• 03.08.2007 20:34

  • von Fabian Hust

"Spionage-Affäre": Noch ist den Chefs zum Lachen zumute

Wie "gut" ist die "Spionage-Affäre" eigentlich für die Formel 1 und wie sehr interessieren sich die nicht beteiligten Teams für den aktuellen Fall?

(Motorsport-Total.com) - Die Spionage-Affäre war natürlich auch auf der Pressekonferenz nach dem Freien Training am Freitag am Hungaroring ein Thema. McLaren-Mercedes-Teamchef Ron Dennis sorgte in einem offenen Brief für viel Wirbel, in dem er nicht nur erklärte, dass Ferrari seiner Meinung nach beim Auftaktrennen in Melbourne mit illegalen Teilen fuhr, sondern indem er auch forderte, dass das "Petzen" in der Formel 1 zum Wohle des Sports erlaubt sein sollte.

Titel-Bild zur News: Kimi Räikkönen

Räikkönen beobachtet von Kameras - vielleicht im Auftrag der Konkurrenz...

Die anwesenden Teamchef-Kollegen zögerten, diesbezüglich einen Kommentar abzugeben. "Das ist ein schwieriges Thema", meint Christian Horner, Teamchef von Red Bull Racing. "Die Formel 1 ist ein konkurrenzfähiges Business, die Leute wechseln von Team zu Team und sie nehmen natürlich Ideen und Wissen in ihrem Kopf mit, wenn sie von Team zu Team wechseln. Aber es sollte sich in ihrem Kopf, nicht auf Papier befinden. Ich habe keinerlei Zeichnungen von irgendwelchen Renaults."#w1#

Noch ist den Teamchefs zum Spaßen...

"Bist du dir da sicher?", fragt Renault-Teamchef Flavio Briatore seinen Motoren-Kunden und sorgt damit im Pressesaal für schallendes Gelächter. Sollte McLaren-Mercedes vor dem Berufungsgericht der FIA doch noch eine Strafe kassieren, hätte dies für den Sport noch nicht absehbare Folgen. Theoretisch könnten dann von anderen Teams Mitarbeiter bezahlt werden, um fremdes Material ins Konkurrenz-Team zu holen. Spätestens dann würde allen das Lachen vergehen.

Renault beobachtet das Verfahren ganz genau

Auch wenn Renault an dem aktuellen Spionage-Fall nicht beteiligt ist, entsandte Teamchef Flavio Briatore einen Rechtsanwalt zur Versammlung des Weltmotorsportrats nach Paris. Und auch bei der noch ausstehenden Berufungsverhandlung wird man vor Ort sein: "In dieses Problem wird jeder früher oder später verwickelt sein, und ich möchte exakt wissen, was vor sich geht, denn ich denke, dies ist Teil unseres Jobs", begründet Briatore die Anwesenheit seines Teams.

"Wenn du in den vergangenen zwei Monaten die Zeitungen gesehen hast, dann sprechen wir nicht darüber, welche Fahrer das Rennen gewonnen oder verloren haben", fährt der 57-Järhige fort. "Wenn man es so will, dann hat die Spionage-Geschichte alles dominiert, und da wir Teil dieses Geschäfts sind, wollen wir genau wissen, was vor sich geht, denn es schadet womöglich allen ein wenig, inklusive mir, allen."

Ist das noch "gut" für den Sport?

Die aktuellen Vorkommnisse sind nach Ansicht des Italieners auch nicht für die Sponsoren gut, die sich im Sport engagieren. Deshalb sei es wichtig, dass das Thema so schnell wie möglich zu den Akten gelegt werden kann: "Wir hoffen, dass wir den letzten Schritt machen können, und wir hoffen, dass etwas passiert. Dies ist meiner Meinung nach der Weg, um das Gerede darüber zu beenden."

Das Red Bull Racing-Team hatte hingegen keinen Abgesandten in Paris, und man wird auch niemanden zur Beobachtung der Verhandlungen vor dem Berufungsgericht schicken: "Dieses Thema betrifft unser Team nicht, noch irgendeinen Angestellten unseres Teams. Wir vertrauen dem Verband, dass er die richtigen Entscheidungen trifft, wir werden aus diesem Grund nicht anwesend sein", so Horner.

War der Ferrari nun per Definition illegal oder nicht?

Und was denken die Kollegen über die Aussage von Ron Dennis bezüglich der Legalität des Ferraris in Melbourne? Die meisten Kollegen wollen sich darüber nicht äußern, schließlich können sie das nicht beurteilen: "Die hunderte an Seiten haben wir nicht gesehen", meint Spyker-Teamchef Colin Kolles. "Ich denke, dass der Unterboden nach dem Rennen geändert wurde. Es sieht so aus, als wäre etwas zunächst nicht in Ordnung gewesen", so Briatore.

"Es gab offensichtlich ein Problem damit", ergänzt Horner. "Nach Australien gab es eine Klarstellung von der FIA, aber das Auto hat die Abnahme passiert und wurde als legal eingestuft. Nachdem diese Klarstellung über die Unterböden veröffentlicht wurde, war Ferrari nicht das einzige Team, das Anpassungen vornehmen musste, denke ich."

Wo ist das Limit?

Durch den Spionage-Fall interessieren sich plötzlich Leute für die Formel 1, die sich bisher um den Sport nicht geschert hatten. Die Frage ist jedoch, wo die Grenze zwischen gut und schlecht in dieser Beziehung zu ziehen ist: "Meistens kennt man die Limits, nachdem man die Limits ausprobiert hat", so Kolles. "Für mich ist es sehr schwierig, darauf eine Antwort zu geben. Ich weiß es nicht."

"Abhängig davon, was man sich anschaut, und was die Regel ist, nähert man sich der Regel so nah wie möglich und das ist das Limit", meint Briatore. "Wenn wir von etwas anderem sprechen, dann geht es um die Art und Weise, wie die Leute arbeiten. Manche Teams arbeiten auf gewisse Weise und manche Teams arbeiten auf unterschiedliche Weise, es gibt kein Limit."

Intrigen gehören zur Formel 1 dazu...

"Intrigen sind Teil der Formel 1", so Horner. "Das war schon immer der Fall und ich denke, dass es prinzipiell ein Sport bleiben sollte. Die Formel 1 ist natürlich ein glamouröser Sport und es ist bis zu einem gewissen Grad Hollywood in dieses Geschäft involviert."

"Aber er sollte nicht im Gerichtssaal enden, einem zivilen Gerichtssaal mit einer Art Industrie-Spionage, wie sie im Moment zwischen zwei Teams existiert. Meiner Meinung nach werden Intrigen immer existieren und können auch gesund für den Sport sein."

Briatore fordert baldiges Ende der "Spionage-Affäre"

"Wir müssen diese Situation aufklären", fordert Briatore im Interview mit der 'Gazzetta dello Sport'. "Wenn wirklich etwas passiert ist, dann müssen die Leute aus zwei Gründen bestraft werden. Erstens, da es so nicht noch einmal passieren wird. Ein Mechaniker, wird 27-mal darüber nachdenken, bevor er bestimmte Informationen weitergibt."

"Zweitens, weil wir nicht die Richter sein können und Leute innerhalb eines Teams bezahlen können, um uns zu sagen, was illegal ist", betont der Renault-Teamchef. "Dies ist die Aufgabe des Verbandes, der ein paar klare Regeln vorgeben muss."