Trotz Konzentrationsschwächen: Norris zertrümmert Verstappen in Singapur!

Beinahe wäre das für Lando Norris ins Auge gegangen, aber letztendlich ließ er Max Verstappen beim Grand Prix von Singapur nicht den Hauch einer Chance

(Motorsport-Total.com) - Lando Norris hat beim Grand Prix von Singapur seine wahrscheinlich bisher dominanteste Performance der Formel-1-Saison 2024 abgeliefert und sich den Sieg beim berühmten "Nightrace" gesichert. Der McLaren-Pilot gewann das Rennen vor Max Verstappen (Red Bull) und Oscar Piastri im zweiten McLaren.

Titel-Bild zur News: Lando Norris, Max Verstappen, Lewis Hamilton, George Russell

Lando Norris gewann den Start und geriet danach nie mehr in Gefahr Zoom

Norris behielt diesmal am Start die Nerven, hatte einmal Glück bei einem Beinahe-Crash, war ansonsten aber die ganze Nacht hindurch ohne ernstzunehmende Gegner und konnte das Tempo von der Spitze aus fast nach Belieben kontrollieren. Am Ende hatte er 21 Sekunden Vorsprung auf Verstappen und 42 auf Piastri.

Lange sah es so aus, als würde sich Norris auch den Bonuspunkt für die schnellste Rennrunde sichern. Doch Daniel Ricciardo (Racing Bulls) erwies Red Bull im wahrscheinlich letzten Grand Prix seiner Karriere einen letzten Dienst, wechselte am Ende auf frische Reifen und nahm Norris den Punkt noch weg. Norris' Rückstand beträgt nach 18 von 24 Grands Prix also 52 Punkte.

ORF-Experte Alexander Wurz glaubt "schon, dass Norris Verstappen in Bedrängnis bringt. Das macht er auch schon. Red Bull musste sogar das Schwesterteam anrufen, um den Punkt für die schnellste Runde von Norris wegzuholen. Mit dieser Überform ist es vielleicht möglich, diese 52 Punkte noch aufzuholen."

Vierter wurde George Russell (Mercedes), der sich im Finish gegen Charles Leclerc (Ferrari) verteidigen musste. Leclerc fuhr einen langen ersten Stint und hatte die um neun Runden frischeren Reifen, weswegen er in der Schlussphase zu den schnellsten Autos im Feld gehörte.

Lewis Hamilton (Mercedes) schleppte sich mit stark abgefahrenen Reifen ins Ziel - als einziger Topfahrer, der einen Start auf der weichsten Gummimischung riskiert hatte. Er wurde Sechster, vor Carlos Sainz (Ferrari), Fernando Alonso (Aston Martin), Nico Hülkenberg (Haas) und Sergio Perez (Red Bull).

Alexander Albon (Williams) schied mit Verdacht auf einen Kühlungsdefekt im Bereich der Powerunit aus. Kevin Magnussen (Haas) stellte kurz vor Schluss an der Box ab. Alle anderen 18 Autos sahen die Zielflagge. Und es gab in einem mäßig aufregenden Singapur-Grand-Prix zum ersten Mal überhaupt keine einzige Safety-Car-Phase.

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Wer waren die Gewinner des Starts?

Für Hamilton ging das Kalkül, als einziger der Topfahrer auf weichen Reifen zu starten, nicht auf. Polesetter Norris geriet bis zur ersten Kurve nicht in Gefahr und behauptete diesmal die Führung souverän. Hamilton setzte sich dahinter in der ersten Kurve zwar außen neben Verstappen, musste aber zurückstecken - und konnte trotz Gripvorteil auch in den ersten zwei Runden nicht attackieren.

Nach zwei Runden hatte er schon eineinhalb Sekunden Rückstand auf Verstappen, und es dauerte nicht lang, bis der viertplatzierte Russell zum ersten Mal funkte: "Wir müssen das Tempo anziehen, sonst fahren uns die Jungs da vorn davon." Aber Hamilton wurde aufgefordert, nicht zu attackieren, sondern seine Reifen zu schonen.

Dahinter gab es ein paar Verschiebungen. Franco Colapinto (Williams) gewann am Start drei Positionen und kam als Neunter aus der ersten Runde zurück, Perez als Zehnter. Das waren die beiden großen Gewinner des Starts. Sainz hingegen fiel von P10 auf P12 zurück. Und Albon sogar von P11 auf P15. Er regte sich am Funk auf: "Was hat Franco gemacht? Das war eine Divebomb!"

Wie dominant war Norris?

In den ersten zehn Runden plätscherte das Rennen vor sich hin. Norris konnte Verstappen auf Kommando seines Renningenieurs um fünf Sekunden abschütteln, und Hamilton hatte nach zehn Runden schon zehn Sekunden Rückstand auf den Führenden. Es zeichnete sich also bestenfalls ein Duell um den Sieg ab, mit ziemlich klaren Vorteilen auf McLaren-Seite.

Norris hatte seinen Vorsprung schon auf acht Sekunden ausgebaut, als ihm in Runde 13 durchgefunkt wurde: "Lando, sieht aus, als sei das Überholen wie erwartet schwierig. Undercut sieht stark aus. Bringt vielleicht zwei Sekunden." Und sein Tempo blieb beeindruckend: Am Ende der 22. Runde betrug sein Vorsprung auf Verstappen 27,5 Sekunden!

Ging Hamiltons Strategie mit den weichen Reifen auf?

