• 14.10.2002 21:21

  • von Fabian Hust

Suzuka-Analyse: Rote Langweile im Vergnügungspark

Für einige Fans dürfte der Vergnügungspark von Suzuka aufregender gewesen sein als das Rennen an sich...

(Motorsport-Total.com) - Irgendwie sind alle froh, dass die Saison zu Ende ist. Die meisten Fahrer und fast alle Teams weil sie ein paar Wochen Urlaub dringend notwendig haben und hoffen, dass sie in der kommenden Saison mehr Chancen auf Siege und Titel haben, zahlreiche Fans, weil sie endlich wieder spannende Rennen sehen wollen und die Medien-Vertreter, weil sich nur spannende Geschichten richtig gut verkaufen und man nicht länger das Haar in der Suppe suchen möchte.

Titel-Bild zur News: Start in Suzuka

Gewohntes Bild zum Saisonende: Ferrari fährt allen davon

Suzuka, das 17. Rennen der Saison, war noch einmal ein Spiegelbild der Saison. Ferrari fuhr der Konkurrenz auf und davon, die Konkurrenz vergab durch Unzuverlässigkeit Punkte und war schlichtweg zu langsam. So wurde das Rennen auf einige wenige Höhepunkte reduziert, während Ferrari die Dominanz bis zum obligatorischen knappen Zieleinlauf zwischen Michael Schumacher und Rubens Barrichello zelebrierte.

Ferrari ? 221 WM-Punkte ? Konstrukteursweltmeister
Im Qualifying holte sich das Ferrari-Team die Startplätze eins und zwei, Michael Schumacher war um 0,432 Sekunden schneller als Rubens Barrichello ? etwas mehr als üblich, doch Suzuka war schon immer ein Ort, an dem der Deutsche für seine Teamkollegen unschlagbar war. Technische Probleme hatten die Roten wieder einmal im Rennen nicht. Doch auch bei den Italienern ist man nicht unfehlbar, so gab es am Auto von Michael Schumacher ein Hydraulikschaden, der jedoch tauchte wie selbstverständlich am unbedeutenden Freitag auf.

Im Rennen kämpfte Barrichello mit einem nicht ganz perfekten Setup und hatte aus diesem Grund nicht einmal die Möglichkeit, Schumacher zu folgen. Auch die Gegner hatten nicht den Hauch einer Chance, am Weltmeisterteam dranzubleiben. Und so sicherte man sich den neunten Doppelsieg, den fünften in Folge, und Michael Schumacher stockte sein Siegkonto der Saison 2002 auf 11 Triumphe auf ? einmalig. Mit 1:36.125 Minuten drehte Michael Schumacher die schnellste Rennrunde, rund 0,8 Sekunden schneller als im Jahr zuvor. Rubens Barrichello war um 0,220 Sekunden langsamer

Prognose 2003:
Ferrari hat mit der Entwicklung des F2003 extrem früh begonnen, man kann auf eine sehr gute Basis zurückgreifen und hat ein extrem stabiles Team im Hintergrund, das extrem zuverlässige Autos baut. Man wird weiterhin das einzige Top-Team auf Bridgestone-Reifen sein, man hat den besten Fahrer im Feld, holt dank einer Stallorder für Schumacher das Punkte-Maximum heraus. Fazit: Es gibt fast nur Gründe, die auch 2003 wieder die Weltmeister Michael Schumacher und Ferrari heißen lassen werden. Aber wir lassen uns gerne überraschen!

BMW-Williams ? 92 WM-Punkte ? Platz 2
Das BMW-Williams-Team musste sich im Qualifying mit der Tatsache begnügen, dass man überraschend nur die drittstärkste Kraft war. Ralf Schumacher auf dem fünften Rang schlug Juan-Pablo Montoya ganz knapp, der Sechster wurde. Im Rennen wurde Schumacher Opfer der für ein Top-Triebwerk zu hohen Unzuverlässigkeit des BMW-Motors und wurde somit um einen verdienten dritten Rang beraubt.

Juan-Pablo Montoya war das ganze Wochenende hinter seinen Erwartungen zurückgeblieben und ließ die Saison mit einer schwachen Vorstellung ausklingen, die wohl mit einem Unfall im Training ihren ersten Höhepunkt fand, bei dem das Auto stark beschädigt wurde. Im Rennen wäre der Kolumbianer nur Sechster geworden, wären Coulthard und Teamkollege Ralf Schumacher nicht ausgeschieden.

