Symonds: "Unbewusste Psychologie" bei Alonso
Pat Symonds glaubt, dass sein Ex-Schützling Fernando Alonso nur unbewusst Spielchen spielt und sieht einen "Riss in Lewis' Rüstung"
(Motorsport-Total.com) - Seit dem packenden Rennen in Imola 2005, das er im viel langsameren Auto dank einer äußerst durchdachten Defensivtaktik gegen Michael Schumacher gewinnen konnte, wird Fernando Alonso von Experten oft mit Alain Prost verglichen. Der "Professor" galt aber nicht nur als gewiefter Taktiker, sondern auch als einer, der es verstand, hinter den Kulissen politische Spielchen zu seinen Gunsten zu spielen.

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Pat Symonds führte Fernando Alonso zu den WM-Titeln 2005 und 2006
Legendär war sein "Kalter Krieg" mit Ayrton Senna 1988 und 1989 bei McLaren, in dem Prost den damals jungen Brasilianer vom Speed her nicht im Griff hatte, aber dafür versuchte, sich teamintern so zu positionieren, dass er schlussendlich doch die Oberhand behalten würde - was ihm zumindest 1989 auch gelang. Nun gibt es - interessanterweise wieder bei McLaren - eine ähnliche Situation um Alonso, der mit Youngster Lewis Hamilton ebenfalls mehr Mühe hat, als von vielen erwartet wurde.#w1#
Alonso will die Nummer eins sein
Und auch Alonso scheint sein Heil in politischen Spielchen zu suchen: Im Qualifying zum Grand Prix von Ungarn reduzierte er mit der legendären Boxenblockade die Chancen seines Teamkollegen erheblich, und inzwischen ist auch belegt, dass er Teamchef Ron Dennis mit sensiblen Informationen im Spionagefall erpressen wollte - um endlich die alleinige Nummer eins zu sein, wie er das eigentlich ja von Anfang an erwartet hatte.
In Spa-Francorchamps schließlich kam es in der ersten Kurve zu einer weiteren Eskalation im "Krieg der Sterne", als er sich am Ausgang der La Source so geschickt nach außen tragen ließ, dass Hamilton abgedrängt wurde. Absicht konnte ihm nicht nachgewiesen werden, auch wenn Hamilton immer noch überzeugt ist, dass dabei nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist und dies auch nach dem Rennen vorlaufenden TV-Kameras kundtat.
Renault-Chefingenieur Pat Symonds, der früher eng mit Alonso zusammengearbeitet hat, schließt daraus, dass die politische Strategie seines Ex-Schützlings im nervenzerreißenden WM-Kampf, in dem natürlich auch Rookie Hamilton trotz aller gegenteiligen Bekundungen massiv unter Druck steht, aufgeht: "Ich denke, wir haben in Spa einen Riss in Lewis' Rüstung gesehen", analysierte der Brite vergangene Woche.
Belgien: Symonds verteidigt Alonsos Aktion

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Die ersten Meter in Belgien sorgten für hitzige Diskussionen bei den Silberpfeilen Zoom
"Lewis ist bisher mit allen Dingen ungemein cool umgegangen, aber nach dem Rennen interpretierte er für meinen Geschmack zu viel in dieses Manöver in der ersten Kurve hinein", ergriff er für Alonso Partei. Doch unabhängig davon zeige Hamiltons Entrüstung, dass auch bei ihm die Nerven blank liegen: "Ich würde ihm den Ratschlag geben: Schweige darüber einfach und schlag beim nächsten Rennen zurück!"
Auch er sehe die Parallelen zu Prost, allerdings glaubt Symonds eher, dass Alonso die teaminterne Politik nicht absichtlich einsetzt: "Bei Fernando wissen wir, wie er mit solchen Situationen umgeht. Er ist ein kluger Bursche. Meiner Meinung nach versteht er es, unbewusst die Psychologie einzusetzen. Damit meine ich, dass er nicht gezielt Spielchen spielt, aber er tut es automatisch, weil es in ihm drin ist", analysierte er.
Um noch einmal die Parallele zwischen Alonso/Hamilton und Prost/Senna zu strapazieren: Auch zwischen Prost und Senna herrschte zu Beginn der ersten gemeinsamen Saison Harmonie pur, ehe es zu kriseln begann - und Senna sicherte sich 1988 die Fahrerkrone. Die beiden fuhren jedoch auch 1989 gemeinsam für McLaren, als es in Suzuka zur Eskalation kam und Prost dank einer Kollision Weltmeister wurde. Soll heißen: Eigentlich müsste Hamilton 2007, Alonso dann 2008 den Titel holen...

