenkung wurden endlich gelöst. Da Trulli einen sehr präzisen Fahrstil pflegt, muss ihm die Lenkung das richtige Gefühl vermitteln, sonst ist der Italiener verloren. Mit dem neuen System konnte dieser Fortschritt erreicht werden. Für Trulli beginnt die Saison 2011 damit erst auf dem Hungaroring. Im Interview schildert der 37-Jährige die Fortschritte.

Titel-Bild zur News: Jarno Trulli

Jarno Trulli hat endlich ein gutes Gefühl im Auto und ist darüber glücklich

Frage: "Wie ist es dir mit der neuen Servolenkung gegangen?"
Jarno Trulli: "Jetzt habe ich ein besseres Gefühl und kann das Auto besser herumwerfen. Ich spüre die Reaktionen besser, wenn ich bremse oder vom Gas gehe. Ich habe auch den angeströmten Diffusor erstmals richtig gespürt. Daran habe ich heute viel gearbeitet. Mit dem alten System war ich praktisch blind und fand überhaupt keine Richtung. Heute war das Training super, es lief wieder normal."

"Ich habe die Situation besser unter Kontrolle und war von Beginn an konkurrenzfähig. Das war ich schon lange nicht mehr. Es ist alles leichter. Ich bin an die Box gekommen und habe sofort zu meinen Ingenieuren gesagt was sie ändern sollen. Wir haben auch einige Neuerungen, die das Fahrverhalten verbessern. Der Hungaroring ist eine sehr wellige Strecke mit mittelschnellen und langsamen Kurven. Man braucht deshalb eine gute Traktion."

"Ich habe jetzt mehr Vertrauen ins Auto. Es ist ein Fakt, dass ich davor nicht auf der Höhe war. Teilweise war es auch meine Schuld, weil ich mit der Servolenkung nicht so gut wie Heikki (Kovalainen; Anm. d. Red.) zurechtgekommen bin. Ich hatte diese Probleme auch schon bei Toyota. Auch dort war ich deshalb sehr schlecht. Ich wusste von diesen Jahren, was ich durchmachen muss. Ich habe sehr gehofft, dass wir das lösen können. Jetzt ist es viel besser."


Fotos: Lotus, Großer Preis von Ungarn, Freitag


Frage: "Es hat aber lange gedauert, denn die Hälfte der Saison ist schon vorbei."
Trulli: "Hoffentlich kann ich jetzt darauf aufbauen und bis zum Saisonende vernünftig mit dem Auto arbeiten. Ich muss auch noch viel über das Auto lernen, weil ich es bisher nicht ausloten konnte. Heute habe ich viele Daten gesammelt. In den bisherigen Rennen zusammen konnte ich nicht so viele Informationen sammeln. Das war ein großer Fortschritt für mich."

Frage: "Du hast Toyota angesprochen. Was meinst du damit genau?"
Trulli: "Im Jahr 2005 war ich schnell und konkurrenzfähig. Gegen Saisonende stellten wir ein neues Auto vor. In den letzten beiden Rennen war ich dann schlecht, weil mir die Servolenkung Probleme bereitete. Das war damals ähnlich. Ich war die gesamte Saison über schneller als Ralf (Schumacher; Anm. d. Red.), aber in den letzten beiden Rennen hat er mich überholt. Ich hatte einige Punkte Vorsprung, aber das machte er in einem Schlag weg und beendete das Jahr einen Punkt vor mir. So ist das Leben."

Frage: "Okay, aber Ralf kam damit klar und auch Heikki hat keine Probleme."
Trulli: "Ich weiß, dass es auch teilweise meine Schuld ist, weil ich mit der Servolenkung nicht so gut klarkomme wie andere Fahrer. Meine Stärke ist auch meine Schwäche. Wenn mir die Servolenkung nicht das richtige Gefühl vermittelt, kann ich nicht so präzise fahren. Die komplette Saison habe ich mich wie ein Passagier gefühlt und war im Auto verloren. Ich konnte den Ingenieuren kein Feedback geben und fühlte mich schlecht, weil ich dem Team nicht helfen konnte. Hoffentlich kann ich jetzt auf der Basis aufbauen."

¿pbvin|512|3728|reifen|0|1pb¿Frage: "Warum hat es so lange gedauert bis die Servolenkung richtig eingestellt ist?"
Trulli: "Sie haben versucht es zu lösen, aber das System war komplett falsch konstruiert. Als Mark Smith (Technikdirektor; Anm. d. Red.) zum Team gekommen ist, haben wir das Problem in ein paar Monaten gelöst. Ich kenne ihn von früher und war zuversichtlich, dass er es schaffen würde. Jetzt ist es aussortiert. Das System ist jetzt in Ordnung."

"Zu Beginn der Saison habe ich sofort zu meinen Ingenieuren gesagt, dass ich mit dem Auto nirgendwohin kommen werde. Ich habe es trotzdem probiert. Im Qualifying war ich immer schwach. Aber aus irgendeinem Grund, vielleicht weil das Auto betankt und schwerer war, bin ich im Rennen schnell gefahren. In der zweiten Hälfte habe ich dann aber alles verloren. Wenn das Auto leichter wird, reagiert es schneller. Genau da hatte ich kein Gefühl und war verloren. Es war eine harte Zeit. Am schlimmsten war es in Silverstone. Ich konnte das Auto überhaupt nicht fühlen und war komplett verloren. Natürlich fragt man sich, ob es an einem selbst liegt. Jetzt bin ich zufrieden."

"Es ist ein brandneues System. Es arbeitet normal und präzise und vermittelt mir genau das richtige Gefühl im Auto. Wir können es noch verbessern. Die Servolenkung ist nicht nur da, um dir zu helfen, sondern es soll dir auch Feedback vermitteln. Das alte System hat dich unterstützt, aber das Feedback war komplett falsch. Jetzt funktioniert es gut, aber wir können es noch etwas besser einstellen, damit Lenkkorrekturen besser übertragen werden und man schneller und besser fahren kann. Mit dem generellen Gefühl bin ich zufrieden. Hoffentlich kann ich das Beste herausholen."

Jarno Trulli

Im zweiten Freien Training fuhr Jarno Trulli die 19.-schnellste Zeit Zoom

Frage: "Ein Rennen hast du bereits ausgelassen und die Ergebnisse waren bislang auch nicht berühmt. Machst du dir Sorgen um deine Zukunft?"
Trulli: "Nein, denn ich muss schnell und motiviert sein. Jetzt sieht alles viel besser für mich aus. Ich denke nicht an die Zukunft, sondern konzentriere mich darauf, auf der jetzigen Situation aufzubauen. Was sein wird, wird sein. Eine offizielle Meldung wird wahrscheinlich in den kommenden Wochen erfolgen. Im Moment konzentriere ich mich auf meinen Job und mein Team. Jetzt macht es mir wieder Spaß."

Frage: "Wirst du bei Lotus bleiben?"
Trulli: "Die Entscheidung liegt beim Team. Tony (Fernandes, der Teamchef; Anm. d. Red.) war in Deutschland sehr offen zu mir. Ich bin ein guter Teamplayer. Da ich wusste, dass ich meine Servolenkung in Ungarn erhalten werde, zog ich es vor, ihm das Auto gleich zu geben und nicht erst später. Ich war zufrieden und Tony war glücklich. Jetzt bin ich wieder da, wo ich hingehöre. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt. Daran denke ich im Moment nicht und mache mir keine Sorgen. Ich denke an das hier und jetzt und an ein gutes Wochenende."