Surer: "Alonso hat eine Superleistung gezeigt"
'F1Total.com'-Experte Marc Surer analysiert im Interview das Qualifying in Shanghai und die entscheidenden Auswirkungen des Reifenkriegs
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Marc, Michelin war heute dominant, Renault in der ersten Startreihe, Michael Schumacher als einziger Bridgestone-Fahrer in den Top 10 - war das so zu erwarten?"
Marc Surer: "Wir haben ja seit Ungarn gemerkt, dass die Michelin-Reifen bei Nässe besser sind als die Bridgestones. Das hat sich hier auch wieder gezeigt. Offensichtlich hat sich in der Zwischenzeit nicht viel getan, obwohl ich gehört habe, sie hätten die Intermediate-Reifen bei Bridgestone verbessert."

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Experte Marc Surer war früher selbst als Fahrer in der Formel 1 am Start
"Wenn die Bedingungen so sind, hat Michelin einen Vorteil, wenn es allerdings mehr regnet oder abtrocknet, kann sich alles wieder verändern. Fernando Alonso hat eine Superleistung gezeigt, war in jeder Qualifikation der Schnellste - somit hat er dem Samstag seinen Stempel aufgedrückt."#w1#
Alonso unter Druck besser als Schumacher?
Frage: "Ist es so, wie Pat Symonds sagt, dass Fernando Alonso die besseren Nerven hat?"
Surer: "Ich glaube, das hat man letztes Jahr schon gelernt! Da gab es ja Kimi Räikkönen mit dem viel besseren McLaren, aber trotzdem holte Alonso den Titel. Ich glaube schon, dass er mit Druck gut umgehen kann und unter Druck auch Superleistungen bringt."
Frage: "Michael Schumacher musste für den sechsten Platz alles geben, sprach danach von Schadensbegrenzung. Ist das nicht eine Katastrophe für ihn?"
Surer: "Es ist mehr als Schadensbegrenzung, denn normalerweise wäre er nicht einmal unter die ersten Zehn gekommen. Man sieht ja, wo Massa ist, und Michael hat mit einer Supperunde auf Intermediates noch den Sprung unter die ersten Zehn geschafft. So gesehen ist das fast wie eine Pole Position, denn er ist so weit weg von allen anderen Bridgestone-Fahrern. Das geht ganz alleine auf seine Kappe."
Frage: "Gibt er jetzt noch einmal alles oder hängt es damit zusammen, dass er im Regen so gut ist?"
Schumacher: "Das ist der Michael Schumacher, den wir kennen, den wir über viele Jahre bewundert haben, der einfach über sich hinauswachsen kann."
Frage: "Wie kann es sein, dass Bridgestone so schlecht aussieht? Haben die bei Regen nicht getestet?"
Schumacher: "Ich denke, man hat sich vermehrt darum gekümmert, im Trockenen einen Reifen zu bauen, der besser ist als der Michelin. Das ist auch gelungen, zumindest bei heißen Temperaturen - da haben sie den besseren Reifen. Man kann aber nicht alles gleichzeitig tun, von daher haben sie die Regenreifen vielleicht ein bisschen vernachlässigt."
Frage: "Was sagt dein Wetterfrosch für das Rennen?"
Surer: "Es wird gemischt bleiben, somit ist alles offen. Wenn der Regen ganz stark oder ganz wenig ist, kann es auch wieder umdrehen. Es ist alles offen und es wird ein spannendes Rennen."
Heidfeld nach starker Leistung auf Platz acht
Frage: "Schauen wir noch auf die Deutschen. Nick Heidfeld war stark heute, nicht wahr?"
Surer: "Nick hat mich überzeugt. Im Regen fährt er unglaublich stark, das ist mir schon ein paar Mal aufgefallen. Dass er in der Startaufstellung doch nicht weiter vorne steht, hängt mit viel Sprit zusammen, denn wenn man die Zeiten vom zweiten und dem dritten Qualifying vergleicht, dann muss man sagen, dass das BMW Sauber F1 Team wohl randvoll getankt hat, sonst wäre er viel weiter vorne gestartet."
Frage: "Was war bei Nico Rosberg und Ralf Schumacher los?"
Surer: "Die hatten die gleichen Reifen wie Michael Schumacher, nämlich Bridgestone, und da war nichts zu machen. Da muss man dann doch Michael Schumacher heißen, um noch so viel rausholen zu können. Das war einfach zu schwierig. Ralf hatte dazu noch das Problem, dass im falschen Moment die rote Flagge herauskam, dadurch schied er schon in der ersten Qualifikation aus."
Frage: "Letzte Frage: Immer reden wir über die Reifen. Wird das nächstes Jahr besser, dass wir nicht mehr so viel über die Reifen reden müssen?"
Surer: "Am Anfang werden wir sicher wieder über die Reifen reden. Man wird sagen, Ferrari hat einen Vorteil, weil sie bisher auch schon mit Bridgestone gefahren sind, aber das wird dann irgendwann aufhören, wenn sich die anderen Teams an die Reifen gewöhnt haben. Nicht vergessen: Wir haben sehr viele spannende Rennen und Überraschungssieger eben wegen der Reifen gesehen. Das hat uns auch einige spannende Rennen besorgt. Da sollten wir nicht jammern!"

