Schumacher: "Es wird sich bis Jahresmitte hinziehen"
Ralf Schumacher analysiert im Interview die Krise bei Toyota, betont aber die gute Stimmung und spricht auch über seine Zukunft in der Formel 1
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Ralf, du hattest in Malaysia viel Pech. Wird es hier besser laufen?"
Ralf Schumacher: "Das weiß ich nicht, mal abwarten. Der Test war nicht ganz so gut, aber das muss nichts heißen."

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Ralf Schumacher erwartet keine allzu rasche Heilung des Toyota-Teams
Frage: "Hat das Resultat aus dem Vorjahr für dieses Wochenende noch Aussagekraft?"
Schumacher: "Das hoffe ich nicht. Ich gehe nicht davon aus - anderes Jahr, anderes Auto, andere Reifen. Daher hoffe ich schon, dass auch das Resultat anders wird."#w1#
Toyota bestenfalls die Nummer fünf
Frage: "Wo siehst du euch im Moment realistisch betrachtet?"
Schumacher: "Im Moment sind McLaren, Ferrari, BMW und auch Williams schneller. Das muss man einfach sagen. Alles andere wechselt. Renault ist überraschend auch nicht ganz so stark, würde ich behaupten. Bei Red Bull ist ein Auto immer mal dabei. Honda ist auch überraschend schlecht. Im Moment ist es so, dass wir unser Potenzial ausgeschöpft haben, wenn wir im Qualifying Achter bis Zehnter werden. Das muss man leider eingestehen. Aber gut, das war ja im Winter abzusehen."
Frage: "Was läuft da falsch bei euch?"
Schumacher: "Es läuft gar nichts falsch. Wir haben neue Entwicklungsstufen, die bis Barcelona kommen werden, weil wir intern einige Dinge geändert haben. Das braucht einfach seine Zeit. Im Aerodynamiksektor sind neue Leute zu uns gekommen, denen man einfach die Chance geben muss."
Frage: "Wie lange dauert es, bis sich so eine Änderung bemerkbar macht?"
Schumacher: "Ich kann das auch schwer beurteilen, wie lange das dauern wird, aber ich sehe, welche Daten in den ersten Rennen gewonnen wurden, weil wir auch Vergleiche zwischen Strecke und Windkanal und so weiter ziehen können. Auf diese Erkenntnisse wird jetzt aufgebaut, aber das wird sich noch Minimum bis Mitte des Jahres hinziehen."
Frage: "Was habt ihr denn bis jetzt schon korrigiert?"
Schumacher: "Wir haben bis jetzt kaum Veränderungen, weil wir zunächst einmal die Probleme erkennen mussten. Die erste spürbare Änderung wird für Barcelona kommen."
Frage: "Ist euer Auto vielleicht zu gutmütig? Denn es heißt oft, dass die schnellsten Autos oft schwierig zu fahren sind..."
Schumacher: "Die Erfahrung habe ich nicht gemacht."
Frage: "Ist es frustrierend für dich, dass deine Ex-Arbeitgeber BMW und Williams jetzt deutlich vor euch stehen?"
Schumacher: "Es ist noch früh in der Saison, um das beurteilen zu können. Im Moment ist es so, aber ich gehe davon aus, dass sich das im Laufe des Jahres ändern wird. Williams hatte auch im Vorjahr am Saisonbeginn ein starkes Auto, aber die hatten so viele technische Probleme, dass das nicht so aufgefallen ist."
Toyota konnte im Winter zu wenig zulegen
Frage: "Bei den ersten Tests wart ihr ja nicht so schlecht. Warum seid ihr dann zurückgefallen?"
Schumacher: "Naja, wir hatten ja von Anfang an fast das fertige Auto dabei, während die anderen erst nach und nach neue Teile gebracht haben und dann entsprechend immer schneller wurden. Da hatten wir nichts mehr hinzuzusetzen."
Frage: "Wie ist die Stimmung im Team? Ist das ruhiges Arbeiten, werden sie nervös?"
Schumacher: "Das ist ruhiges Arbeiten, aber natürlich hätte man es sich schöner vorgestellt. Das ändert aber nichts daran, dass die Motivation und Ruhe da bleibt, wo sie ist."
Frage: "Wie wichtig ist der Fahrer für die Stimmung?"
Schumacher: "Der spielt da schon eine Rolle, ganz klar, denn der hat auch eine Vorbildfunktion und muss mithelfen - wobei das nicht schwierig ist, denn die Jungs sind alle sehr gut drauf und sind es auch gewohnt, hart zu arbeiten und zu kämpfen."
Frage: "Du bist jetzt also nicht häufiger in Köln als sonst?"
Schumacher: "Nein, denn ich bin sowieso recht häufig dort."
Frage: "Die Verschiebungen im Kräfteverhältnis sind recht stark in diesem Jahr, siehe Ferrari und McLaren-Mercedes. Woran liegt das?"
Schumacher: "An den Reifen. Wenn man ein Auto hat, das hundertprozentig passt, dann kann man aus diesen Reifen unglaubliche Rundenzeiten herausholen im Vergleich zur Konkurrenz. Das hat man bei Räikkönen in Australien oder bei Alonso in Malaysia gesehen. Bei uns und bei vielen anderen ist das Problem, dass wir kein perfektes Paket haben, dass die Schwankungen sehr groß sind. Zehn Grad Unterschied können da viel ausmachen. Melbourne war aber sowieso noch nie eine gute Benchmark. Die Unterschiede bei den ersten drei Rennen sind meistens groß."
