• 09.09.2007 13:22

Symonds: "Ich empfinde das als ungerecht"

Pat Symonds, der Chefingenieur des Renault-Teams, analysiert im Teaminterview vor dem Beginn des Grand Prix von Italien unterschiedliche Renn-Szenarien

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Pat, mit welchen Erkenntnissen blicken Sie auf das Qualifying am Samstag zurück?"
Pat Symonds: "Was mich überrascht hat: Obwohl sich Monza als ausdrückliche Hochgeschwindigkeitsstrecke so deutlich von allen anderen Grand Prix-Kursen absetzt und Formel-1-Fahrzeuge so sensibel auf Veränderungen der äußeren Bedingungen reagieren, so hat sich hier im Königlichen Park doch wieder die bereits bekannte Rangordnung zwischen den Teams durchgesetzt."

Titel-Bild zur News: Pat Symonds

Pat Symonds: Das Qualifying lief wie in den Simulationen berechnet

"Auch wenn das Qualifying-Ergebnis wenigstens teilweise eine andere Sprache spricht, haben wir uns doch erneut als viertstärkste Kraft etablieren können - eine Reihenfolge, die sich so auch im Rahmen der Testfahrten vor einer Woche bereits angedeutet hat. Bei diesen Vorzeichen haben wir uns darauf eingestellt, im Abschlusstraining die Plätze sieben und acht herauszufahren. Ein Ergebnis, das sich auch im Vorfeld bei unseren Simulationen abzeichnete."#w1#

Frage: "Jetzt aber stehen Ihre Fahrzeuge auf dem siebten und dem 15. Startplatz. Wie konnte dies geschehen?"
Symonds: "Ganz einfach: Das Qualifying ist speziell für Giancarlo Fisichella nicht so gelaufen, wie wir uns dies vorgestellt haben. Die erste Session, in der es um den Einzug in die Runde der besten 16 ging, stellte uns vor keine Probleme. Im zweiten Abschnitt war es schon deutlich komplizierter. Wir hatten ganz klar das Potenzial, es mit beiden Renault R27 ins Top-Qualifying zu schaffen, doch die Konkurrenzdichte ist so hoch, dass dabei nicht die geringste Kleinigkeit schief gehen darf und alle Elemente des Puzzles zusammenpassen müssen."

"Gescheitert ist 'Fisico' schlussendlich an Rubens Barrichello, der ihm seine schnellste Runde ruiniert hat. Wäre der Honda-Pilot nach einem Ausritt zwischen den beiden 'Lesmo'-Kurven nicht rücksichtslos wieder auf die Strecke zurückgekehrt, hätte es für uns gepasst. Unsere Simulationen zeigen: Giancarlo wäre eine 1.23er Zeit gefahren - das hätte locker gereicht. So wurde eine 1.23,3 daraus. Das war eine völlig unnötige Aktion des Brasilianers, die im Übrigen auch Heikki Kovalainens Performance behindert hat."

Frage: "Wird das irgendwelche Sanktionen für Barrichello nach sich ziehen?"
Symonds: "Nein, leider nicht - was ich sehr ungerecht finde. Vor kaum zwei Rennen wurde Fisichella von den Sportkommissaren dafür bestraft, weil er einen anderen Piloten während des Qualifyings behindert haben soll, und sein angebliches Vergehen war ein deutlich geringfügigerer Vorfall."

Frage: "Was hat sich das Renault-Team für das Rennen am Sonntag vorgenommen?"
Symonds: "Nun, das ist eine schwierig zu beantwortende Frage. Monza stellt traditionell an die Rennreifen enorm hohe Anforderungen. Mein Eindruck ist, dass es hier in der Boxengasse einige Teams gibt, die speziell mit der weicheren Mischung ein Problem haben: Neigen sie zum Blasenwerfen, dann wirkt sich dies unverzüglich auf die Performance negativ aus. Ein Parameter, den wir unbedingt im Auge behalten müssen."

"Was Heikki Kovalainen angeht, so blickt er wohl einem etwas ruhigeren Rennen entgegen - er ist schneller unterwegs als die Autos hinter ihm, ohne die Fahrer vor ihm wirklich gefährden zu können. Wir werden ihn wohl auf einer konservativen Taktik ins Rennen schicken."

Frage: "Wie steht es mit Giancarlo?"
Symonds: "Ehrlich gesagt: Wer in Monza von der 15. Startposition aus den Grand Prix in Angriff nimmt, muss sehr optimistisch gestimmt sein, wenn er sich wirklich Hoffnungen auf WM-Punkte macht. Dennoch werden wir es versuchen und alles dransetzen, dieses kleine Wunder wahr werden zu lassen."

"Doch Überholen auf dieser Strecke ist in der Formel 1 sehr, sehr schwierig. Leider macht es auch keinen großen Sinn, auf technische Probleme der anderen Teilnehmer zu spekulieren. Die Zuverlässigkeit aller Fahrzeuge ist heute schon fast unglaublich hoch."

Frage: "Lässt sich da auch mit einer mutigen Strategie nichts machen?"
Symonds: "Das würde heißen, wir schicken Fisichella auf einer Einstopp-Taktik ins Rennen. Aber können die weicheren Reifen von Bridgestone die dafür notwendige Distanz überstehen? Dies ist in der Tat die Frage, die sich uns stellt."