In seiner schnellsten Rennrunde fehlten Ralf Schumacher auf Platz drei liegend 0,465 Sekunden auf seinen Bruder, bei Juan-Pablo Montoya waren es 0,632 Sekunden. Nicht nur angesichts der Überlegenheit Ferraris sondern auch wegen der wachsenden Konkurrenzfähigkeit der McLaren-Mercedes muss das Team über den Winter einen großen Schritt nach vorne machen, um den zweiten Platz der Konstrukteure nicht wieder zu verlieren.

Prognose 2003:
Williams will ein radikal verbessertes Auto an den Start bringen, BMW wird einen wie immer exzellenten Motor bauen. Die große Frage: Wird man zuverlässig genug sein? Sollten die Weiß-Blauen wieder nur einen Sieg einfahren wie in dieser Saison, so wäre dies eine herbe Enttäuschung. Der Titel, so ist zu befürchten, ist auch im kommenden Jahr Wunschdenken.

McLaren-Mercedes ? 65 WM-Punkte ? Platz 3
Für das Team von Ron Dennis war der Ausgang des letzten Rennens sehr wichtig, denn die Motivation über den Winter nach einem mehr als durchwachsenen Saisonauftakt kann das Team gut gebrauchen. David Coulthard qualifizierte sich auf dem dritten Rang und konnte damit auf der fahrerisch sehr anspruchsvollen Strecke Teamkollege Kimi Räikkönen auf den vierten Platz verweisen.

Im Rennen dann war es nicht Dauer-Pechvogel Kimi Räikkönen, dem die Technik einen Strich durch die Rechnung machte, sondern dieses Mal David Coulthard, der sein Auto schon nach 17 Runden abstellen musste. Zu diesem Zeitpunkt lag der Schotte klar auf dem Kurs, als Dritter auf das Podium zu fahren. Diesen Platz erbte Kimi Räikkönen, der das ganze Wochenende zwar hart fuhr, aber in Suzuka mit Erfahrung und einem weichen Fahrstil schneller gewesen wäre. So leistete sich der Finne im Rennen einen Ausritt neben die Strecke, der ihn das Rennen hätte kosten können.

Auch bei den Silbernen ist der Zuverlässigkeitsstandard schlechter als bei Ferrari, hier wird man noch viel Arbeit investieren müssen. Ansonsten sind deutliche Anzeichen zu sehen, dass man in den letzten Rennen deutliche Fortschritte bei der technischen Entwicklung machen konnte, mit BMW-Williams hat man im Grunde genommen praktisch gleichgezogen.

Prognose 2003:
McLaren-Mercedes wird mit dem "alten" Auto starten und den neuen Boliden erst in Imola vorstellen. Um Ferrari in der WM zu schlagen ist der Zug dann aber schon abgefahren. Die lange Entwicklungszeit sollte es dem Team aber zumindest ermöglichen, mehr als nur einen Sieg zu feiern. Alles andere wäre wie bei BMW-Williams eine herbe Enttäuschung. Den Titel hat man aber abgehakt und das gibt man auch öffentlich mehr oder weniger direkt zu.

Renault ? 23 WM-Punkte ? Platz 4
Das Renault-Team ist seiner Pflicht gerecht geworden und hat das Sauber-Team verdrängt. Der Kampf Werksteam gegen Privatteam ging also so aus, wie man das zu erwarten hatte, doch es war nicht selbstverständlich, denn nicht allen Werks-Teams ist dies gelungen und Renault befand sich zudem mit einem sehr radikal neuen Motorkonzept in der ersten Formel-1-Saison, konnte die mangelhafte Zuverlässigkeit und vor allem die fehlende Power jedoch gut kompensieren.

Im Rennen ging Jenson Button bei seinem letzten Rennen für das Team von Platz zehn aus ins Rennen, Jarno Trulli war einen Wimpernschlag und einen Rang schlechter. Im Rennen musste Jarno Trulli sein Auto mit technischen Problemen abstellen. In seiner schnellsten Rennrunde war Trulli mit 1,875 Sekunden Rückstand auf Platz acht zu finden, Button wurde mit 1,921 Sekunden Rückstand Neuntschnellster und sah die Zielflagge als Sechster, womit er bei seinem letzten Auftritt im Renault einen WM-Punkt einfahren konnte.

Prognose 2003:
Vor allem im Motorbereich muss Renault große Fortschritte machen, ob das gelingt ist fraglich. Die Konkurrenz ist in der Formel 1 sehr groß, es wird vielleicht also eine große Portion Glück benötigen, um den erwünschten ersten Sieg herauszufahren. Realistisch gesehen ist auch in der kommenden Saison der vierte Platz in der Konstrukteurswertung anzuvisieren.

