• 03.09.2002 09:12

  • von Marcus Kollmann

Todt: Dominanz hin oder her, "einfach ist es nie"

Der Teamchef spricht über das Erfolgsgeheimnis, die Vergänglichkeit der Erfolgsserie und die Ziele für den Rest der Saison

(Motorsport-Total.com) - Für die Scuderia Ferrari war auch der Große Preis von Belgien ein rundum erfolgreiches Wochenende. Am Samstag hatte man sich über die erste Pole Position von Michael Schumacher in Spa-Francorchamps und damit über die beste Ausgangsposition für das Rennen freuen dürfen und am Sonntag gab es durch den Doppelsieg einen weiteren Grund zum Jubeln. Während Michael Schumacher stolz darauf sein konnte als erster Formel-1-Pilot überhaupt mit zehn geholten Siegen in der Saison eine neue Rekordmarke aufgestellt zu haben, konnte auch das Weltmeisterteam auf die gute Saisonleistung, für die es längst nur noch Superlative gibt, noch einen draufsetzen. In den letzten 50 Rennen konnte mindestens einer der beiden Ferrari-Piloten auf das Podium klettern ? auch das ist ein Rekord.

Titel-Bild zur News: Jean Todt (Ferrari)

Todt hofft, dass Ferraris Erfolgsserie noch einige Zeit andauert

Angesichts wie die Saison 2002 bislang für Ferrari gelaufen ist - 8 Pole Positionen, 12 Siege, 7 zweite Plätze, 2 dritte Plätze und einen vierten Platz holte man in 14 von insgesamt 17 Rennen bisher -, möchte man meinen, dass auch Ferrari-Rennleiter Jean Todt auf Grund der eigenen Dominanz schon langweilig wird. "Es ist etwas was wir regulär tun", bestätigt der Franzose, dass man sich bei Rot längst an die Erfolge gewöhnt hat. Gleichzeitig weist Todt jedoch darauf hin, dass der jetzige Erfolg nicht von ungefähr kommt, gehen diesem doch Jahre der harten Vorbereitung und ein Weg gepflastert mit zahlreichen technischen Pannen und Problemen voraus: "Wir genießen, was im Moment passiert, denn das ist etwas Außergewöhnliches in der Geschichte des Ferrari-Teams und wir ernten jetzt die Früchte unserer Arbeit. Darüber hinaus profitieren wir von den Umständen die äußerst vorteilhaft sind: Wir haben die richtigen Partner, treffen die richtigen Entscheidungen und all dies hilft uns in diesem Jahr dabei die Rekorde zu brechen", verrät Todt das Erfolgsgeheimnis des "besten Teams des weltweit größten Herstellers von wunderschönen Autos."

Todt: Es gibt keine "einfachen Siege"

Beim Belgien-Grand Prix hatte es den Anschein, als ob Michael Schumacher geradezu um die knapp 7 Kilometer lange Rennstrecke in den Ardennen fliegen würde, so schnell entschwand der Deutsche der Konkurrenz nach dem Start. Die Runde für Runde gefahrenen schnellsten Rundenzeiten und das gleichzeitige Einstellen des bisherigen Rundenrekords, welcher nun bei 1:43.726 Minuten im Rennen liegt, veranlassten die Gegner von einem "einfachen Sieg" für den Deutschen zu sprechen. Todt sieht das aber anders: "Es ist nie einfach. Fragen sie doch einmal unsere Konkurrenten ob so etwas leicht ist. Es hat einfach den Anschein, dass wir diese Saison einfach konkurrenzfähiger als die anderen Teams sind. Die Resultate sprechen für sich, doch ich würde nicht sagen, dass wir in diesem Rennen eine größere Dominanz gesehen haben als in den anderen. Wenn man sich Rennen für Rennen anschaut, wird man sehen, dass wir dieses Jahr schon mehrere Male dominierten."