In Runde 17 war Hamilton mit seinen weichen Reifen der Erste aus dem Spitzenfeld, der an die Box kam. Er wechselte bei 2,5 Sekunden Standzeit von Soft auf Hard - und fiel auf Platz 13 zurück, unmittelbar hinter dem Magnussen-Haas. Red Bull funkte an Verstappen: "Hamilton hat in den Mittelfeldverkehr reingestoppt. Fahr einfach weiter."

Hamilton war mit seiner Strategie nicht zufrieden. Der erste Stint sei "viel zu kurz" angelegt gewesen, nörgelte er am Boxenfunk, und das werde ihn am Ende des Rennens bluten lassen. Außerdem beklagte er gefühlt zu wenig Downforce, womöglich als Folge eines Mauerstreifers bei der Boxeneinfahrt. Aber sein Renningenieur antwortete: "In den Daten können wir nichts sehen."

Hamiltons Kritik war, im Nachhinein betrachtet, übrigens nicht ganz unbegründet. Im letzten Renndrittel kämpfte er mit stumpfen Waffen gegen Piastri und Leclerc und musste die beiden mehr oder weniger kampflos überholen lassen. Mehr als Platz 6 war nicht zu holen.

Geriet Norris nochmal irgendwie in Gefahr?

Norris hatte nach seinem Reifenwechsel mehr als 20 Sekunden Vorsprung auf Verstappen, der seinerseits durch seinen Boxenstopp kurzzeitig hinter Leclerc (langer erster Stint) zurückgefallen war und den Ferrari erstmal auf der Strecke überholen musste.

In Runde 29 hätte Norris beinahe sein Rennen versenkt, als er in einer 90-Grad-Rechtskurve haarscharf an einem Crash vorbeischrammte. Er bremste wohl etwas zu spät und kam mit einem leichten Mauerkuss davon.

"Vielleicht habe ich Schaden am Frontflügel", funkte er, aber die Box gab Entwarnung: "Bleib draußen!" Und auf Nachfrage, wie sich das Auto denn anfühle, meinte Norris: "Gut."

Als die Szene nach Rennende im Podiumraum den Top-3-Fahrern gezeigt wurde, bekam Verstappen große Augen: "W-O-W!" Und Norris musste grinsen. Ist ja doch noch gutgegangen.

In Runde 38, also sehr spät, holte McLaren mit Piastri auch das zweite Auto zum Stopp. Piastri kam hinter dem Mercedes-Duo auf Platz 5 auf die Strecke zurück, hatte aber die um 21 Runden frischeren Reifen als Hamilton und nur 1,4 Sekunden Rückstand aufzuholen.

Das Thema Hamilton erledigte Piastri bereits zwei Runden später mit einem souveränen Überholmanöver, und in Runde 45 war er dann auch an Russell vorbei und lag somit auf Podiumskurs.

Norris an der Spitze zog indes weiterhin einsam seine Kreise durch die Nacht. Er wurde aufgefordert, eingangs Kurve 18 seinen rechten Vorderreifen zu schonen, doch abgesehen davon zeichneten sich keine Probleme ab. Auch vom Speed her nicht: Den Vorsprung auf Verstappen konnte er bis Runde 40 auf 23 Sekunden ausbauen.

Gut 15 Runden vor Schluss fuhr Norris einmal beim Anbremsen so weit nach außen, dass er mit seinem rechten Hinterrad die Mauer streifte - eine Szene, die verblüffend an den Crash von Russell vor einem Jahr erinnerte, für Norris aber ohne Folgen blieb. "Volle Konzentration. Trink doch mal was", ermahnte ihn sein Renningenieur.

Der McLaren-Pilot ließ sich davon nicht beeindrucken und drehte in Runde 48 von 62 sogar die schnellste Runde im Rennen. Bis ihm diese von Ricciardo doch noch entrissen wurde.

Wie fiel Hülkenberg hinter Alonso und Leclerc zurück?

Nico Hülkenberg erwischte vom sechsten Platz einen super Start, profitierte in Kurve 1 von einem kleinen Fehler von Piastri und übernahm kurzzeitig sogar P5 vom McLaren-Piloten. Dass der nicht lang zu halten sein würde, war Hülkenberg aber klar, und so gab er sich wenig Mühe, gegen Piastri zu verteidigen.

Danach fuhr er mit Alonso und Leclerc im Schlepptau ein starkes Rennen, ohne unter dem Druck einzuknicken. Alonso kam relativ früh an die Box, und damit hatte Hülkenberg jetzt Leclerc als direkten Gegner, den er in Runde 28 vorbeilassen musste. Wenig später wechselte er von Medium auf Hard - und fiel durch Alonsos Undercut auch hinter den Aston Martin zurück.

Ende der 36. Runde kam Leclerc nach einem langen ersten Stint an die Box, und auch der kam knapp vor Hülkenberg auf die Strecke zurück. Boxenstoppbereinigt lagt der Deutsche jetzt auf Platz 9, 1,4 Sekunden vor Perez, mit vergleichbar alten und gleich harten Reifen.

Es waren noch 15 Runden zu fahren, und Perez wurde im Rückspiegel immer größer, als der Renningenieur versuchte, Hülkenberg Mut zu machen: "Die Reifen sehen sehr gut aus, Nico, sehr gut." Perez funkte im Gegensatz dazu: "Ich habe keine Traktion. Das Auto hüpft wie ein Känguru."

Hülkenberg hielt dem Druck stand und sicherte sich zwei Punkte für die Weltmeisterschaft.

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