Sauber-Petronas ? 11 WM-Punkte ? Platz 5
Es mag vielleicht enttäuschend sein, dass man den vierten Platz nicht verteidigen konnte aber man darf nicht vergessen, dass man dazu ein Werksteam hätte schlagen müssen. Immerhin ließ man mit Jaguar, Jordan-Honda, BAR-Honda und Toyota gleich vier Teams mit Werksunterstützung hinter sich. Dennoch war das Wochenende in Suzuka in gewisser Weise enttäuschend. Zwar war man nicht so schlecht wie in den Rennen zuvor, aber dennoch zeigte auch in Japan der Trendpfeil nach unten statt nach oben.

Nick Heidfeld war das ganze Wochenende über langsamer unterwegs als Felipe Massa ? bis das Qualifying kam. Hier fuhr der Mönchengladbacher mit 2,236 Sekunden Rückstand auf den 12. Platz und Felipe Massa wurde mit 2,662 Sekunden Rückstand als 15. geführt. Im Rennen dann leistete sich Felipe Massa in seinem letzten Rennen für Sauber einen Fahrfehler und landete in den Reifenstapeln. Nick Heidfeld fuhr ein solides Rennen, wurde als Siebter dafür aber nicht belohnt. In seiner schnellsten Rennrunde fehlten ihm 2,409 Sekunden auf Schumacher, das bedeutete Rang 13.

Prognose 2003:
Technisch gesehen dürfte Sauber ein ähnliches Potenzial besitzen wie in diesem Jahr. Der Motor von Ferrari wird wieder aus dem Vorjahr stammen, Bridgestone ist weiterhin der Reifenpartner und der Windkanal wird noch nicht einsatzbereit sein. Heinz-Harald Frentzen wird sicherlich positiven Einfluss auf die Entwicklungsarbeit haben. Realistisch sind regelmäßige Platzierungen in den Punkten, Podiumsplätze dürften wohl auch kommendes Jahr nur mit viel Glück möglich sein.

Jordan-Honda ? 9 WM-Punkte ? Platz 6
Dank Takuma Satos überraschenden fünften Platzes von Suzuka hat das Team in der Konstrukteurswertung im letzten Rennen noch einmal zwei Plätze gutmachen können. Schon im Qualifying schlug der Japaner mit Rang sieben und 1,773 Sekunden Rückstand seinen hoch eingeschätzten Teamkollegen, der mit 1,959 Sekunden Rückstand auf Platz acht kam. Der Japaner schien bei seinem Heimrennen regelrecht über sich hinauszuwachsen.

Im Rennen war für Giancarlo Fisichella 16 Runden vor Schluss wegen eines Motorschadens bereits vorzeitig Schluss, einmal mehr erwies sich der Honda-Motor, der im kommenden Jahr nicht mehr im Heck des Autos stecken wird, als unzuverlässig. In seiner schnellsten Rennrunde fehlten dem Italiener 2,092 Sekunden, das bedeutete Rang elf und gleichzeitig ebenfalls eine Niederlage gegen Sato, der mit 1,715 Sekunden Rückstand den siebten Rang belegte. Allerdings war der Italiener im Ersatzauto von Sato unterwegs.

Prognose 2003:
Rückkehrer Gary Anderson soll als Technischer Direktor das Team auf Vordermann bringen. Doch dem Team mangelt es an Geld um wieder auf die Siegerstraße zurückzukehren und der Cosworth-Motor, den das Team kommendes Jahr erhalten wird, stammt aus diesem Jahr, das wird zu einem PS-Rückstand führen. Aus diesem Grund ist zu befürchten, dass das Team hinter Teams wie BAR und Jaguar zurückfallen wird.

Jaguar ? 8 WM-Punkte ? Platz 7
Nach einigen guten Rennen erlebte Jaguar zuletzt in Suzuka erneut einen Rückschlag, daran konnte auch "Suzuka-Spezialist" Eddie Irvine nichts ändern. Im Qualifying sprangen für Irvine und de la Rosa die Plätze 14 und 17 mit 2,598 beziehungsweise 2,910 Sekunden Rückstand heraus, im Rennen sah nur Eddie Irvine als Neunter die Zielflagge, Pedro de la Rosa fiel mit Getriebeproblemen aus.

Auch in Sachen Rennspeed waren die Grünen nicht dort, wo man sie hätte erwarten können. Mit 2,522 Sekunden Rückstand kam Eddie Irvine auf Platz 14, Pedro de la Rosa belegte mit 2,711 Sekunden Rückstand den 15. Rang. Damit bleibt für das Team die frustrierende Erkenntnis, dass auch der völlig umgebaute Jaguar R3 nicht auf jeder Strecke gut funktioniert.

