Surer verteidigt den ewigen Pechvogel Fisichella
Giancarlo Fisichella ist eine der Enttäuschungen der Saison 2005, 'F1Total.com'-Experte Marc Surer nimmt ihn jedoch in Schutz
(Motorsport-Total.com) - Die Saison hätte für ihn kaum besser beginnen können: Der Regen im Qualifying von Australien spülte Giancarlo Fisichella erst zur Pole Position, sonntags entschied er auch das Rennen problemlos für sich - und übernahm damit erstmals in seiner Karriere die Führung in der Weltmeisterschaft. Seitdem geht es für den Italiener aber steil bergab.

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Marc Surer nimmt Fisichella in Schutz: "Formel 1 hat auch mit Glück zu tun"
Zuletzt in Silverstone setzte sich die von Pleiten, Pech und Pannen geprägte Saison Fisichellas in Silverstone fort, als er nach einer starken Leistung beim zweiten und letzten Boxenstopp einen sicheren dritten Platz verlor, weil ihm der Motor abstarb - nicht zum ersten Mal im Verlauf der bisherigen elf Rennen: "Mich wundert es ein bisschen, wenn zweimal das Gleiche passiert", meint 'F1Total.com'-Experte Marc Surer zu dem Zwischenfall.#w1#
Traktionskontrolle schuld am verpatzten Fisichella-Stopp?
"Mir kam es so vor, als hätte beim Boxenstopp die Traktionskontrolle viel zu früh eingesetzt, was die Drehzahl des Motors so runtergeholt haben könnte, dass er absterben musste", analysiert der Schweizer. "Ob das damit zusammenhing, dass er die Kupplung zu schnell losgelassen hat? Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall ist es schon komisch, wenn zweimal das Gleiche passiert, denn als Fahrer ist man auf ein Problem ja besonders sensibilisiert, wenn es kürzlich erst aufgetreten ist. Da kann wohl nur teamintern klar Aufschluss gegeben werden."
Der Fall Fisichella legt für Surer auch nahe, dass "die Formel 1 schon ein bisschen mit Glück zu tun hat", wie er sagt: "Wenn man sich bei den Teams so umschaut, dann ist es immer wieder so, dass einer von beiden Fahrern der Glücklichere ist. Dass sich das natürlich auch auf die Moral der Mechaniker schlägt, ist eindeutig. Warum passiert bei Barrichello immer etwas, aber bei Michael (Schumacher; Anm. d. Red.) nicht? Warum passiert bei Fisichella etwas, aber bei Alonso nicht?"
"Wenn ich nichts falsch mache, wird er Weltmeister!"
"Jeder, der die Hand an dieses Auto hält - das geht schon bei der Produktion der Teile los -, ist mitverantwortlich für den Erfolg. Bei Alonso wissen alle: 'Wenn ich nichts falsch mache, wird er Weltmeister!' Bei Fisichella schrauben sie das Ding halt zusammen", versucht der 82-fache Grand-Prix-Teilnehmer zu erklären, warum bei Renault ein Auto meistens problemlos läuft, das andere aber nur von Defekt zu Defekt stolpert.
Auch wenn es jeder Grundlage entbehren würde, Renault einer bewussten Sabotage von Fisichella zu beschuldigen, ist die Theorie, dass die Mechaniker angesichts der mangelnden Ergebnisse an Motivation verlieren, durchaus vertretbar. Renault arbeitet ja - wie jedes Formel-1-Team - mit zwei voneinander unabhängigen Crews, von denen sich jede auf einen Fahrer konzentriert. Die Alonso-Leute haben bislang in dieser Saison fraglos den besseren Job verrichtet.
An Fisichellas Talent als Rennfahrer sei deshalb aber nicht zu zweifeln: "Ich halte ihn immer noch für fähig, einen WM-Titel zu gewinnen", so Surer, "nur darfst du dann halt nicht neben einem Alonso oder Räikkönen im Team fahren. Das sind so die derzeitigen Überflieger der Formel 1. Aber ich halte ihn für viel, viel besser als er momentan aussieht."
Surer über Fisichella: "Talent ist schon da"
"Er hat das ja in Silverstone ein bisschen aufblitzen lassen, denn er war genauso schnell wie Alonso, wenn man das auch mit Vorsicht genießen muss, weil Alonso ja nicht mehr alles geben muss. Aber das Talent ist noch da. Mir erscheint Fisichella jedoch schon als sehr sensibler Mensch. Ich glaube, dass er ein paar Mal nicht die optimale Performance gebracht hat, weil er zu sehr mit dem Schicksal hadert. Das kann ich mir gut vorstellen", sagt der heutige TV-Kommentator.
Von einem vorgezogenen Fahrertausch bei Renault - wie 2004, als Villeneuve für Trulli kam - hält Surer nichts: "Du brauchst einen, der den anderen Teams Punkte wegnimmt. Es wäre ein Risiko, Fisichella jetzt auszuwechseln. Dass es so läuft wie dieses Jahr, dass die Konkurrenz patzt, damit ist nicht immer zu rechnen. Nächstes Jahr kann es viel enger zugehen - und dann können plötzlich zwei Punkte entscheiden, die ein Fisichella sonst der Konkurrenz weggenommen hätte", fügt er abschließend an.

