• 06.07.2007 20:10

  • von Britta Weddige

Stewart: "Man darf die Klassiker nicht streichen"

Ex-Weltmeister und BRDC-Mitglied Jackie Stewart über den Grand Prix in Silverstone, den aktuellen Spionageskandal und die "Grüne Hölle" am Nürburgring

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Mister Stewart, wir sind in England und alles dreht sich um Lewis Hamilton. Sind Sie überrascht vom Erfolg dieses jungen Kerls?"
Jackie Stewart: "Ja, ich bin überrascht, denn es ist noch nie ein Fahrer in die Formel 1 gekommen, der es in seinen ersten acht Rennen hintereinander auf das Podium geschafft hat. Natürlich hat er das Glück, für McLaren-Mercedes zu fahren, aber seine Leistungen sind erstaunlich. Und er geht damit so besonnen, ruhig um, bleibt dabei ein netter Kerl."

Titel-Bild zur News: Jackie Stewart

Jackie Stewart hofft, dass Silverstone den Grand Prix behalten wird

Frage: "Im WM-Kampf sieht es nach einem Duell zwischen McLaren-Mercedes und Ferrari aus. Auf wen würden Sie Ihr Geld setzen?"
Stewart: "Auf McLaren, obwohl man auch skeptisch sein könnte, denn Alonso wurde zweimal Weltmeister - und es ist nicht vielen gelungen, das dreimal hintereinander zu schaffen. Bei Lewis Hamilton würde ein Märchen wahr werden, wo man sagen könnte, das kann fast nicht sein. Aber McLaren scheint mir besser vorbereitet zu sein, auch wenn Ferrari derzeit gut aufgestellt ist. Nichts ist unmöglich."#w1#

Frage: "Ein Thema zwischen den beiden Teams ist auch die Stepney/Coughlan-Affäre. Sind Sie überrascht, dass so etwas passiert ist?"
Stewart: "In der Formel 1 gibt es viele Wege, die Informationen auszutauschen - und das gar nicht illegal oder böswillig. Oft sitzen die Leute in einem Pub zusammen und reden offen darüber, was in ihrer Fabrik vor sich geht. Dieses Thema wird ein bisschen übertrieben, auch wenn ich nicht weiß, ob das das richtige Wort ist. Aber es hätte in den Medien nicht in diesem Ausmaß auftauchen sollen. Wenn es stimmt, haben zwei Leute einen Fehler gemacht, aber ich glaube nicht, dass McLaren davon in diesem Jahr profitiert hat. Ich habe nichts mit McLaren zu tun, ergreife da keine Partei, sondern ich bin mir ziemlich sicher, dass nie etwas auf das Auto gekommen ist. Das war ja schon fertig. Ich finde es sehr bedauerlich, dass der Sport so negativ beeinträchtigt wird."

Frage:#b "Silverstone ist die Heimat des britischen Motorsports, aber das Formel-1-Rennen ist nicht gesichert. Glauben Sie, dass auch in den nächsten Jahren ein Grand Prix stattfinden wird?"
Stewart: "2008 und 2009 werden wir in Silverstone fahren, es geht nur um die Zeit danach. Wir brauchen den britischen Grand Prix - nicht nur wegen seiner Tradition, aber man darf die Tradition nicht vergessen. Silverstone war der erste Grand Prix der modernen Geschichte und wir hatten seither in jedem Jahr einen Grand Prix. Ich finde, dass man die Klassiker nicht streichen darf."

"Ich weiß, dass wir nicht Bahrain, Malaysia, China oder auch die Türkei sind, sondern Silverstone ist eine alte Rennstrecke - aber eine sehr gute! Die Anlagen wie das Medienzentrum sind sicher nicht so gut wie in China, aber besser als auf vielen anderen Strecken. Die Negativpresse wird übertrieben. Der Promoter bekommt kein Geld von außen, um die Infrastruktur aufzubauen, die gefordert wird. Aber es wird gemacht - noch vor 2010. Die Entscheidung trifft nicht nur Herr Ecclestone, sondern auch CVC, die neuen Eigentümer von seiner Firma. Ich würde es gerade jetzt, wo viele junge Fahrer - allen voran Lewis Hamilton - aufkommen, für eine komplett falsche Entscheidung halten, Großbritannien den Grand Prix wegzunehmen. Der Grand Prix ist die Basis der Motorsportindustrie, schon von Anbeginn an."

Frage: "Das nächste Rennen findet am Nürburgring statt, auch auf einer berühmten Strecke. Was halten Sie von der Strecke dort?"
Stewart: "Es gibt da einen Unterschied: Silverstone hat sich nicht allzu stark verändert, aber der Nürburgring ist nicht mehr der echte Nürburgring, die Nordschleife. Ich bin auf dem neuen Nürburgring nie ein Rennen gefahren, nur auf dem alten - und das war ein Klassiker! Heute kann man dort nicht mehr fahren, das verstehe ich, aber es sollte immer einen deutschen Grand Prix geben."

Frage: "Sehen Sie den Nürburgring als Mythos?"
Stewart: "Der alte Nürburgring war die 'Grüne Hölle'. Ich habe ihn übrigens so getauft, das war meine Aussage. Es war die größte Herausforderung, die es in der Welt des Motorsports je gegeben hat. Der neue Nürburgring ist gut für die Zuschauer, aber bei weitem nicht so eine Herausforderung wie die Nordschleife."