• 30.05.2010 20:34

  • von Dieter Rencken

Sauber: "Es ist nur eine Frage der Zeit"

Peter Sauber im Interview: Warum der erste WM-Punkt bei der Sponsorensuche hilft und wie die Suche nach einem neuen Reifenhersteller läuft

(Motorsport-Total.com) - Peter Sauber zündete sich nach dem heutigen Rennen in Istanbul genüsslich eine Zigarre an, denn zum ersten Mal in dieser Saison hatte ein einen Grund zum Feiern. Kamui Kobayashi war 0,2 Sekunden vor Pedro de la Rosa Zehnter geworden und hatte damit den ersten WM-Punkt gesammelt. Anschließend sprach der Teamchef der Schweizer mit einigen Medienvertretern über den Grand Prix der Türkei, dessen Auswirkungen und die immer noch offene Entscheidung in der Reifenfrage.

Titel-Bild zur News: Peter Sauber

Peter Sauber freut sich über den ersten WM-Punkt seit dem BMW-Ausstieg

Frage: "Herr Sauber, diese Zigarre können Sie sich schmecken lassen! Ist der erste Punkt dieser Saison eine große Erleichterung?"
Peter Sauber: "Natürlich. Es ist wichtig, endlich mit dem Punkten zu beginnen. Es ist nur ein Punkt, ja, aber wir müssen damit jetzt anfangen. Wichtig ist auch, beide Autos im Ziel zu haben. Das ist uns das erste Mal gelungen! Das ist ungewöhnlich, aber es ist eine Tatsache."#w1#

Aufwärtstrend bestätigt

Frage: "In Barcelona haben Sie einen Schritt nach vorne gemacht, der hier bestätigt wurde. Glauben Sie, dass die zweite Saisonhälfte besser wird, wenn Sie die Zuverlässigkeitsprobleme ganz abstellen können?"
Sauber: "Das hoffe ich, denn normalerweise sind wir zuverlässig. Ich hoffe, dass wir das in Zukunft wieder sein werden. Mir war hier die Leistung von Kamui im zweiten Qualifying besonders wichtig. Seine Zeit war exzellent, was mir beweist, dass das Auto dazu in der Lage ist, so schnell zu sein - und Kamui auch."

Frage: "Kamui setzt immer wieder mal schnelle Runden, aber Konstanz war bisher nicht seine Stärke. Wie bewerten Sie seine heutige Konstanz?"
Sauber: "Im Rennen war die Konstanz da. Er fuhr über zwei Drittel des Rennens den gleichen Speed wie Michael und Rosberg. Das war in Ordnung. Am Ende hatte er Reifenprobleme. Er hat mir gezeigt, wie abgewetzt der Reifen war."

Frage: "Steigt durch die Leistungen in Barcelona und hier die Chance, einen Sponsor zu finden?"
Sauber: "Ja, natürlich. Es ist klarerweise wichtig, den möglichen Sponsoren zu zeigen, dass das Team Fortschritte macht. Aber wenn ich mit möglichen Sponsoren spreche, dann kennen die die Geschichte des Teams. Die wissen, dass es keinen Sinn macht, die jetzige Situation zu bewerten."

"Es ist notwendig, da auch zurückzuschauen, denn das Team ist noch das alte und die Infrastruktur gehört zu den besten in der Formel 1. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir wieder kommen. So weit sind wir ja nicht von Renault und Mercedes weg. Und vergessen Sie nicht: Man kann einen Rookie wie Kamui nicht mit Fahrern wie Michael, Rosberg oder Kubica vergleichen."


Fotos: Sauber, Großer Preis der Türkei


Frage: "Sind Sie einem Abschluss mit einem Sponsor näher gekommen?"
Sauber: "Wir sprechen mit guten und potenten Sponsoren, ja."

Frage: "Reden Sie mit jedem oder nur mit Schweizer Unternehmen?"
Sauber: "Nein, wir reden mit jedem. Es ist schwierig, in der Schweiz einen großen Sponsor in der Schweiz zu finden, denn normalerweise kommt für so etwas nur ein Konsumprodukt in Frage. So etwas haben wir in der Schweiz nicht."

