Szafnauer erklärt: Warum Alpine in der Formel 1 noch immer hinterherfährt

Ex-Teamchef Otmar Szafnauer erklärt, warum Alpine in der Formel 1 seiner Meinung nach nicht so schnell erfolgreich sein wird, wie es sich die Bosse dort wünschen

(Motorsport-Total.com) - So richtig kommt das Alpine-Formel-1-Projekt weiterhin nicht in Schwung. Seitdem der Renault-Konzern den Rennstall aus Enstone 2016 zurückkaufte, kam das Team, das zuerst als Renault und seit 2021 als Alpine an den Start geht, nie über Platz vier in der Weltmeisterschaft hinaus.

Titel-Bild zur News: Pierre Gasly bei einem Unfall in der Formel 1

Alpine fährt den eigenen Zielen in der Formel 1 aktuell noch hinterher Zoom

Dabei sind die Franzosen eigentlich mit dem Ziel angetreten, an frühere Erfolge anzuknüpfen und um Rennsiege und WM-Titel mitzufahren. Ex-Teamchef Otmar Szafnauer überrascht es allerdings kein bisschen, dass das bislang nicht funktioniert hat.

In einem Interview auf dem YouTube-Kanal des Journalisten Peter Windsor verrät Szafnauer: "Als ich [zu Alpine] kam, gab es zum Beispiel keine separate Gruppe für die Aero-Performance. Größere Teams haben 20 bis 25 Mitarbeiter, die sich die aerodynamische Performance ansehen."

"Das ist noch einmal eine separate Gruppe von der Aero-Gruppe. Es ist fast wie eine Fahrdynamik-Gruppe, aber mit dem Fokus auf die Aerodynamik. Alpine hatte das nicht", so Szafnauer, der erst Anfang 2022 als Teamchef nach Enstone gekommen war.

"Als ich ging, hatte ich eine neue Führung für diese Gruppe eingestellt, sie von der Aerodynamik-Gruppe getrennt und angefangen, Leute dafür einzustellen", so Szafnauer, der Alpine im vergangenen Sommer nach rund anderthalb Jahren schon wieder verlassen musste.

Szafnauer glaubt: Wir waren auf dem richtigen Weg

Szafnauer verrät: "Ich bin hauptsächlich davon enttäuscht, dass wir unterschiedliche Zeitlinien hatten, um erfolgreich zu werden. Mir wurden 100 Rennen gegeben, von denen ich dachte, dass es genug sein würde, denn bei 25 Rennen pro Saison sind 100 Rennen ungefähr vier Saisons."

"Bei 20 pro Saison sind es fünf [Jahre]. Es sind also zwischen vier und fünf Saisons. [...] Ich war 38 Rennen dabei, und dann kam die Ansage, dass wir nicht schnell genug Fortschritte machen, und dass sie Dinge ändern wollen", erinnert sich Szafnauer.

"Ich weiß, was es bedeutet, die Kultur und die Performance eines Formel-1-Teams zu verändern. Es braucht einfach diese Zeit", betont der 59-Jährige, der daher bis heute nicht ganz nachvollziehen kann, warum ihn Alpine nach rund anderthalb Jahren schon wieder ersetzte.


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"Das sage nicht nur ich, viele andere haben auch gesagt, dass wir in die richtige Richtung gehen", stellt Szafnauer klar und verrät: "Es gab intern eine Menge Lob und es wurde gesagt: 'Das ist toll, wir lieben deinen Managementstil und was du machst.'"

"Ich denke, es ging in die richtige Richtung. Der Fakt, dass die führenden Manager bei Alpine viel schneller Erfolg haben wollten, als es möglich ist, war das, was schiefgelaufen ist", betont er und erklärt, dass es in der Formel 1 nicht möglich sei, über Nacht erfolgreich zu werden.

Kein Verständnis für "naive" Denkweise der Alpine-Bosse

Im Hinblick auf den großen Sprung von Aston Martin im Winter 2023 stellt er zum Beispiel klar: "Das ist nicht innerhalb eines Jahres passiert. Es hat gedauert, all diese Leute zu holen. All das ist im Hintergrund passiert." Szafnauer muss es wissen, denn bis Anfang 2022 war er dort vor seinem Wechsel zu Alpine selbst noch Teamchef.

"Wir müssen uns daran erinnern, dass Lawrence [Stroll] das Team 2018 gekauft hat - und 2023 hatten sie dann ein schnelles Auto. [...] Das ist der Zeitrahmen", stellt er klar. Doch diese Zeit wollte ihm Alpine am Ende nicht mehr geben - wofür er selbst kein Verständnis hat.

"Zu glauben, dass man es in ein oder zwei Jahren schafft, ist naiv. Das geht einfach nicht", stellt er klar und verrät außerdem, dass Alpine zu Beginn seiner Zeit deutlich weniger Geld als die Topteams ausgegeben und nicht einmal am Kostendeckel operiert habe.


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"Wir haben in meinen anderthalb Jahren dort ungefähr 70 bis 80 zusätzliche Leute eingestellt. [...] Wir haben niemanden entlassen, wir haben nur neue Leute eingestellt", so Szafnauer, der auf die Frage, wie das unter der Budgetobergrenze möglich sei, antwortet: "Dabei geht man davon aus, dass man bereits an der Obergrenze ist."

"Wenn das nicht so ist, dann hat man Luft, um Leute einzustellen, was bei uns der Fall war. [...] Wir waren nicht an der Obergrenze", so Szafnauer, der anschließend verrät: "Als ich dorthin kam, waren wir eine zweistellige Millionenzahl unter der Obergrenze."

Angesichts dieser Zahlen ist es wenig überraschend, dass Alpine beziehungsweise Renault bislang nie in der Lage war, ganz vorne mitzumischen. Seit man das Team 2016 zurückkaufte, feierte man lediglich einen einzigen Sieg: 2021 triumphierte Esteban Ocon in Ungarn.

Motor als weiterer Stolperstein auf dem Weg zum Erfolg

Zudem betont Szafnauer, dass der Renault-Motor aktuell der langsamste im Feld sei. "Selbst wenn man es ändern möchte, dann gibt es Beschränkungen. Es geht nicht. Man darf [am Motor] nur Dinge verändern, die die Zuverlässigkeit betreffen", erinnert der Ex-Teamchef.

"Wenn es dieses Defizit gibt, ist es schwer, das zu überwinden. Wenn man vorne mitkämpfen möchte, dann müssen Chassis, Fahrer und alles andere so viel besser als alle anderen sein, um diese Diskrepanz bei der Powerunit auszugleichen. Und das ist unmöglich", so Szafnauer.

Der ehemalige Teamchef stellt klar, dass Alpine diesen Nachteil wegen der eingefrorenen Motorenentwicklung wohl noch "bis 2026" mit sich herumschleppen werde. Wohl auch deshalb plante er damit, vier bis fünf Jahre zu brauchen, um das Team konkurrenzfähig zu machen.

Die Entscheidungsträger bei Alpine haben laut Szafnauer jedoch andere Ansichten, was letztendlich zu seinem Aus im vergangenen Sommer führte. Die abgelaufene Saison 2023 beendete Alpine schließlich ohne Szafnauer auf dem sechsten WM-Rang.

Schlechter hatte das Team zuletzt 2016 abgeschnitten, als man im Comeback-Jahr von Renault lediglich WM-Neunter geworden war.