So reagiert Pirelli auf die Kritik von David Coulthard
Wie Pirelli-Sportchef Mario Isola auf die harte Kritik des früheren Formel-1-Fahrers David Coulthard reagiert und welche Eigenschaften die Reifen 2022 haben werden
(Motorsport-Total.com) - Der frühere Formel-1-Fahrer David Coulthard hat die aktuelle Reifensituation der Rennserie mit dem Wort "Bullshit" umschrieben, weil die Situation "verwirrend" und "langweilig" sei. Pirelli-Sportchef Mario Isola aber will das nicht als Kritik an seinem Unternehmen verstanden wissen, sondern eher als Kritik an den Anforderungen, denen Pirelli gerecht werden müsse.
© Motorsport Images
Pirelli ist der alleinige Ausrüster der Formel 1 mit aktuell fünf unterschiedlichen Pneus Zoom
"Ich habe mit David darüber gesprochen", sagt Isola. "Er mag eben die Ära des Reifenkriegs. Er will einen Wettbewerb in der Formel 1, und nicht nur für Motoren und Autos, sondern auch für Reifen. Ich kann das vollkommen nachvollziehen. Denn er ist [in der Formel 1] gefahren, als die Situation eine ganz andere war."
Tatsächlich fallen in die Formel-1-Zeit von Coulthard insgesamt acht Jahre, in denen je zwei Reifenhersteller parallel in der Rennserie engagiert waren. Aber: In sieben weiteren Saisons gab es jeweils nur eine Marke, die Reifen für die Formel 1 bereitstellte. Coulthard kennt also beide Szenarien aus eigener Erfahrung. (Mehr dazu in der Formel-1-Datenbank!)
Pirelli versichert: Nächstes Jahr wird alles anders!
"Das aktuelle System" mit nur einem Hersteller und vor allem mit viel Reifenverschleiß im Rennen, das "gefällt ihm nicht", meint Isola. "Aber: Die Reifen sind halt so designt, dass so viel Verschleiß eintritt. Und nächstes Jahr sehen wir schon ein anderes Bild."
Denn Pirelli habe neue Vorgaben für die Formel-1-Reifen der Zukunft erhalten, zumal zur Saison 2022 der Wechsel auf 18-Zoll-Räder ansteht. Dann werde auch das Reifenmaterial umgestellt auf "andere Charakteristiken", so Isola.
Er nennt einige Details: "Es wird weniger Überhitzen geben, weniger Verschleiß, sogar dramatisch weniger. So will es die Zielvorgabe, die wir haben. Dort ist der zu erzielende Verschleiß definiert, auch die angestrebten Rundenzeiten."
Was Pirelli für 2022 plant
Daraus ergebe sich für Pirelli die Aufgabe, "Mischungen mit breiterem Einsatzfenster" zu entwickeln, sagt Isola. Allerdings dürfe man sich nicht der Hoffnung hingeben, dadurch werde es gar keinen Verschleiß mehr geben. "Sonst gibt es ja keinen Grund, Strategien mit mehr als einem Stopp zu fahren oder unterschiedliche Mischungen zu verwenden."
Pirelli versuche aber sicherzustellen, dass sich die Reifensituation im kommenden Jahr deutlich verbessere, speziell im Hinblick auf die Grand-Prix-Distanz. "Bei unseren Testfahrten bitten wir die Fahrer darum, in jeder Runde Druck zu machen, damit wir simulieren können, was nächstes Jahr passiert", erklärt Isola.
© Motorsport Images
Mario Isola nahm Stellung zur Reifenkritik durch Ex-Rennfahrer David Coulthard Zoom
Die bisherigen Erkenntnisse seien "sehr vielversprechend", aber werden noch als provisorisch eingestuft. "Wir fahren nächstes Jahr ja mit ganz anderen Autos", sagt Isola. "Und unsere jetzigen Ergebnisse müssen wir dann erst noch mit den neuen Fahrzeugen erneut validieren."
Warum noch keine finalen Erkenntnisse vorliegen
"Ich sage 'vielversprechend', weil die Entwicklung weiter andauert. Wir haben das Produkt für 2022 zwar noch nicht finalisiert. Die Daten, die wir bei den Tests gesammelt haben, zeigen aber, dass wir uns innerhalb der Vorgaben bewegen."
Alles Weitere müssten die nächsten Probefahrten zeigen, schließlich stehe Pirelli vor der Aufgabe, mit fünf Mischungen eine Bandbreite von 23 Rennstrecken abzudecken. "Es braucht einfach noch mehr Daten", meint Isola, "damit wir zu hundert Prozent sicher sein können, dass wir die Zielvorgabe erfüllen."
Außerdem muss Pirelli auch in eigener Sache Validierungsarbeit leisten, denn das Unternehmen aus Italien hat die eigene Herangehensweise "komplett verändert", sagt Isola. Sämtliche Reifenmischungen seien für 2022 "neu designt" worden.
Finale Rückschlüsse erst im Frühjahr 2022
"Wir reden davon, dass wir eine neue Mischungsfamilie einführen werden, mit anderen Komponenten, aber auch mit anderer Konstruktion."
Wie gut diese neuen Formel-1-Reifen dann mit den neuen Formel-1-Autos harmonieren, das werde sich aber erst wirklich zeigen, wenn die neuen Formel-1-Autos im Frühjahr 2022 auf die Strecke gehen. Vorher sei man auf Simulationen oder angepasste Testträger angewiesen, die keine definitiven Rückschlüsse zuließen.
"Bis zu den Wintertests", meint Isola, "kriegen wir keine finale Rückmeldung. Aber: Ab dem Start der neuen Saison sind die Reifen eingefroren. Dann können wir sie nicht mehr verändern, es sei denn, es gibt einen bestimmten Grund, auf den wir uns mit den Teams und dem Weltverband verständigen. Anhand der Daten von 2022 aber können wir unsere Reifen für 2023 verbessern."
Neueste Kommentare
Erstellen Sie jetzt den ersten Kommentar