• 11.03.2010 18:58

  • von Dieter Rencken

Senna: "Eine halbe Stunde gab den Ausschlag"

Bruno Senna erklärt im Interview, wie knapp die Zeit am Ende wirklich wurde, und beschreibt, was es ihm bedeutet, gegen Michael Schumacher zu fahren

(Motorsport-Total.com) - Bruno Senna hat in den vergangenen zwei Jahren einiges mitgemacht: 2009 platze sein Formel-1-Traum, als ihm Ross Brawn in letzter Sekunde doch noch seinen Landsmann Rubens Barrichello vorzog, der dann im Brawn-Boliden um den WM-Titel kämpfte. Um eine Erfahrung reicher, unterschrieb Ayrton Sennas Neffe bereits 2009 beim Campos-Team, doch wieder schien im das Schicksal einen Strich durch die Rechnung zu machen.

Titel-Bild zur News: Bruno Senna

Bruno Senna ist die Vorfreude auf sein Formel-1-Debüt anzusehen

Das Team stand bereits vor dem Aus, als Geschäftsmann Jóse Rámon Carabante und Teamchef Colin Kolles doch noch den Rennstall retteten. Damit ist die Achterbahnfahrt des Bruno Senna aber noch lange nicht zu Ende. Der 26-Jährige Brasilianer spricht am Tag vor seinen Formel-1-Debüt über Nervosität, Erwartungen und das Gefühl, gegen Michael Schumacher zu fahren.#w1#

Shakedown im Freitagstraining

Frage: "Bruno, wie fühlt es sich an, jetzt hier in Bahrain zu sein?"
Senna: "Ich bin sehr glücklich, hier zu sein - es war eine großartige Leistung von allen im Team. Wir haben noch einige Herausforderungen vor uns, um sicherzugehen, dass wir uns weiterentwickeln, doch das Wichtigste ist im Moment, dass wir es geschafft haben und morgen unseren Shakedown machen können."

Frage: "Wie schwierig waren die vergangenen Wochen für dich?"
Senna: "Schwierig - vielleicht nicht die letzten zwei Wochen, aber die Zeit davor, da es ständige Änderungen gab und keiner so recht wusste, ob es das Team schaffen wird. Die Wettquoten standen gegen uns, so wie sie es jetzt noch immer tun - da ist es schwierig, motiviert zu bleiben und die Probleme zu lösen. Am Ende wussten wir aber, dass es das Team schaffen wird - und zwar haarscharf. Eine halbe Stunde hat am Ende den Ausschlag gegeben, dass die Fracht mit dem Flugzeug abheben konnte."

Frage: "Was sind deine Erwartungen?"
Senna: "Es ist ein Shakedown. Die anderen Teams konnten ohne Druck testen, wir hatten den Druck, überhaupt hierher zu kommen. Wir müssen jetzt ruhig bleiben, denn wir können nur das erreichen, was das Auto möglich macht. Und es ist bei der ersten Ausfahrt hundertprozentig normal, dass das Auto Probleme macht. Das ist bei neuen Teams der Fall, die bereits fünf, sechs Tage getestet haben - wir können also nicht mit einem problemlosen Auftakt rechnen."

¿pbvin|512|2515||0|1pb¿Frage: "Befürchtest du, dass das Auto morgen in der Früh noch nicht bereit sein könnte?"
Senna: "Wenn nichts Unerwartetes passiert, können wir morgen Früh fahren. Alles fügt sich langsam zusammen, wir müssen uns nur ständig verbessern. Vielleicht sind wir ja das erste Auto auf der Strecke? Nein, ich mach nur Witze."

Frage: "Du hattest bis jetzt nur einen Testtag in der Formel 1, vor eineinhalb Jahren..."
Senna: "Das stimmt, doch ich lag an diesem Tag nur wenige Zehntel hinter dem Mann, der im Jahr darauf Weltmeister wurde - ich lerne also schnell. Dennoch wird es eine große Herausforderung. Ich muss mir und dem Team einfach Zeit geben, doch wir haben so viele erfahrene Leute von anderen Teams bei uns, die auch sehr motiviert sind. Ich versuche, so viel wie möglich von ihnen zu lernen."

Gute Windkanalwerte vom Chassis

Frage: "Dallara hat einen sehr guten Ruf. Was kann man von eurem Chassis erwarten?"
Senna: "Die Windkanalwerte sind gut. Es ist aber schwer zu sagen, ob sich das auf die Strecke übertragen lässt - wir hoffen es, denn das wären dann gute Nachrichten. Es ist ein solides, gut gemachtes Auto und es wird regelmäßig Entwicklungen geben. Zuerst arbeitet man daran, Gewicht einzusparen. Das geht leicht. Wir brauchen aber vor allem Zeit, bis wir unser wahres Potenzial zeigen können."

Frage: "Hast du weniger Druck, weil du in keinem etablierten Team in die Formel 1 einsteigst?"
Senna: "Vielleicht. Auf der anderen Seite hätte ich in einem etablierten Team wahrscheinlich getestet und wäre daher etwas entspannter - es ist also schwer zu sagen, was besser ist. Natürlich bin ich vor meiner ersten Fahrt etwas nervös, vor dem Rennen werde ich sehr nervös sein. Ich habe bereits über 100 Rennstarts hinter mir, dennoch ist es immer noch sehr nervenaufreibend."

Frage: "Was ist dein Ziel fürs Rennen?"
Senna: "Das Rennen zu beenden, wäre ein großartiges Ergebnis. Wenn wir das schaffen, dann käme das einem Podestplatz gleich. Es hängt davon ab, wie das Auto nach dem Shakedown läuft."


Fotos: HRT, Großer Preis von Bahrain


Frage: "Was sagst du zum Comeback von Michael Schumacher, gegen den schon dein Onkel Ayrton gefahren ist?"
Senna: "Ich habe schon vor Jahren gesagt, dass es mein Wunsch wäre, eines Tages gegen Michael zu fahren. Ich glaube zwar nicht, dass ich im Moment wirklich gegen ihn fahren kann, da er wahrscheinlich etwas weiter vorne stehen wird, doch es ist eine große Genugtuung, ihn als Messlatte zu haben. Es gibt natürlich auch noch viele andere Piloten mit tollen Erfolgen im Fahrerfeld. Es fühlt sich also nicht schlecht an, zu den besten Fahrern der Welt zu gehören."

Frage: "Glaubst du, dass du das technische Feingefühl hast, ein Formel-1-Auto weiterzuentwickeln?"
Senna: "Ich hatte immer schon ein gutes Gefühl fürs Auto. Auch als ich null Erfahrung hatte, konnte ich meinen Teams helfen, Lösungen zu finden. Jetzt, mit mehr Erfahrungen mit Rennautos, weiß ich viel genauer, was das Auto mir geben muss, um schnell zu sein. Natürlich ist ein Formel-1-Auto eine neue Maschine, ich werde also die Versuchs-und-Irrtums-Methode anwenden müssen, um das perfekte Setup zu finden. Bis dahin dauert es aber noch etwas, zuerst schauen wir auf die Zuverlässigkeit. Ich fahre jedenfalls so hart ich kann, wenn das Auto mal läuft."