• 07.06.2007 21:37

  • von Inga Stracke

Schumacher: "Bin gerade das richtige Opfer"

Ralf Schumacher beklagt sich im Interview über die schlechte Presse, zeigt sich aber zuversichtlich für Montréal und spricht auch über einige andere Themen

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Ralf, Montréal ist eine Strecke, die dir sehr gut liegt. Wäre hier der richtige Zeitpunkt, um mal wieder nach vorne zu fahren?"
Ralf Schumacher: "Der Zeitpunkt ist nie schlecht, um da vorne dabei zu sein, gerade nach dem enttäuschenden letzten Rennen bei mir. Aber jetzt muss man erstmal abwarten, wie unser Auto hier liegt. Wir haben uns ja in den letzten Rennen sehr schwer getan. Ich hoffe, dass es hier besser wird. In letzter Zeit war es ein Auf und Ab. Ich hatte ein paar Probleme, aber wir werden sehen. Die Konkurrenzsituation ist sehr hart. Teams wie Honda, Renault, Red Bull haben Fortschritte gemacht, der Kampf um die Punkte ist also sehr hart."

Titel-Bild zur News: Ralf Schumacher

Ralf Schumacher bekommt derzeit viele unangenehme Fragen gestellt

Frage: "Wenn es nicht so gut läuft, ist die Kritik immer groß. Wie ist denn das Verhältnis zum Team momentan?"
Schumacher: "Ich muss sagen, das Verhältnis zum Team ist extrem gut. Wir halten da stark zusammen, weil wir wieder nach vorne wollen. Es sind ja beide Seiten nicht sehr zufrieden und es gibt für einen Fahrer nichts Schlimmeres als wenn es nicht läuft, genau wie auch für das Team. Ich muss sagen, es ist eigentlich eine ganz interessante Zeit. Man lernt viele Dinge kennen, auch viele Leute von verschiedenen Seiten. Das ist ganz interessant."#w1#

Ein Gedächtnis wie ein Elefant...

Frage: "Ein paar Beispiele?"
Schumacher: "Nein, da gibt es keine Beispiele, aber man hat ja ein Gedächtnis wie ein Elefant, das reicht ja."

Frage: "Also können wir alles, was in den Medien geschrieben wurde, vergessen. Das Verhältnis zum Team ist intakt und es wird über die Zukunft gesprochen, richtig?"
Schumacher: "Das auf jeden Fall! Man sollte das nicht verallgemeinern. Es waren nur zwei oder drei Ausreißer in dieser ganzen Zeit, die sehr negativ waren, ansonsten möchte ich mich eigentlich gar nicht beklagen."

Frage: "Wie gehst du denn mit dieser Situation um? Ignorierst du das komplett oder setzt du dich damit auseinander und rufst die Journalisten auch mal an?"
Schumacher: "Nein, schon lange nicht mehr, das habe ich mir abgewöhnt. Das macht auch gar keinen Sinn. Ich konzentriere mich auf meinen Job - und der ist Autorennen fahren. Ich bin ja kein Pressemensch. Das macht glücklicherweise das Team, darum brauche ich mich selbst nicht zu kümmern. Also konzentriere ich mich auf meine Arbeit."

Frage: "Lest du in diesen Tagen eigentlich, was in den Medien geschrieben steht?"
Schumacher: "Hin und wieder lese ich sicherlich Zeitung, aber eigentlich sehr wenig - wenn, dann nur Fachmagazine respektive Tageszeitungen, die auch relevant sind für politische Sachen."

Frage: "Derzeit kursieren ja viele Gerüchte. Stimmt es denn nun, dass es von Seiten des Teams ein Ultimatum gibt oder stimmt das nicht?"
Schumacher: "Nicht dass ich wüsste - aber vielleicht weißt du ja mehr als ich! Nein, das stimmt nicht, ganz klar. Wir haben eine Zusammenarbeit mit Toyota, wir sprechen auch über die Zukunft. Von daher ist das alles ein bisschen - ich will es nicht so sagen, wie ich es gerne sagen würde - Quatsch..."

