• 04.06.2004 11:46

  • von Fabian Hust

Schumacher: "Es zwickt schon hier und da"

Schumacher über die Folgen der F1, warum er immer noch so motiviert ist und wieso ihn die F1 immer wieder in den Bann zieht

(Motorsport-Total.com) - Michael Schumacher ist nicht nur ein Ausnahmetalent auf der Strecke, er ist auch ungewöhnlich motiviert, wenn es darum geht, abseits der Strecke sein Team und das Auto nach vorne zu bringen: "Wenn ich weiß, es gibt etwas, was uns einen Zeitvorteil bringt, dann greife ich als erstes zum Telefon", verrät der 35-Jährige in einem Interview mit der 'Frankfurter Allgemeinen Zeitung'.

Titel-Bild zur News: Chris Dyer und Schumacher

Auf der Suche nach dem Maximum: Schumacher und Chefingenieur Dyer

Über die Jahre hinweg hat sich der Ferrari-Pilot einen Status erarbeitet, den kein anderer Fahrer im Feld genießt. Der Einfluss, den der Deutsche auf sein Team ausüben kann, ist gewaltig. "Die Erfahrung spielt sicher eine große Rolle und die Autorität, die man sich über die Jahre hart erarbeitet hat." In seiner Anfangszeit bei Benetton, so erinnert sich der Kerpener, hatte er diesen Einfluss noch nicht: "Ich hatte doch keine Ahnung. Also habe ich meinen Mund gehalten. Den jungen Kollegen geht es nun nicht anders."#w1#

Entscheidung für Ferrari und gegen McLaren

Diese Einflussnahme war einer der Hauptgründe, warum sich Michael Schumacher für einen Wechsel zu den Italienern und gegen McLaren-Mercedes entschied. Der Deutsche hatte einfach das Gefühl, dass er seine Ziele bei Ferrari besser erreichen kann. Eine seiner Stärken, den Zusammenhalt im Team zu stärken, kann er dort voll ausleben, auch wenn Schumacher bescheiden meint, dass sein Einfluss "bei weitem nicht so groß" ist wie jener von Teamchef Jean Todt und Technikdirektor Ross Brawn.

Schumacher noch stärker als 2003

Eine weitere Stärke des sechsfachen Formel-1-Weltmeisters ist seine unbändige Motivation. Diese hat er bei den Wintertests erneut gezeigt. In jedem Jahr macht sich Schumacher nach der langen Winterpause Sorgen, dass seine "Sensoren" nicht mehr funktionieren könnte. Doch auch nach diesem Winter war alles in bester Ordnung: "Ich war von den Zeiten her gleich da. Auch im Vergleich zu meinem Teamkollegen war ich stark. Das war im Jahr zuvor aus irgendwelchen Gründen nicht so."

Der Vorsprung auf den Teamkollegen ist tatsächlich über den Winter gewachsen - warum auch immer. Auch an den Rennwochenenden ist der Abstand auf Rubens Barrichello einen Tick größer geworden, da ist "der Spaßfaktor etwas größer", wie Schumacher zugibt. Besonders nachdem der letzte Test vor dem Saisonstart in Jerez das Team hatte glauben lassen, dass man nicht schnell genug war: "Wir hatten Schwierigkeiten. Dass es nun ganz anders gekommen ist, hat zu diesem Zeitpunkt keiner erwartet."

14 Formel-1-Saisons und kein bisschen müde

Auch in seiner 14. Formel-1-Saison denkt Michael Schumacher noch nicht an das Aufhören, auch wenn er die Folgen seines Extremsports langsam zu spüren bekommt: "Es zwickt schon hier und da. Aber ich glaube nicht, dass das vom Rennfahren kommt, eher von meinem Training rund um die Formel 1. Aber im Kopf fühle ich mich völlig unverbraucht. Ich sehe keinen Unterschied zu den Kollegen, die zehn Jahre jünger sind." Man freue sich im Team immer noch "wie Kinder" über Siege, auch nach dem 76. Sieg.

Michael Schumacher, der Perfektionist

Hunderte von technischen Besprechungen hat Michael Schumacher in seinem Leben schon absolviert, dennoch ist er weiterhin einer der letzten Fahrer, der am Abend die Rennstrecke verlässt, wohingegen viele seiner Kollegen schon am späten Nachmittag ins Hotel gehen, wie ihm aufgefallen ist: "Ich will einfach nicht gehen, bevor ich nicht sicher bin, es so gut wie möglich gemacht zu haben." Michael Schumacher wäre nicht Michael Schumacher, würde ihm auch diese für viele Kollegen als lästig empfundene Arbeit auch noch Spaß machen: "Ich würde mich ärgern, wenn ich im Nachhinein erkennen müsste, dass ich mit etwas mehr Einsatz ein besseres Resultat hätte erzielen können."

Auch Schumacher kann man beeindrucken

So ganz selbstverständlich ist die Arbeitswut für den Wahlschweizer dann aber auch nicht. Für ihn ist es ein "Phänomen", dass die Ingenieure und Mechaniker nach all den erfolgreichen Jahren immer noch einen Großteil ihres Privatlebens für die Formel 1 opfern, was ihn wiederum selbst motiviert: "Ich habe immer mal wieder gedacht, so, jetzt kann es kritisch werden. Aber dann lief es trotzdem wieder. In keiner anderen Sportart gibt es so viel Entwicklungspotenzial und so viele Möglichkeiten. Das fasziniert mich enorm."

Michael Schumacher hat Geld, er hat viele Hobbies, könnte sich ein ruhiges Leben mit den Kindern und seiner Frau gönnen: "Aber es gibt nichts, was meine Formel-1-Faszination gefährden könnte. Ich komme immer wieder zurück zu meinen Wurzeln. Ich weiß, woher ich komme, wo ich verankert bin. Und dort fühle ich mich wohl."