• 26.09.2007 16:37

  • von Inga Stracke

Stracke on Tour: Zu Füßen des heiligen Mount Fuji

In ihrer Kolumne berichtet 'Motorsport-Total.com'-Reporterin Inga Stracke von dem Novum im Formel-1-Kalender: Dem Großen Preis von Japan in Fuji

(Motorsport-Total.com) - Hallo liebe Formel-1-Fans!

Titel-Bild zur News: Fuji

Die Formel 1 ist an diesem Wochenende wieder in Fuji zu Gast

Nix mit Riesenrad und Achterbahn dieses Jahr. Statt dessen ein 3.776 Meter hoher (hoffentlich) schlafender Vulkan und eine Whisky-Destillerei. Fuji-yama oder auch respektvoll Fuji-san wird er genannt, der höchste Berg Japans. Beides, "yama" sowie "san" kann, je nach Betonung, im Japanischen "Berg" bedeuten, und der Fuji ist das Wahrzeichen Japans.

Der Berg Fuji liegt auf der südlichen Honshu Insel. Sein Krater hat einen Durchmesser von ungefähr 600 Metern. Von unten kann man nicht erkennen, dass Mount Fuji aus insgesamt drei Vulkanen besteht: Komitake, Ko-Fuji und Shin Fuji, dem jüngsten.#w1#

Der letzte Ausbruch erfolgte von Dezember 1707 bis Januar 1708, bis ins 100 Kilometer entfernten Tokio regnete es Asche. Heute ist der in Japan heilige Fujiyama als schlafender Vulkan eingestuft. Einer alten Sage nach beherbergt er eine Shinto-Göttin.

Der Fujisan ist ein altes Pilgerziel: Bis zu 3.000 Menschen besteigen ihn täglich, über 400.000 im Jahr, dreißig Prozent davon sind Ausländer. Damit ist er der wohl meistbestiegene Gipfel der Welt. "Wer einmal auf den Berg Fuji steigt ist weise. Wer ihn zweimal besteigt ist ein Narr", lautet ein altes japanisches Sprichwort.

Mount Fuji

Der Mount Fuji aus der Flugzeug-Perspektive Zoom

Und dann gibt es noch eine andere Version: "Wer den Berg Fuji einmal besteigt ist ein Narr. Und wer zweimal hinaufsteigt, ist ein zweifacher Narr." Eine andere alte Geschichte besagt, dass die Götter im Winter ihre Ruhe wollten und man deswegen den Fuji auch bis heute nur außerhalb des Winters besteigen darf.

In Japan sind alle Berge heilig. Im Winter sind sie, weil Aufenthaltsort der Berggottheiten, doppelt heilig und dürfen deshalb nicht bestiegen werden. Erst nach der Übersiedlung in die Reisfelder der Ebenen im Frühjahr, wird der Aufstieg freigegeben.

Für den Fuji bedeutet dies, dass er bis heute nur in den Sommermonaten bestiegen werden darf. Die Zeremonie des yamabiraki "Öffnen des Berges" findet am 1. Tag des 6. Monats statt. Am 27. Tag des 7. Mondmonats (heute August) wird der Pfad wieder geschlossen. Praktisch geht die Bergsteiger-Saison nur von Mitte Juli bis Ende August, also kommt die Formel 1 in der "Nebensaison" hierher. Insgesamt führen vier Pfade auf den Berg.

Ein Mythos berichtet von der väterlichen Gottheit Mi-oya-no-kami, die am Abend der Jahreswende die Heimstätten der anderen Gottheiten besuchte, um deren Gesinnung zu prüfen. Beim Berg Fuji wurde Mi-oya-no-kami barsch abgewiesen, da grade das Hirse-Fest im Haus gefeiert wurde und man deshalb keine Gäste brauchen könne.

Ganz anders erging es ihm beim armen Berg Tsukuba, wo er gastfreundlich empfangen und bewirtet wurde. Da erzürnte Mi-oya-no-kami und strafte den Fuji mit einem Fluch: Sommer und Winter sollte sein Gipfel mit Schnee bedeckt sein.

