• 06.08.2004 10:28

  • von Fabian Hust

Richards "völlig schockiert" und von Button enttäuscht

Mit der überraschenden Bekanntgabe, dass Button zu Williams zurückkehrt, gerät die Zukunftsplanung von BAR völlig aus den Fugen

(Motorsport-Total.com) - Mit der Bekanntgabe, dass Jenson Button in der Saison 2005 zu BMW-Williams zurückkehren wird, haben beide Parteien alle überrascht. Langsam aber sicher sickert durch, dass das Management von Jenson Button scheinbar ein plötzlich auftretendes Schlupfloch im Vertrag mit BAR-Honda nutzte, um den Transfer zu ermöglichen.

Titel-Bild zur News: David Richards

David Richards versuchte Button vergeblich telefonisch zu erreichen

Liest man die Aussagen von Teamchef Frank Williams zwischen den Zeilen, so ist der Vertrag wohl kurzfristig unterzeichnet worden, man hat bei Williams wohl selbst nicht damit gerechnet, dass das Button-Management ein Schlupfloch im Vertrag findet: "Vielleicht hat er erkannt, dass wir bessere Möglichkeiten haben, ihm ein Weltmeister-Auto zur Verfügung zu stellen als sein aktuelles Team", so Williams gegenüber der 'BBC'.#w1#

Hat sich Honda nicht ausreichend verpflichtet?

Die Ausstiegsklausel betrifft anscheinend die Zusammenarbeit mit Honda. Angeblich kann Button das Team verlassen, wenn nicht sicher gestellt ist, dass die Japaner dem Team konkurrenzfähige Motoren zur Verfügung stellen. Vor zwei Wochen hat Honda bekannt gegeben, dass man bis 2007 Motorenpartner von BAR bleiben wird.

Shoichi Tanaka, Präsident von Honda Racing Development, erklärte damals jedoch: "Wir haben eine Klausel im neuen Vertrag, dass wir uns vom Vertrag zurückziehen können, wenn wir mit der Entwicklung der Formel 1 nicht zufrieden sind." Möglicherweise ist es genau dieser Passus, den die Rechtsanwälte des Button-Managements als Schlupfloch ausmachten.

Richards ist stinksauer

BAR-Teamchef David Richards, der Jenson Button trotz aller Bemühungen nicht telefonisch erreichen konnte, reagierte empört: "Ich habe 400 Leute hier in der Fabrik, die sich Tag und Nacht den Hintern aufreißen und dann verlässt sie der Kerl, der die ganzen Früchte erntet und den Champagner trinkt", so der Brite gegenüber der 'Times'. "Ich kann einfach nicht glauben, dass uns Jenson verlassen möchte. Da gibt es irgendwo einen Geheimplan und wir sind entschlossen dafür zu sorgen, dass es nicht so kommen wird."

"Jemand hat nach einer Ausstiegsklausel Ausschau gehalten, denn es gibt keinen Zweifel daran, dass sich Honda verpflichtet hat", so Richards weiter. "Honda hat gerade erst vor dem Rennen in Deutschland bekannt gegeben, dass sie ihren Vertrag mit uns erneuern und verlängern, warum sollte es also Zweifel geben? Wir glauben, dass wir Jenson Button zu einem Weltmeister machen können und wir haben zusammen mit Honda in diesem Jahr bewiesen, dass wir in die richtige Richtung gehen und wir dachten, dass wir diesen Weg alle zusammen gehen."

BAR will um Button kämpfen

Das Team hat angekündigt, um Jenson Button kämpfen zu wollen, doch bei Williams sieht man sich im Recht: "Wir haben mit Jenson einen Vertrag abgeschlossen und wir würden diesen Weg nicht einschlagen, ohne das zuvor juristisch unter die Lupe genommen zu haben", so Sam Michael, Technischer Direktor des Teams, gegenüber dem 'BBC Radio Five Live'. "Unsere Begutachtung unterstützt Jensons juristisches und Management-Team und was uns betrifft, ist der Vertrag gültig."

Zukunftsplanung gerät aus den Fugen

BAR-Honda hat ein echtes Problem: Das Team ist auf dem aufsteigenden Ast, man hatte fest eingeplant, mit Jenson Button in der kommenden Saison um den WM-Titel zu fahren. Nun fehlt ein absoluter Top-Fahrer. Dadurch könnten im Extremfall sogar Sponsoren-Deals platzen. Teamkollege Takuma Sato steht unter Beobachtung, den Japaner plante man sogar unter Umständen auszutauschen, weil er nur hin und wieder mit starken Leistungen aufblitzen konnte.

Spielte Button seinem Team etwas vor?

Alle Planungen werden nun komplett über den Haufen geworfen. "Definitiv nicht", werde man ihn kommende Saison im BMW-Williams sehen, wurde Jenson Button noch Anfang Juli vom 'Daily Star' zitiert. "Ich bin sehr glücklich, wo ich bin." War seine bedingungslose Treue zu BAR-Honda nur gespielt? Wollte man den derzeitigen Arbeitgeber in falscher Sicherheit wiegen lassen, um im entscheidenden Moment das Mini-Schlupfloch nutzen zu können?

Selbst wenn ein Gericht feststellen sollten, dass sich das Button-Management getäuscht hat, ist es fraglich, ob Jenson Button kommendes Jahr bei BAR-Honda fährt. Die Stimmung im Team dürfte im Moment nicht gerade die beste sein. Hinzu kommt: Man kann keinen Fahrer zwingen, für ein Team zu fahren, man kann dann nicht die optimale Leistung abrufen. Im besten Fall kassiert man noch eine Ablöse.

BAR auf Fahrersuche

BAR-Honda muss sich also wohl oder übel auf die Suche nach einem probaten Ersatz machen. Berichte der deutschsprachigen Boulevardpresse vom Donnerstag, wonach Mika Häkkinen 2005 für das Team fahren wird, hat man bereits dementiert. Häkkinen kommt lediglich auf Einladung von Teamchef David Richards zur Rallye Finnland, um sich die Etappen anzuschauen, nicht jedoch um einen Vertrag zu unterschreiben. Die Berichte beschreibt man als "absolut falsch".

Welche Alternativen gibt es für BAR-Honda? Man könnte den viel versprechenden dritten Fahrer, Anthony Davidson, befördern. Doch man wüsste nicht sicher, ob er unter dem Druck eines Rennwochenendes die gewünschte Leistung zeigen kann. Jacques Villeneuve wäre frei, aber eine Rückkehr in das Team, das er im Streit mit Teamchef David Richards Ende vergangener Saison verlassen musste, ist wohl undenkbar.

Auch Nick Heidfeld wäre eine Option, dessen Chancen auf das BMW-Williams-Cockpit sich über Nacht auflösten. Jarno Trulli steht (offiziell) ebenso noch ohne Cockpit da wie David Coulthard. Eine Sache scheint sicher zu sein: Die Chancen von Takuma Sato, im Team bleiben zu können, sind nun wieder gestiegen. In der Formel-1-Szene wird man nun gespannt abwarten, wie sich die Situation zwischen BAR, Button und Williams entwickeln wird.