• 17.05.2010 09:03

  • von Stefan Ziegler & Dieter Rencken

Sutil und der Simulator: "Spare mir die Eingewöhnung"

Force-India-Pilot Adrian Sutil über die Vorteile des Simulators und virtuelle Testfahrten am Computer: "Man fährt ganz alleine und ohne Druck"

(Motorsport-Total.com) - In den vergangenen Jahren wurden die Testfahrten in der Formel 1 sukzessive reduziert, sodass die Rennfahrer immer weniger Kilometer in ihren Fahrzeugen zurücklegen. Parallel zu dieser Entwicklung trieben die Teams allerdings den Aufbau von Computersimulatoren voran, um ihren Piloten dennoch eine Trainingsmöglichkeit zu bieten. Ein erklärter Fan dieser Neuerungen ist Adrian Sutil.

Titel-Bild zur News: Adrian Sutil

Bevor Adrian Sutil am Wochenende ins Auto steigt, hat er ausführlich trainiert

Der Formel-1-Fahrer in Diensten von Force India bereitet sich mittlerweile gezielt im Simulator vor, ehe er an die Rennstrecke reist und dort in einem Grand Prix an den Start geht. "Ich sitze auf jeden Fall vor jedem Rennen im Simulator", sagt der Deutsche. "Das ist schon sehr realistisch. Ich würde sagen, zu 80 bis 90 Prozent fühlt es sich an wie im echten Rennauto", hält Sutil fest.#w1#

Noch ist der Simulator nicht perfekt...

Den Technikern ist es laut dem 27-Jährigen gelungen, Rennwagen und Rennstrecke prima in die virtuelle Welt umzusetzen: "Es ist schon gut nachgemacht", bestätigt Sutil im Hinblick auf den Realismus. "Das Auto reagiert perfekt, das ist eine große Hilfe. Seitdem wir im Simulator testen, ist dies vor allem für mich persönlich ein großer Fortschritt, wenn ich Freitag auf die Strecke gehe."

Marc Gené

Marc Gené im Simulator von Ferrari: Training ist alles in der heutigen Formel 1 Zoom

"Da spare ich mir einfach die Eingewöhnung an die Strecke und kann gleich loslegen", erläutert der Formel-1-Routinier. "Geräuschkulisse und Bodenwellen - da ist alles drin." Entsprechend zielgerichtet können sich die Force-India-Piloten auf die jeweilige Rennbahn vorbereiten und müssen sich im Freien Training nicht vorrangig damit beschäftigen, den Streckenverlauf zu verinnerlichen.

Noch ist der Realismus allerdings nicht vollkommen, wie Sutil zu berichten weiß. Den Ingenieuren ist es demnach bislang nicht gelungen, die in der "Königsklasse" vorherrschenden Kräfte realitätsnah im virtuellen Rennwagen umzusetzen. "Es gibt ein paar Systeme, aber so richtig kann man Fliehkräfte nicht simulieren", hält Sutil fest und erklärt, wie man sich Force India diesbezüglich behilft.

"Man kann die Fliehkräfte durch Gewichte am Helm etwas simulieren - aber man hat es dann natürlich nur am Kopf, nicht am gesamten Körper. In den Kurven werden ja auch die Beine nach außen gedrückt. Das kann man nicht simulieren, ist aber auch nicht wichtig. Es ist wichtig, dass sich das Auto bewegt und dass man es spürt", sagt der deutsche Rennfahrer. "Die Lenkkräfte sind genau gleich."

Das Training vor dem Training

Am interessantesten ist für den langjährigen Force-India-Fahrer ohnehin die genau Vorbereitung auf das Rennwochenende: "Man kann das Setup testen, man kann sich damit aber auch sehr gut auf die Strecke einschießen", beschreibt Sutil seine Tätigkeit im Simulator und fügt hinzu: "Man kann verschiedene Linien ausprobieren - und das immer unter hundertprozentig gleichen Bedingungen."

Philipp Eng im Simulator

Angeschnallt im Renncockpit legen die Fahrer viele Simulationsrunden zurück Zoom

"Das kann man selbst bei einem Test nicht machen, denn beim Test arbeiten die Reifen nur eine Runde, dann bauen sie ab. Man kann nicht sagen, welche Linie besser oder schlechter ist. Das ist in meinen Augen eigentlich der größte Vorteil", so der Deutsche. "Man kann unterschiedliche Linien ausprobieren und hat keinen Stress, dass man unbedingt sein Programm durchziehen muss."

"Man fährt ganz alleine und ohne Druck, kann eigentlich machen, was man möchte", fasst Sutil eine Trainingseinheit im Simulator zusammen, den das Team übrigens nicht selbst unterhält - Force India profitiert von der technischen Partnerschaft mit dem britischen McLaren-Rennstall, wodurch Sutil und seine Teamkollegen gewissermaßen "fremd fahren". Sutil: "Der Simulator steht bei McLaren."

Und dort wird die Arbeit im Simulator besonders groß geschrieben - Weltmeister Jenson Button nahm nach dem Großen Preis von Malaysia die 21.000 Kilometer lange Rückreise nach Großbritannien auf sich, um einen Tag im Simulator des Teams zu verbringen. In wenigen Tagen wird McLaren zudem erstmals den neuen Rennwagen für 2011 ausprobieren - rein virtuell im Simulator, versteht sich.