Container des BMW Sauber F1 Teams

Ein Container des BMW Sauber F1 Teams auf der Start- und Zielgerade Zoom

Die Temperaturen in den oberen Gefilden steigen selbst in den Sommermonaten nur wenig über 0°C, so dass immer etwas Schnee zurückbleibt und man sich mit seiner Kleidung auf den Unterschied zum sommerlichen Japan einstellen sollte.

Unter der alten Shinto-Religion war es eine Art religiöse Verpflichtung, den heiligen Berg einmal in seinem Leben zu besteigen - in weißen Gewändern. Unabhängig davon, ob man in Japan Shintoist, Buddhist, Christ oder gar Atheist ist, dürfte der Fujisan für jeden Japaner ein heiliger Berg bleiben.

Sein Status blieb ansonsten unverändert. Er wird als eine Art Inkarnation einer weiblichen Göttin angesehen, doch bis ins 19. Jahrhundert war es Frauen nicht erlaubt, ihn zu besteigen. Erst im März 1872 wurde dieses Verbot aufgehoben.

Aber im September 1832 hatte eine 25-jährige Pilgerin bereits auf dem Gipfel des Fuji gestanden. In Begleitung eines alten Mönchs, der in der Tradition seit Matsudai eine eigene Sekte der Bergfrömmigkeit weitergeführt hatte, bestieg sie als Mann verkleidet den schneebedeckten Fuji. Für alle anderen bauten die Japaner Mini-Fujis - kleine Hügel, die nach dem Vorbild des echten Berges geformt waren.

Die Formel-1-Teams und -Fahrer sehen diesem Wochenende mit gemischten Gefühlen entgegen. Alexander Wurz hat mir mit einem Grinsen verraten: "Wenn du Bergsteigen magst, dann ist es natürlich beeindruckend, neben dem Mount Fuji zu sein, der ein beeindruckender Berg ist. Er ist zwar nicht häufig zu sehen, aber ich war dort im vergangenen Jahr für eine Promotion-Tour für Toyota und bin zwei Runden bei Regen im Formel-1-Auto gefahren."

Fuji

Der Fuji Speedway wartet mit einer - meist wolkenverhangenen - Berg-Kulisse auf Zoom

"Die Strecke ist natürlich eigenartig, sie hat eine furchtbar lange Gerade, der Rest der Kurven ist sehr langsam und verwinkelt. Diese Strecke wird nicht jedem gefallen, vor allem, da wir die Strecke gegen Suzuka getauscht haben. Das war natürlich ein Hammer."

BMW Sauber F1 Team Pilot Nick Heidfeld erklärte, er müsse sich erst daran gewöhnen, dass diesmal nicht auf der erklärten Lieblingsstrecke gefahren wird, Mario Theissen macht sich vor allem Sorgen hinsichtlich der Logistik. Er war hier schon im vergangenen Jahr, um sich alles anzusehen und meint: "Ich rechne mit logistischen Problemen, weil sie mehr noch als Suzuka in einer abgelegenen Region liegt, die hügelig ist, die Hotelinfrastruktur ist auch bedenklich. Ich glaube, wir haben ein abenteuerliches Wochenende vor uns."

Einfache Hotels und japanische Gästehäuser gibt es wohl vor allem um den Ort Gotemba. Etagenbetten sind hier ganz normal, aber man kann sich über die einfachen Quartiere ja vielleicht mit dem einen oder anderen Schlückchen heimischen "Gebräu" hinwegtrösten - in Gotemba gibt es seit dem 11. Februar 1955 eine Whisky-Distillerei. Und - wer das Oktoberfest in München verpasst hat, bekommt in Gotemba noch eine weitere Chance: im deutschen Brauereigasthof...

Auf ein spannendes Wochenende,

Inga Stracke

P.S.: Wer sich nicht nur das Rennen anschauen will, sondern auch mal die Umgebung, kann den Fuji auch virtuell betrachten, ob von einem 100 Kilometer entfernten Bürogebäude in Tokio, oder einer Webcam direkt in Bergnähe: , , , , sowie .