Prognose 2003:
Das Jaguar-Team ist immer noch eine große Baustelle. Leute kommen und gehen, 2003 tritt man vielleicht mit zwei neuen Fahrern an. Der Rückstand auf dem Aerodynamik-Sektor ist immens, daran dürfte sich auch 2002 nicht viel ändern. Nur der Motor ist ausgezeichnet, aber der kann eben auch nur in einem guten Chassis seine Vorteile ausspielen. Ein paar Punkte mehr dürften es kommendes Jahr schon sein, aber ein Podiumsplatz wird wohl auch 2003 nur mit einer guten Portion Glück möglich sein.

BAR-Honda ? 7 WM-Punkte ? Platz 8
Das BAR-Honda-Team beendete die Saison mit einem Doppelausfall und ausgerechnet Jordan punktete und überholte den Erzrivalen damit in der Konstrukteurswertung. Bekanntermaßen ist BAR das Team, das 2003 ausschließlich mit Honda-Motoren fahren wird, da schmerzte das Rennergebnis beim Heim-Grand-Prix der Japaner umso mehr. Olivier Panis musste schon 45 Runden vor Schluss des Rennens aussteigen, Jacques Villeneuve verrauchte der Motor 26 Runden vor Rennende.

Im Qualifying war Jacques Villeneuve trotz seines heftigen Unfalls im Training immerhin mit 2,032 Sekunden Rückstand auf den neunten Platz gefahren. Olivier Panis belegte mit 2,875 Sekunden Rückstand den 16. Rang. Im Rennen kann man nur die schnellste Rundenzeit des Kanadiers bewerten, er kam mit 1,933 Sekunden Rückstand auf den zehnten Rang.

Prognose 2003:
BAR dürfte in der kommenden Saison einen Schritt nach vorne machen. Ex-Williams-Mann Geoff Willis wird das Auto mit seiner Mannschaft konstruieren, Honda sollte mit einem deutlich besseren Motor ankommen, denn die Verbesserungen, die die Japaner innerhalb dieser Saison gemacht haben sind beachtlich. Auch die Zuverlässigkeit wird man in den Griff bekommen, denn Honda experimentierte viel im Hinblick auf 2003, und zuverlässige Motoren kann man bauen. Realistisches Ziel wird es sein, vor Jordan oder Sauber zu stehen und regelmäßig in die Punkte zu fahren.

Minardi-Asiatech ? 2 WM-Punkte ? Platz 9
Mit einem zehnten Rang für Mark Webber beendete das Minardi-Team die Saison innerhalb der Top 10, in seiner schnellsten Rennrunde fehlten dem Australier 4,107 Sekunden, das bedeutet Platz 17. Alex Yoong verabschiedete sich im Rennen 39 Runden vor Schluss mit einem Fahrfehler, war in seiner schnellsten Rennrunde 0,7 Sekunden langsamer als Webber und im Qualifying 0,3 Sekunden hinter dem Australier ? das kann sich auf dieser Strecke wirklich sehen lassen.

Prognose 2003:
Minardi wird 2003 wohl mit Cosworth-Motoren fahren, allerdings dürften diese zwei Jahre alt sein. Die finanziellen Mittel werden auch kommendes Jahr sehr begrenzt sein und man wird mit Fahrern fahren müssen, die Geld mitbringen. Alles in allem dürfte es auch in der nächsten Saison heißen: Punkte sind nur mit viel Glück möglich.

Toyota ? 2 WM-Punkte ? Platz 10
Das Toyota-Team musste mit nur einem Auto an den Start gehen nachdem Allan McNish einen Horrorunfall zwar ohne größere Verletzungen überstand, aber dennoch keine Startfreigabe erhielt. So kämpfte sich Mika Salo auf den achten Platz im Rennen vor nachdem er sich mit 2,425 Sekunden Rückstand auf Rang 13 qualifiziert hatte. Im Rennen fehlten Salo in seiner schnellsten Rennrunde nur 1,636 Sekunden ? das war die sechstschnellste Rennrunde. Für die Japaner also eine solide Vorstellung beim letzten Rennen.

Prognose 2003:
Das zweite Jahr wird wohl schwieriger als das erste Jahr, da Toyota sich an die Testverbote halten muss und nicht wie letztes Jahr so viel testen darf wie man will. Das neue Auto dürfte deutlich schneller werden, man redet von rund einer Sekunde auf die Konkurrenz. Das würde das Team in das Mittelfeld spülen und man sollte mehr Punkte einfahren als in dieser Saison. Allerdings: Das neue Auto wird nicht so einfach aufgebaut sein wie das diesjährige, dadurch wird es zwar schneller, die Unzuverlässigkeit wird dadurch jedoch mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit zunehmen.