Schumacher wehrt sich gegen erfundene Storys

Frage: "Aber woher kommen die Gerüchte? Es heißt ja auch, dass du in Magny-Cours abgelöst werden könntest..."
Schumacher: "Kanada, Magny-Cours, Indianapolis, was denn noch alles? Man sollte mehr auf die Fakten als auf die erfundenen Storys hören. In solchen Zeiten ist es immer so, dass manche Leute eben Schlagzeilen haben wollen und ihre Quoten rauftreiben wollen, und da bin ich halt gerade das richtige Opfer. Aber mein Gott, wen interessiert das?"

Frage: "Hast du mit deinem Bruder Michael mal über diese Situation gesprochen?"
Schumacher: "Wir reden über so was schon, ja, aber das ist bei uns kein abendfüllendes Thema, weil ich mich auf das Wesentliche konzentriere."

Frage: "Teampräsident John Howett hat gesagt, dass es nicht an dir liegt, sondern am Auto. Macht einem das Mut, wenn man merkt, dass das Team hinter einem steht?"
Schumacher: "Wir stehen sowieso immer zueinander, das war in den zweieinhalb Jahren, in denen ich jetzt bei Toyota bin, immer der Fall. Es gab Zeiten, da war es etwas schwerer für das Team, es gab Zeiten, da war es etwas schwerer für mich. Von daher ist das nur allzu normal. Ich selber war in den Qualifyings jetzt nicht ganz so gut, aber wir sind trotzdem nicht in den vorderen Punkterängen. Das ist unser bestimmtes Ziel. Wir wollten dieses Jahr ein Rennen gewinnen. Davon sind wir weit entfernt, das ist uns bewusst. Wir tun aber alles Mögliche, das rumzudrehen. Das Team ist extrem motiviert - und von dem, was man so liest und hört, findet intern eigentlich gar nichts statt."

Frage: "Es geht ja auch um deine Zukunft. Ist das jetzt vielleicht die schwierigste Situation deiner Karriere?"
Schumacher: "Das kommt drauf an, ob man das an sich ranlässt oder ob einen das interessiert, was verschiedene Journalisten über einen denken. In meinem Fall ist es wirklich so, dass ich mich auf meinen Job konzentriere. Die subjektive Meinung einiger Kollegen ist mir eigentlich egal."

Frage: "Sprechen wir über Kanada. Du kommst gerne hierher, nicht wahr?"
Schumacher: "Klar, Kanada ist immer ein sehr schöner Grand Prix für alle Beteiligten, eine Stadt mit tollen Restaurants, Bars und so weiter - von daher ja."

Nachtrennen noch nicht konkret

Frage: "Nächstes Jahr soll es ja einige neue Grands Prix geben, zum Beispiel ein Nachtrennen in Singapur. Was sagst du dazu?"
Schumacher: "Das sind interessante Experimente, wobei das derzeit noch rein medial ist. Es ist noch nicht einmal ein vernünftiger Antrag an die FIA gestellt. Aber warum nicht? Die GPDA und ich vertrauen darauf, dass die FIA eine sichere Lösung finden wird. Dann habe ich nichts dagegen einzuwenden. Was die anderen Fahrer denken, weiß ich nicht. Es ist noch so früh, dass man über dieses Thema noch nicht sprechen muss."

Frage: "Du bist heute zu spät zur FIA-Pressekonferenz gekommen. Befürchtest du da eine Strafe?"
Schumacher: "Fragt meine Uhr neben mir, ich habe keine Ahnung (Schumacher meint die Toyota-Pressedame, die neben ihm steht; Anm. d. Red.)!"

Frage: "Wie ist es für dich in diesem Jahr, nicht mehr gegen deinen Bruder anzutreten? Hat das etwas verändert?"
Schumacher: "Nicht wirklich, denn ich bin ja in den vergangenen fünf Jahren nie direkt gegen ihn gefahren eigentlich. Privat schon ein bisschen, ein paar Abendessen sind jetzt einsamer, aber das ist alles. Er wird an diesem Wochenende aber hier sein."

Frage: "2011 soll ein System eingeführt werden, das PS speichert, die man dann zum Beispiel zum Überholen per Knopfdruck abrufen kann. Was hältst du davon?"
Schumacher: "Alles, was dem Sport hilft und ihn interessanter macht, begrüße ich, klar. Warum nicht? Aber warten wir mal ab."

Frage: "Bist du für oder gegen die geplanten 20 Grands Prix?"
Schumacher: "30 wären vielleicht ein bisschen zu viel, aber 20? Ja, warum nicht?"