Malaysia eine Referenzstrecke für die ganze Saison
Frage: "Siehst du da Malaysia schon eher als Referenz?"
Schumacher: "Malaysia war immer eine schwierige Strecke - und wer in Malaysia gut war, war danach auch gut. Ich glaube, man sollte einfach noch zwei, drei Grands Prix warten. Barcelona ist sicher auch eine gute Benchmark, ob ein Auto schnell ist oder nicht. Australien eher weniger, weil viele Autos große Probleme haben, den Grip aus den Reifen zu kommen. Autos, die da sehr am Limit sind - der Williams zum Beispiel -, haben dort Probleme, rutschen zu viel."
Frage: "Es hat in diesem Jahr schon mehrere Berührungen gegeben. Wird unfairer gefahren als früher?"
Schumacher: "Nein, aber die Autos liegen im Mittelfeld einfach sehr eng beisammen. Dadurch sind die Kämpfe natürlich härter, damit man überhaupt überholen oder nicht vorbeilassen kann."
Frage: "Wie schwierig ist das Überholen in diesem Jahr?"
Schumacher: "Ich bin in Malaysia im ersten Stint eine Zeit lang hinter Coulthard hergefahren. Da war an ein Überholmanöver nicht zu denken. Da war ich zu langsam auf der Geraden. Ich habe ein einziges Auto überholen können, nämlich den Toro Rosso."
Frage: "Wie wirkt es sich auf den Fahrspaß aus, wenn man nicht überholen kann?"
Schumacher: "In Malaysia lief es für mich nicht ganz so rund, dadurch war das Auto schwierig zu fahren und dadurch war auch das Überholen schwierig. Wenn man aus den Kurven nicht so gut rauskommt, ist von Fahrspaß sowieso nicht zu reden!"
Frage: "Was sind die aktuellen Themen in der Fahrergewerkschaft und wie viel von deiner Zeit nimmt das in Anspruch?"
Schumacher: "Das ist nicht so tragisch. Die Testsicherheit ist ja jetzt mehr oder weniger abgehakt. Es gibt noch einige neue Regeln, neue Strecken, die dazukommen werden, womit wir uns beschäftigen. Dann gibt es noch ein paar FIA-Meetings. Im Jahr sind das vielleicht zehn Tage."
Frage: "Ist der Unfall von Alexander Wurz und David Coulthard in Australien, bei dem Wurz fast geköpft worden wäre, ein Thema, das ihr diskutiert?"
Schumacher: "Das ist auch ein Thema. Das wird von der FIA nach dem Unfall angegangen. Die Cockpits sind nun mal offen bei uns, das wissen wir, aber es wird gerade darüber nachgedacht, was man machen kann - on schon für nächstes Jahr, das weiß ich nicht. Es gibt verschiedene Ideen. In erster Linie will man verhindern, dass Autos überhaupt über andere drüberhüpfen können. Dann reden wir auch über höhere Seitenwände, einen Käfig. Aber das ist alles noch nicht spruchreif."
Schumacher engagiert sich in der GPDA
Frage: "David Coulthard wünscht sich eine Art Cockpitverkleidung wie in einem Jet. Habt ihr darüber schon gesprochen?"
Schumacher: "Wir haben beim letzten GPDA-Meeting nicht über konkrete Ideen gesprochen. Charlie Whiting war auch nur kurz anwesend. Da gibt es wie gesagt von Seiten der FIA einige Dinge. Das warten wir jetzt erst einmal ab."
Frage: "Beschäftigt ihr euch auch mit den freistehenden Rädern in diesem Zusammenhang, denn sobald man die hat, ist die Gefahr des Abhebens vorhanden?"
Schumacher: "Naja, wenn die Autos in so einem Winkel zusammenkrachen wie bei Wurz und Coulthard, dann kann man das Abheben sicher auch mit anderen Dingen verhindern. Die Räder können früher nachgeben, die Form eines Autos kann anders sein - da gibt es mehrere Möglichkeiten."
Frage: "Dein Bruder und einige andere arrivierte Fahrer sind nicht mehr da. Fühlst du dich jetzt zur älteren Generation gehörig? Und findest du, dass du ein besseres Auto verdient hättest?"
Schumacher: "Erstens: Solange Barrichello und Coulthard noch da sind, mache ich mir da keine Sorgen (lacht; Anm. d. Red.)! Webber ist auch älter als ich, Fisichella auch, sogar mein Teamkollege. Ich gehöre noch zu den jungen Fahrern - es sieht nur nicht so aus, weil ich nicht rasiert bin! Alles andere richtet man sich mit dem Team gemeinsam. Es war von Anfang an klar, dass das eine Herausforderung wird, von daher habe ich da auch Geduld, diese Herausforderung durchzuziehen. Es wäre schön, wenn wir von Anfang an um Siege mitfahren würden, denn dann könnte ich mir viele Erklärungen sparen, aber das gehört nun mal dazu in dem Geschäft. Auch das bin ich gewohnt."
Frage: "Glaubst du, dass Toyota dein letztes Team in der Formel 1 bleiben wird?"
Schumacher: "Das kann ich jetzt noch nicht sagen, weil das noch ein bisschen weit weg ist. In erster Linie fühle ich mich sehr wohl hier - entgegen aller Behauptungen, dass ich frustriert sein soll."

