Surer: "WilliamsF1 ist auf dem absteigenden Ast"

Formel-1-Experte Marc Surer analysiert für 'F1Total.com' die fundamentalen Probleme bei WilliamsF1 in Grove

(Motorsport-Total.com) - Die Pole Position von Nick Heidfeld und die zweiten Plätze des Mönchengladbachers sind angesichts der schwachen Vorstellungen des BMW WilliamsF1 Teams in den letzten Rennen ein wenig in Vergessenheit geraten. Das neue Aerodynamik-Paket, das man zum Frankreich-Grand-Prix anschraubte, brachte nicht den erhofften Sprung nach vorn sondern sorgte zunächst einmal für Probleme, welche eigentlich schon zuvor bei Testfahrten aufgetreten waren, die man aber schlichtweg unterschätzt hatte.

Titel-Bild zur News: Williams und Head

Laut Surer braucht die Formel 1 Typen wie Williams und Head

"Der Schwachpunkt ist unverändert die Aerodynamik", analysiert 'F1Total.com'-Formel-1-Experte Marc Surer die aktuelle Situation. "Letztes Jahr hatten sie eine Frau, die das hässlichste Auto der Welt gebaut hat, und jetzt ist dort Loïc Bigois der Chef, der vor Jahren einen miserablen Prost verantwortlich war."#w1#

"Wie kann so einer plötzlich Chef werden?"

Die Probleme, die WilliamsF1 Jahr für Jahr vor allem zu Saisonbeginn hat, sind laut Surer also hausgemacht: "Wie kann so einer plötzlich Chef werden?", fragt der Schweizer. "Gibt es da wirklich keine fähigeren Leute? Schaffen sie es nicht, aus den eigenen Reihen jemanden heranzuzüchten? Geoff Willis ist offensichtlich ein Talent, denn er hat bei BAR gute Arbeit geleistet. Der ist aus den eigenen Reihen gekommen."

"Früher war WilliamsF1 stark darin, vom britischen Raumfahrtzentrum Leute zu holen", erinnert sich der 53-Jährige. "Ich war mal bei denen in der Fabrik. Damals hatten sie acht solche Leute, die einfach frei ihre Ideen austüfteln und in die Formel 1 einbringen konnten. Wenn dann eine gute Idee entstanden ist, wurde das verwirklicht und getestet. Es war eine starke Basis da in Grove."

"Die haben es noch nie gebracht"

Diese Basis ist in den Augen von Marc Surer nun "verflogen", stattdessen betreibt das Team von Frank Williams und Patrick Head eine zweifelhafte Personalpolitik: "Sie suchen immer wieder einen zweitklassigen Mann, den sie irgendwo einkaufen - und die bringen es dann natürlich nicht, weil sie es noch nie gebracht haben. Das trifft auf die Frau ebenso zu wie auf Bigois. Als Mike Gascoyne bei Renault weggegangen ist, hatten die genügend Leute, die das abfedern konnten. Das schafft WilliamsF1 nicht. Sie haben in der Aerodynamik eine schlechte Basis."

Hinzu kommt, dass WilliamsF1 nicht zu den reichsten Teams gehört: "Sie arbeiten mit einem Budget, das nicht allzu groß ist, und auch nicht mit so vielen Leuten wie anderen Teams. Man muss sie von der Größe her am ehesten mit Renault vergleichen - und da gewinnt Renault, weil sie mehr fähige Leute haben."

"Das haben sie bei BMW einfach eingesehen"

Doch wäre es sinnvoll, einen Stardesigner einzukaufen? "Ob die Philosophie, einen Star einzukaufen, die richtige wäre, weiß ich nicht. Wie viele Stars gibt es? Gascoyne hat bewiesen, dass er diese Fähigkeiten besitzt, von Newey wissen wir es auch, dann noch von Rory Byrne. Aber wenn man so aufzählt, fallen einem nicht viele solche Designer ein. Wem soll man so viele Millionen bezahlen, der es dann auch wirklich bringt?"

Zu allem Überfluss verliert der Rennstall zum Saisonende seinen langjährigen Werksmotorenpartner BMW. Die Münchner tragen laut Surer keine Schuld an der abflauenden Formkurve des Rennstalls: "Außer dafür, dass man WilliamsF1 in der Öffentlichkeit viel kritisiert hat, kann man BMW keine Schuld geben. Ich glaube, WilliamsF1 lässt sich nicht helfen. Das hindert sie nicht daran, gute Motoren zu liefern. Ich glaube, das haben sie bei BMW einfach eingesehen."

"WilliamsF1 ist auf dem absteigenden Ast"

Falls WilliamsF1 nicht grundlegend seine Strategie ändert, wird der Rennstall nach Marc Surers Ansicht bald noch ernsthaftere Probleme bekommen: "Ich denke, WilliamsF1 ist auf dem absteigenden Ast. Wenn sie ihre Struktur nicht ändern, besteht diese Gefahr auf jeden Fall, denn sie fahren fast nur noch gegen Konkurrenten, die volle Werksteams sind. Selbst bei McLaren besitzt Mercedes ja Anteile."

"Die zwei alten Herren (Frank Williams und Patrick Head; d. Red.) dort müssen einmal ihre Situation überdenken", fordert der ehemalige Formel-1-Pilot. "Sie haben mit Sam Michael zwar einen jungen Ingenieur, aber vielleicht ist dieser Schritt doch ein bisschen zu radikal gewesen. Vielleicht hat er noch zu wenig Erfahrung, um so ein großes Team erfolgreich zu leiten - und die zwei Alten reden ihm erst noch rein. Ich habe meine Bedenken, dass es hinter den Kulissen vielleicht nicht allzu gut zugeht."

"Die Formel 1 braucht solche Typen"

Trotz aller Kritik sympathisiert Surer mit den beiden "alten Hasen" der Formel 1: "Ich mag diese Leute. Ich bewundere Patrick Head. Die Formel 1 braucht solche Typen, wenn er wieder herumschreit, ohne den Funk zu benutzen. Das sind Macher. Aber wenn man sieht, wie andere Teams aufgebaut sind, dann kommen mir Zweifel, ob WilliamsF1 nicht vielleicht doch veraltet ist von der Struktur her."