So sehr der "Monolog in Rot" die Tifosi und die für den Erfolg hart in der Fabrik in Maranello arbeitenden Angestellten von Ferrari freut, so sehr bringt er die Gegner zum Verzweifeln. Auch wenn die Ära Ferrari schon beginnt den einen oder anderen zu langweilen, so hat es laut Jean Todt in der Formel 1 schon immer Zyklen gegeben in denen ein bestimmtes Team oder ein bestimmter Fahrer alle anderen zu Statisten degradiert hat. Man erinnere sich an die Achtziger und Neunziger, als McLaren und Williams in einer anderen Liga fuhren. "Ich erinnere mich, dass es Teams oder Leute wie Senna, Prost und Lauda gab. Andere Teams hatten ähnliche Erfolgsläufe, doch ich kann mich nicht an welche erinnern die so großartig wie der von Ferrari gewesen sind, doch andere Leute mögen das tun", ist Todt tief beeindruckt von dem was ihm und der Scuderia gelungen ist.

"Wir werden weiterhin versuchen Doppelsiege zu erreichen"

Die Konkurrenz muss sich auch in Zukunft warm anziehen, oder besser gesagt, sie muss sich noch mehr ins Zeug legen, denn bei Ferrari verspürt man trotz dieser Rekord-Saison noch keine Erfolgsmüdigkeit: "Wir werden versuchen weiterhin zu gewinnen und versuchen Doppelsiege zu erreichen und arbeiten auf dieses Ziel hin." Auch wenn es jetzt noch für einige unvorstellbar scheint und andere diesen Zeitpunkt schon geradezu herbeisehnen, so wird die Ära Ferrari aber auch eines Tages zu Ende gehen und die eines anderes Teams beginnen. So ist nun einmal der Lauf der Dinge, so ist es schon immer in der nun 52-jährigen Geschichte der Königsklasse gewesen und dass man daran nichts ändern können wird, weiß auch Todt: "Ich denke, dass wir besonnen sein und mit beiden Beinen auf dem Boden bleiben müssen. Wir müssen uns klar machen, dass dieser Erfolg nicht für immer andauern wird. Wir hoffen aber, dass wir damit in Monza und vielleicht auch in Amerika und in Suzuka fortfahren können. Vielleicht auch nächstes Jahr, doch wir wissen, dass diese Siegesserie eines Tages vorüber sein wird. Wir wissen, dass sich die Dinge verändern können und deshalb müssen wir versuchen daran festzuhalten und von diesem außergewöhnlichem Erfolg profitieren. Gleichzeitig müssen wir dieses Resultate aber auch genießen und würdigen, denn dahinter steckt viel Arbeit und wir müssen weiterhin so arbeiten, wenn wir diese Dimension beibehalten wollen", mahnt der Rennleiter.

Tests in Monza zur Vorbereitung auf den Italien-Grand Prix, Tests von Neuentwicklungen in Frankreich

Als Nächstes steht nun mit dem Großen Preis von Italien in Monza ein Heim-Grand Prix für den italienischen Rennstall an. Auch wenn kein Team so viele Erfahrungen in Monza hat wie Ferrari, so wird man, wie alle anderen auch, dort noch einmal testen. Nach sechs Wochen Testpause werden Michael Schumacher und Rubens Barrichello diese Woche auf der italienischen Rennstrecke die Vorbereitungen für den kommenden Grand Prix durchführen. Luca Badoer wird unterdessen auf dem Circuit Paul Ricard in Frankreich neue Entwicklungen testen.

"Monza ist der einzige Low-downforce-Kurs, also werden wir unser Auto bei diesem Test entsprechend abstimmen", sagt Todt, der Michael Schumachers nach seinem Sieg in Belgien geäußerte Vorsicht hinsichtlich des zu erwartenden Abschneidens von Ferrari beim Heimspiel versteht: "Es ist vollkommen in Ordnung, dass er vorsichtig bleibt, denn das müssen wir vor jedem Rennen sein. Vielleicht ist gerade das ein Teil unserer Stärke, immer vorsichtig und nie zu selbstsicher zu sein."