Frage: "Wie würden Sie sich als Teamchef fühlen, wenn zwischen Ihren Fahrern das vorgefallen wäre, was Sebastian Vettel und Mark Webber aufgeführt haben?"
Sauber: "Es ist nicht meine Absicht, einem Fahrer die Schuld zu geben, aber für einen Teamchef ist so eine Situation ein Albtraum. Beide Autos vorne - unter normalen Umständen wäre es ein Doppelsieg geworden!"

Frage: "Sie hatten so eine Situation ja auch schon mal, nicht wahr?"
Sauber: "Ja, zweimal, aber nicht mit einer Doppelführung. Das erste Mal war 1994 in der Loews-Kurve in Monaco mit J.J. Lehto und Wendlinger. Das zweite Mal war acht Sekunden nach dem Start in La Source in Spa. Ich glaube, dass Frentzen damals einer unserer Fahrer war."

Frage: "Wie geht man am besten mit so einer Situation um?"
Sauber: "Das ist wirklich schwierig, aber vielleicht machen gerade diese Situationen den Rennsport für die Zuschauer und für die Medien interessant! Und für die Weltmeisterschaft ist es natürlich auch gar nicht schlecht, aber klarerweise nicht für den betroffenen Teamchef."

Einige neue Teile für Montréal

Frage: "Haben Sie für das nächste Rennen irgendwelche neuen Teile in der Pipeline?"
Sauber: "Kleinigkeiten. Der größere Schritt kommt zu Saisonmitte."

Frage: "Hatten Sie hier neue Teile dabei?"
Sauber: "Auch nur kleine Sachen. Solche erhoffe ich mir auch für Kanada."

Frage: "Michelin hat heute Morgen eine Präsentation abgehalten, um der Entscheidungsfindung in der Reifenfrage zu helfen. Haben Sie nun eine klare Richtung im Kopf?"
Sauber: "Ja. Die Reifensituation ist nicht einfach. Es ist wichtig, dass wir einen Einheitsreifen bekommen. Das finde ich wichtig."

Kamui Kobayashi und Adrian Sutil

Kamui Kobayashis Zweikampf mit Adrian Sutil ging knapp verloren Zoom

Frage: "Stimmt es, dass Michelin technisch gesehen die bessere Variante wäre, Pirelli aber die billigere? Nach welchen Gesichtspunkten wird entschieden?"
Sauber: "Wenn wir die technische Seite betrachten, liegt auf der Hand, welcher Hersteller einen Vorteil hat. Wir stehen Angeboten aber aufgeschlossen gegenüber."

Frage: "Glauben Sie, dass die Entscheidung noch diese Woche, vielleicht sogar in den nächsten zwei Tagen fallen wird?"
Sauber: "Nächste Woche, ja. Das hoffe ich zumindest. Vor Kanada wäre gut."

Frage: "Wird es nicht langsam lächerlich, wie diese Frage seit November vergangenen Jahres immer wieder aufgeschoben wird?"
Sauber: "Ja. Aber nach so vielen Jahren in der Formel 1 halte ich das für eine normale Situation."

Frage: "Als wir in Monte Carlo gesprochen haben, haben Sie mir erzählt, dass die Entscheidungen in der Formel 1 immer so lange verschoben werden, wie es geht - und nachdem dann eine getroffen wurde, glauben viele, dass es die falsche war! Ist das auch wieder so ein Fall?"
Sauber: "Ich glaube, dass es nicht möglich ist, in diesem Fall eine falsche Entscheidung zu treffen. Beide Entscheidungen wären positiv für die Formel 1."

Frage: "Nicolas Todt war vergangene Woche zu Besuch in Hinwil. Gab es dafür einen besonderen Grund?"
Sauber: "Natürlich gab es dafür einen besonderen Grund, denn einfach zum Hallo sagen kommt er nicht vorbei (lacht; Anm. d. Red.)! Ich habe nicht nur zu seinem Vater, sondern auch zu ihm seit Jahren ein sehr gutes Verhältnis, vor allem durch Felipe Massa."

Frage: "Aber Sie werden ja nicht über Felipe Massa gesprochen haben, oder?"
Sauber: "Das ist etwas indiskret."